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Vereinskrise
Beim VfB sind keine Lösungen in Sicht

Vorstand in Bedrängnis: Thomas Hitzlsperger (Vorsitzender, Sport), Stefan Heim (Finanzen) und Jochen Röttgermann (Marketing, v. l.) Foto: bm
Vorstand in Bedrängnis: Thomas Hitzlsperger (Vorsitzender, Sport), Stefan Heim (Finanzen) und Jochen Röttgermann (Marketing, v. l.) Foto: bm
Die Unruhe beim VfB Stuttgart ist weiter groß, vieles ist ungeklärt. Aufsichtsrat Rainer Adrion appelliert an Präsident Claus Vogt und den Vorstandsvorsitzenden Thomas Hitzlsperger, aufeinander zuzugehen.

Stuttgart. Der VfB Stuttgart befindet sich weiter in einer schweren vereinspolitischen Krise. Was mit dem durch den Kicker im September veröffentlichten Datenskandal begann und im Streit zwischen dem Vorstandsvorsitzenden Thomas Hitzlsperger und Präsident Claus Vogt erstmals deutlich wurde, fand am Freitag einen neuen Höhepunkt. Der Spiegel hatte Teile des Eseceon-Ermittlungsberichtes über die Datenaffäre öffentlich gemacht und damit viele Führungskräfte des Fußball-Bundesligisten in enorme Bedrängnis gebracht. Eine Reaktion in Form von personellen Konsequenzen blieb bisher allerdings aus.

Den Vorwurf, dass der Verein zwischen 2016 und 2018 Zehntausende Mitgliederdaten an eine PR-Agentur weitergab, damit diese subtil für die Ausgliederung wirbt, sehen die Ermittler demnach als erwiesen an. Mehrere Verantwortliche hatten bereits damals eine tragende Rolle im Verein.

Kommunikationsdirektor Oliver Schraft und das heutige Präsidiumsmitglied Rainer Mutschler (damals Projektleiter Ausgliederung) sollen demnach im Zentrum des Skandals stehen. Die Vorstände Stefan Heim (Finanzen) und Jochen Röttgermann (Marketing) sollen in die Pläne „eingeweiht gewesen sein“. Zudem berichtete das Magazin, dass die Präsidiumsmitglieder Bernd Gaiser und Mutschler „zahlreiche Versuche“ unternommen hätten, um Esecons Mandat zu beschneiden. Auch Hitzlsperger soll nur schleppend Informationen an den Landesdatenschutzbeauftragten geliefert haben, der am Mittwoch ein Bußgeldverfahren eingeleitet hatte.

Dass der Esecon-Bericht überhaupt beim Spiegel landete, ist mittlerweile ein Fall für die Staatsanwaltschaft. Präsident Vogt hatte die Behörde nach eigener Auskunft am Donnerstag darüber informiert, dass beim VfB der Verdacht des Geheimnisverrates im Raum stehe.

Entscheidungen abwarten

Hitzlsperger wehrte sich gestern gegen die Vorwürfe, Einfluss auf die Untersuchungen genommen zu haben. „Der Eindruck ist völlig falsch. Dem trete ich entschieden entgegen“, teilte er mit.

Auch zu einem weiteren brisanten Aspekt des Spiegel-Artikels äußerte sich der VfB am späten Samstagabend. Bei der Abstimmung zur Ausgliederung der Profifußballabteilung in eine AG im Sommer 2017 soll es zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein. Obwohl zu Beginn der Veranstaltung 12778 stimmberechtigte Mitglieder anwesend waren, gaben nur 9099 ihre Stimme auch ab. Etliche Abstimmungsgeräte sollen nicht funktioniert haben. In einer langen Stellungnahme versuchte der VfB, die Zweifel auszuräumen. Es habe sich nur eine mittlere zweistellige Zahl an Mitgliedern beschwert, alle Beschwerden seien geprüft worden. „Wir haben keinerlei technische Probleme feststellen können“, heißt es in der Klarstellung. Die Frage, wie viele Mitglieder zum Zeitpunkt der Abstimmung noch anwesend waren, konnte der Verein gestern allerdings nicht beantworten.

Offen bleiben auch weitere Fragen. Personelle Konsequenzen werden in den kommenden zehn Tagen erwartet. Ob die Mitgliederversammlung am 18.März wie geplant und gegen den Willen vieler Fans stattfinden wird oder ob der Vereinsbeirat Vogt zur Wiederwahl vorschlagen wird. Beides ist ungeklärt.

Wenn es nach Aufsichtsratsmitglied Rainer Adrion geht, wäre Vogts Kandidatur sinnvoll: „Dass Hitzlsperger und Vogt eine gemeinsame Basis für eine Zusammenarbeit schaffen, wäre die beste Lösung“, sagte der Remsecker gestern im Gespräch mit unserer Zeitung. Adrion bat zudem um Geduld. „Warten wir doch die Personal-Entscheidungen von Thomas Hitzlsperger ab, dann sehen wir weiter.“