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Starkes Plus bei Flüchtlingen
Azubi-Mangel - Angebot und Nachfrage klaffen auseinander

Erstmals seit Jahren beginnen wieder mehr junge Menschen eine Lehre. Vor allem kaufmännische Berufe sind gefragt. In anderen Bereichen sieht es dagegen düster aus.

Wiesbaden (dpa) - Lehrlinge verzweifelt gesucht: Für manche Unternehmen wird es zunehmend schwieriger, Auszubildende zu finden, vor allem das Handwerk klagt über Nachwuchsmangel.

Zwar schlossen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im vergangenen Jahr erstmals seit 2011 wieder mehr junge Menschen einen neuen Lehrvertrag ab. Vor allem die Zahl ausländischer Berufsanfänger stieg deutlich. Doch das Problem ist damit nicht gelöst.

So rechnet die Bundesagentur für Arbeit (BA) damit, dass es 2018 voraussichtlich erstmals seit Jahren insgesamt weniger Bewerber als Stellen in der betrieblichen Ausbildung geben wird. Bis Juli wurden 531.426 Lehrstellen fürs neue Ausbildungsjahr gemeldet, aber nur 501.878 Interessenten. Das Problem: Die Schülerzahlen sinken, während der Bedarf der Firmen an Mitarbeitern in der guten Konjunktur steigt.

Schon seit geraumer Zeit steigt nach Angaben der BA die Zahl der gemeldeten unbesetzten Stellen in der betrieblichen Ausbildung, auch weil Angebot und Nachfrage nicht immer zusammen passen. Offene Stellen und Bewerber sind regional nicht gleich verteilt. Zudem sind die Berufswünsche junger Menschen und das Lehrstellenangebot nicht immer deckungsgleich.

Am beliebtesten bei Berufsanfängern war auch im vergangenen Jahr die Lehre im Einzelhandel mit 28.500 Verträgen. Es folgten Kaufleute für Büromanagement, Verkäufer, Kraftfahrzeugmechatroniker sowie Industriekaufleute. Knapp ein Viertel aller neu abgeschlossenen Verträge konzentrierte sich nach Angaben des Statistischen Bundesamtes auf diese fünf Ausbildungsberufe.

Andere Branchen suchen dagegen verzweifelt Nachwuchs. «Generell gibt es für eine Ausbildung im Bürobereich und in der Verwaltung viele Interessenten. Für viele Berufe im Handwerk oder Baugewerbe gibt es dagegen vergleichsweise wenige Bewerber», erläuterte ein BA-Sprecher.

Das Handwerk habe zu wenig Nachwuchs, klagte Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer jüngst. «Das verschärft sich immer mehr, weil es einerseits immer weniger Schulabgänger und andererseits den Drang zum Studium gibt.»

Wollseifer forderte, dass die Meisterausbildung und -prüfung künftig vollständig kostenfrei sein müsse. Zudem brauche das Handwerk ausländische Fachkräfte. «Ein Einwanderungsgesetz muss vor allem beruflich Qualifizierte in den Blick nehmen. Wir wollen junge Facharbeiter aus dem Ausland anwerben, dafür müssen aber die Verfahren deutlich einfacher werden.»

Im vergangenen Jahr schlossen insgesamt 515.700 junge Menschen einen neuen Lehrvertrag ab. Das waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 1,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Anstieg ist allein darauf zurückzuführen, dass mehr junge Männer eine Lehre begannen (plus 3,7 Prozent). Einen besonders starken Zuwachs gab es bei männlichen Berufsanfängern aus dem Ausland. Die Zahl der von ihnen neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge stieg um 9900 auf 37 275.

Die Zahl Geflüchteter aus Afghanistan und Syrien, die eine Lehre anfingen, erhöhte sich deutlich. 10.000 neue Ausbildungsverträge von jungen Männern aus den beiden Ländern wurden gezählt, das waren 7000 mehr als im Jahr zuvor. Frauen schlossen 820 neue Lehrverträge ab - 380 mehr als im Jahr zuvor.

Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, begrüßte die Entwicklung: «Das ist erfreulich, und es untermauert: Integration durch Ausbildung kann gelingen.» Das Wichtigste sei, dass Ausbildungen zu Ende gemacht würden - unabhängig vom Ausgang des Asylverfahrens. «Hierfür brauchen beide Seiten - Auszubildende und Betriebe - mehr Rechtssicherheit.» Die Länder müssten sich endlich auf eine bundesweit abgestimmte und transparente Praxis bei der Vergabe der Ausbildungsduldung einigen, forderte Kampeter.

Mitteilung Bundesamt

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