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581 geschwärzte Seiten
VW-Abgasskandal: KBA muss Umwelthilfe Akteneinsicht gewähren

Akten des Kraftfahrtbundesamtes
Akten des Kraftfahrtbundesamtes in einem Gerichtssaal: Die Deutsche Umwelthilfe verklagt die Behörde im Dieselskandal auf Akteneinsicht. Foto: Markus Scholz
Erfolg für die Deutsche Umwelthilfe: Das Kraftfahrtbundesamt muss Schriftverkehr mit VW im Zusammenhang mit der Rückrufaktion im Abgasskandal herausgeben. Das Amt hatte dies zunächst verweigert - zu Unrecht, wie das Verwaltungsgericht Schleswig befand.

Schleswig (dpa) - Das Kraftfahrtbundesamt muss der Deutschen Umwelthilfe im Streit um die Rückrufanordnung von VW-Modellen im Zuge des Abgasskandals Akteneinsicht gewähren. Ausgenommen sind personenbezogene Daten.

Das Verwaltungsgericht in Schleswig gab damit einer entsprechenden Klage des Verbandes statt. Nach Auffassung des Gerichts überwiege das öffentliche Interesse, selbst wenn Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse von VW in den Akten vorliegen sollten. Immerhin seien allein in Deutschland 2,4 Millionen Halter von VW-Dieselfahrzeugen von der Rückrufaktion betroffen.

Der Anwalt der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Remo Klinger, begrüßte die Entscheidung. «Nun kommt hoffentlich Licht in den Dieselskandal», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. «Denn es ist immer noch unklar, wie es zu der Anordnung bloßer Softwareupdates kam und warum bis heute keine Bußgelder zu zahlen waren.»

Klinger war ebenso wie die Vertreter des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) und der beigeladenen Volkswagen AG nach der mündlichen Verhandlung und vor der Urteilsverkündung abgereist. Klinger meldete sich von der Rückfahrt nach Berlin. Das KBA war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Die DUH will den gesamten Schriftverkehr zwischen dem Bekanntwerden des Dieselskandals am 18. September 2015 und dem 15. Oktober 2015 einsehen, der sich mit der Rückrufanordnung bei VW befasst. Am 15. Oktober ist die Anordnung ergangen.

In der mündlichen Verhandlung ging es unter anderem um eine Akte mit 581 Seiten, die unter Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse von VW sowie auf staatsanwaltschaftliche Ermittlungen komplett geschwärzt worden war.

Das Gericht kritisierte, dass das KBA die Schwärzungen der gesamten Akten unter anderem wegen Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen «völlig ungeprüft» von VW übernommen habe - und zwar nachdem es zunächst der Meinung gewesen sei, dass die Akteninhalte nur teilweise unkenntlich gemacht herausgegeben werden können. Auch ob laufende staatsanwaltschaftliche Ermittlungen einer ungeschwärzten Herausgabe entgegenstehen, sei von Seiten des KBAs nicht hinreichend dargelegt worden, bemängelten die Richter. Gegen das Urteil kann Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt werden.

Dem Urteil voraus ging ein mehrstündiger, zum Teil hitzig geführter Austausch darüber, ob die Interessen der Öffentlichkeit oder die Interessen von VW auf Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen überwiegen - und ob eine Akte mit 581 komplett geschwärzten Seiten tatsächlich nur Geheimnisse enthalten kann.

Die DUH klagt in Schleswig indes nicht nur auf Akteneinsicht in Sachen Rückrufanordnung, sondern auch gegen die Rückrufanordnung an sich. Diese sieht die DUH als nicht ausreichend an. Im Dezember hatte das Verwaltungsgericht die Klage als unzulässig abgelehnt. Der Verband ist nach Ansicht der Richter nicht klageberechtigt. Über den Inhalt der Klage wurde damals nicht verhandelt. Gegen das Urteil legte die DUH Berufung am Oberverwaltungsgericht ein.