1. Startseite
  2. Sport
Logo

CAS-Prozess
Bleiben die russischen Sportler für Olympia gesperrt?

Doping-Skandal
Die gesperrten russischen Athleten kämpfen vor dem CAS gegen ihre Verbannung. Foto: Kay Nietfeld
Die lebenslang für Olympia gesperrten russischen Sportler gehen vor dem Internationalen Sportgerichtshof gegen ihre Strafen vor. Das IOC ist sich seiner Sache sicher, doch es gibt durchaus Zweifel. Viel kommt wohl auf den Kronzeugen an.

Genf (dpa) - Vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS beginnt das nächste Kapitel im Skandal um das russische Dopingsystem. Wenige Tage vor der Eröffnung der Winterspiele in Pyeongchang kämpfen die lebenslang für Olympia gesperrten russischen Athleten gegen ihre Verbannung.

Bei den Anhörungen in Genf stehen die Sanktionen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) auf dem Prüfstand.

Worum geht es genau vor dem CAS?

Das IOC hat insgesamt 43 russische Wintersportler von künftigen Olympischen Spielen ausgeschlossen, weil die Athleten bei den Heimspielen in Sotschi 2014 von organisierten Manipulationen profitiert haben sollen. 42 der betroffenen Sportler legten vor dem CAS Einspruch ein. Darunter sind auch die Olympiasieger Alexander Subkow (Bob), Alexander Tretjakow (Skeleton) und Alexander Legkow (Skilanglauf). Eine Reihe der Athleten hofft, bei einer Aufhebung der Sperre auch in Pyeongchang dabei sein zu können.

Worauf stützte sich das IOC bei seinen Entscheidungen?

Grundlage der IOC-Beschlüsse in der Causa Russland waren die Aussagen des Kronzeugen Grigori Rodschenkow und die Berichte des Sonderermittlers Richard McLaren für die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA). Rodschenkow, früher Leiter des Moskauer Anti-Doping-Labors, hatte nach seiner Flucht in die USA das Betrugssystem bei Olympia in Sotschi enthüllt. McLaren sammelte weitere Beweise für ein groß angelegtes Dopingprogramm. Die schließlich vom IOC eingesetzte Disziplinarkommission unter Leitung von Denis Oswald sah nach weiteren «forensischen und analytischen Dopinguntersuchungen» die Beweislast gegen die Russen als erdrückend an.

Wie geht Russland mit den Vorwürfen um?

Das Staatliche Ermittlungskomitee hält die IOC-Sicht für widerlegt. Sprecherin Swetlana Petrenko listete mindestens 15 lebenslang gesperrte Sportler auf, deren Dopingproben bei den Sotschi-Spielen tagsüber abgegeben, registriert und geprüft worden seien. Sie könnten also nicht, wie von Rodschenkow behauptet, nachts ausgetauscht worden sein, folgerte Petrenko. Von einem Schuldeingeständnis sind die Russen weit entfernt. Nationalistische Politiker wollen sogar WADA-Funktionäre strafrechtlich verfolgen.

Wie bewerten die betroffenen Weltverbände die Entscheidungen?

Sehr unterschiedlich. Der Ski-Weltverband FIS sperrte sechs russische Langläufer, darunter Topstar Legkow, nach dem IOC-Urteil auch für den Weltcup. Dagegen dürfen die für Olympia gesperrten Eisschnellläufer und Rodler weiter in den anderen Wettbewerben ihrer Verbände starten. Auch Andreas Trautvetter, Präsident des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland und Weltverbands-Vizechef, sagte, die Beweise der Oswald-Kommission würden «für eine Sperre nicht ausreichen».

Wie ist das Prozedere?

Der CAS hat die Einsprüche der 42 russischen Sportler in drei Gruppen eingeteilt. Gruppe eins umfasst 28 Sportler, Gruppe zwei insgesamt elf Athleten. Diese 39 Verfahren werden zuerst und jeweils en bloc erledigt. Die drei Athleten in der dritten Gruppe, allesamt bereits zurückgetretene Biathleten, sind in den kommenden Tagen noch nicht an der Reihe. Die Anhörungen beginnen am Montag und sollen am 27. oder spätestens am 28. Januar enden. Die Urteile werden voraussichtlich zwischen dem 29. Januar und dem 2. Februar verkündet.

Wer fällt das Urteil?

Das sportliche Schicksal der gesperrten Russen liegt auch in deutscher Hand. Der gebürtige Göttinger Christoph Vedder führt in den beiden ersten Gruppen das dreiköpfige Richter-Gremium an. Der Münchner Jurist Dirk-Reiner Martens ist ebenfalls in beiden Verfahren vertreten. Außerdem wurden noch der Franzose Hamid Gharavi für Gruppe eins und der Österreicher Michael Geistlinger für Gruppe zwei nominiert.

Wie stehen die Chancen der russischen Sportler?

Eher schlecht. Doping-Urteile sind in der Vergangenheit eher selten vom CAS revidiert worden. So waren unter anderen die fünfmalige Olympiasiegerin Claudia Pechstein oder Ex-Tour-de-France-Sieger Alberto Contador mit ihren Einsprüchen in der Schweiz gescheitert. Auch die Russen haben bereits schlechte Erfahrung mit dem CAS gemacht: 2016 bestätigte der Sportgerichtshof den Paralympics-Ausschluss Russlands für die Wettbewerbe in Rio de Janeiro wegen des Sotschi-Dopingskandals. Und auch Tennis-Star Maria Scharapowa konnte vor dem CAS nur eine Verkürzung ihrer Dopingsperre um wenige Monate erzielen.

Wie wird Russland bei den Winterspielen vertreten sein?

Das Nationale Olympische Komitee Russlands ist nach der IOC-Entscheidung Anfang Dezember für die Winterspiele gesperrt. Das heißt, dass russische Sportler nur unter neutraler Flagge und ohne Hymne starten dürfen. Sie werden als «Olympic Athlete from Russia» geführt. Aus einem Pool von 389 Athleten werden die russischen Sportler nun ausgewählt. Das extra dafür eingesetzte Gremium unter Vorsitz der ehemaligen französischen Sportministerin Valérie Fourneyron hatte zuvor 500 russische Sportler geprüft und schließlich den Kreis um 111 Athleten reduziert.

Wie sieht es mit einer Teilnahme Russlands bei den Paralympics aus?

Den Russen droht für die Winter-Paralympics wie in Rio weiterhin das Komplett-Aus. Die Entscheidung darüber wird das Internationale Paralympische Komitee IPC am 29. Januar in Bonn verkünden. Aktuell ist das Paralympische Komitee Russlands weiterhin suspendiert.

CAS-Mitteilung zu den Anhörungen

IOC-Entscheidung

Link zum ersten Teil des McLaren-Reports

Link zum zweiten Teil des McLaren-Reports