1. Startseite
  2. Sport
Logo

Seltsames Spiel
Seppelt darf nach Russland und wird vernommen

Die Rote Karte für den ARD-Dopingexperten hebt Russland auf, aber es gibt eine Bedingung. Er erhält ein Visum für die Fußball-WM, soll aber nach der Einreise zum Doping-Kronzeugen Rodschenkow vernommen werden.

Berlin (dpa) - Russland spielt im Fall Seppelt ein seltsames Spiel. Die Regierung lässt den ARD-Dopingexperten nun doch zur Fußball-Weltmeisterschaft, die Justiz will ihn aber nach der Einreise vernehmen.

Deutschlands Außenminister Heiko Maas (SPD) hatte am Dienstag via Twitter mitgeteilt, dass der Journalist «zumindest einreisen darf». Der SPD-Politiker bezeichnete dies jedoch nur als einen «Zwischenerfolg». Zuvor hatte «stern.de» berichtet, dass Hajo Seppelt nun doch ein Visum für die WM vom 14. Juni bis 15. Juli bekommen soll.

«Es überrascht mich sehr», sagte Seppelt, der zu Recherchen in Kanada weilt, der Deutschen Presse-Agentur. Über die Konsequenzen, dass sein Einreiseverbot aufgehoben wurde, ihm bei der Ankunft in Russland aber eine Vernehmung droht, will er «erst einmal mit seinem Sender beraten».

Der 55-jährige Berliner hatte mit seinen Dokumentationen «Geheimsache Doping. Im Schattenreich der Leichtathletik» und «Wie Russland seine Sieger macht» wesentlich zur Aufklärung des systematischen Sportbetrugs in dem Land beigetragen.

Russlands Justiz will ihn zu den laufenden russischen Ermittlungen gegen den Doping-Kronzeugen Grigori Rodschenkow vernehmen, sagte die Sprecherin des Staatlichen Ermittlungskomitees in Moskau. Russland habe Deutschland um Rechtshilfe ersucht, um Seppelt zu dessen Enthüllungen über angebliches Doping befragen zu können. Die deutsche Seite habe immer darauf verwiesen, dass der Journalist von seinem Recht auf Zeugnisverweigerung Gebrauch mache.

«Sollte Seppelt jetzt das Gebiet der Russischen Föderation betreten, wird das Staatliche Ermittlungskomitee erneut Mittel ergreifen, um ihn zu befragen», sagte Sprecherin Swetlana Petrenko der Agentur Interfax zufolge.

Die russische Botschaft in Berlin teilte mit, Seppelt sei per Gerichtsbeschluss zur unerwünschten Person erklärt worden. «Diese Reise zur WM wird eine Ausnahme sein», die durch die Akkreditierung der FIFA bedingt sei, sagte Botschaftssprecher Denis Mikerin laut Agentur Tass. Seppelt könne bei der WM ungehindert journalistisch arbeiten, sagte Mikerin demnach.

Auch der Fußball-Weltverband FIFA bestätigte, «dass das Visum von Herrn Seppelt für die WM genehmigt» worden sei. «Wir bedauern die Unannehmlichkeiten des Journalisten und wiederholen, dass FIFA, LOC und Gastgeber Russland für alle akkreditierten Medienvertreter die bestmöglichen Arbeitsbedingungen bieten wird», hieß es in einer Stellungnahme. «Wie mehrfach erwähnt, steht die Pressefreiheit im Einklang mit der FIFA-Menschenrechtspolitik im Vordergrund.»

Die FIFA hat im Übrigen die Ermittlung von Doping-Fällen im russischen Fußball noch nicht abgeschlossen. Die Welt-Anti-Doping-Agentur hatte dem Weltverband 34 Proben zur Untersuchung weitergegeben, die womöglich manipuliert sein sollen.

Die Bundesregierung hatte die russische Entscheidung am Montag scharf kritisiert und auch an Russland appelliert, die Verweigerung des Visums für Seppelt rückgängig zu machen. Bundeskanzlerin Angela Merkel trifft an diesem Freitag den russischen Präsidenten Wladimir Putin in dessen Sommerresidenz in Sotschi am Schwarzen Meer.

Begrüßt wird die Aufhebung des Reiseverbots von «Reporter ohne Grenzen». «Die Entscheidung der russischen Behörden zeigt, dass öffentlicher und politischer Druck wirkt», sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. «Problematisch ist, dass überhaupt so viel Druck nötig ist, um die Normalität durchzusetzen, dass ein kritischer Journalist nicht einfach ausgesperrt wird.»

Auch Eberhard Gienger, sportpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, hält die Visums-Erteilung für «ein gutes Zeichen der russischen Staatsführung». Dies zeige, dass Russland den Stellenwert der Presse- und Meinungsfreiheit respektiere und die Vereinbarungen mit der FIFA zur freien Berichterstattung einhalte.

Maas auf Twitter

Mitteilung Reporter ohne Grenzen