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Riethmüller: „Müssen transparent und glaubwürdig werden“

Will Präsident des VfB Stuttgart werden: Christian Riethmüller, Chef der Tübinger Buchhandelskette Osiander.Foto: Andreas Becker
Will Präsident des VfB Stuttgart werden: Christian Riethmüller, Chef der Tübinger Buchhandelskette Osiander. Foto: Andreas Becker
Nach Claus Vogt stellt sich nun der zweite VfB-Präsidentschaftskandidat Christian Riethmüller, Chef der Buchhandelskette Osiander, den Fragen unserer Zeitung

Ludwigsburg. Nach einer langen Bewerbungstour stehen die zwei Präsidentschaftskandidaten fest, die sich am 15. Dezember den Mitgliedern des Fußball-Zweitligisten VfB Stuttgart zur Wahl stellen.

Vergangen Woche haben wir den Böblinger Unternehmer Claus Vogt vorgestellt, heute steht der Chef der Buchhandelskette Osiander, Christian Riethmüller, Rede und Antwort.

Herr Riethmüller, morgen steht das Derby gegen den KSC an. Verliert der VfB, wird der restliche Wahlkampf von Krisenstimmung begleitet sein. Wie viel steht auf dem Spiel?

Christian Riethmüller: Am Sonntag steht sehr viel auf dem Spiel. Das Derby hat eine überragende Bedeutung und natürlich hat der Ausgang eine gravierende Auswirkung auf die Stimmung bei den Fans. Ich bin aber optimistisch, dass wir gewinnen können.

Wie viel Einfluss kann ein Präsident beim VfB auf die täglichen Geschicke der Profimannschaft nehmen?

Das hat der Verein mit der neuen Position von Thomas Hitzlsperger als Vorstandsvorsitzendem der Profifußball-AG klar definiert. Er ist für den sportlichen Bereich zuständig. Der Aufsichtsrat macht das, was in dem Begriff steckt: beaufsichtigen, beratschlagen. In sportlichen Belangen sehe ich den Präsidenten und Aufsichtsratsvorsitzenden ganz klar im Hintergrund.

Der Wahlkampf läuft nun seit mehr als zwei Wochen. Wie sieht Ihr Alltag aus?

Fast hundert Prozent VfB. Jeden Abend bei einem Fanclub oder einer Regionalversammlung, tagsüber viele Medientermine. Ich versuche mir zudem Input für bestimmte Themen, die den VfB betreffen, zu holen. Ein starker Punkt ist bei mir die Nachwuchsförderung. Da habe ich Kontakte geknüpft mit Menschen, die nichts mit dem VfB zu tun haben und sich im Bereich der Bundesliga auskennen. Auch zum Thema Investor habe ich diese Woche Gespräche mit Menschen geführt, die sich auskennen. Ich will einfach für den Fall der Fälle vorbereitet sein. Sollte ich am 15. Dezember gewählt werden, geht es gleich am 16. knackig los.

Ihr Mitbewerber Claus Vogt hat einige Unterstützer und eventuelle Berater genannt. Mit wem konkret haben Sie sich ausgetauscht?

Ich möchte als Person selbst überzeugen, nicht durch Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen. Selbstverständlich habe ich durch meine lange Zeit im Einzelhandel sehr viele Kontakte zu verschiedensten Experten aus der Wirtschaft. Aber die müssen nicht in die Öffentlichkeit.

Der VfB spielt in der 2. Liga statt in Europa. Es wird ein Investor gesucht und das Stadion muss fit für die EM 2024 gemacht werden. Ganz schön viele Baustellen, welche ist die dringlichste?

Das Dringlichste ist, dass wir den VfB wieder in die erste Liga bringen. Das halte ich aber für realistisch. Ich treffe viele Mitglieder, die fehlende Transparenz bemängeln. Es gehört dazu, dass diejenigen, die Verantwortung tragen, sich einfach einmal hinstellen, Fehler zugeben und Gegenmaßnahmen vorstellen. Über diese Transparenz müssen wir glaubwürdiger werden und so Vertrauen schaffen, damit der VfB wieder eine positive Strahlkraft entwickeln kann.

Schon viele Präsidenten wollten Ruhe in den Verein bringen.

Das will ich auch, aber das wird so schnell nicht gelingen, weil Dinge grundlegend verändert werden müssen. Wenn du Dinge veränderst, sorgt das erst einmal nicht für Ruhe. So etwas braucht Zeit. Bis wir wieder in oberen Tabellenregionen der Bundesliga anklopfen, vergehen Jahre. Und bis wir die wünschenswerte Ruhe im Verein haben können, wird das auch seine Zeit dauern.

Können Sie schon den Kern dessen erkennen, was schiefläuft?

Alles was ich sehe, ist von außen. Meiner Erfahrung nach, haben in der Regel die Führungsgremien einen beträchtlichen Anteil an der Situation des Unternehmens und eventuellen Fehlentwicklungen. Solange man das nicht aufarbeitet, wird es nicht besser werden. Mein Vorteil ist, dass ich absolut unabhängig ohne irgendeine Beziehung zu irgendjemandem im Verein komme. Ich gehe da völlig unvorbelastet heran und ich habe keine Scheu vor Konflikten.

Wie geht es in der Investorenfrage weiter?

Ich bin der Meinung, dass wir einen oder mehrere weitere Investoren beim VfB brauchen, die zu den Werten des VfB passen und die dem VfB einen Mehrwert bieten. Wenn ich an den Vermarktungsrechtehändler denke, dessen Name im Umlauf ist, frage ich mich schon, wo da der Mehrwert sein soll. Dann warte ich lieber und überlege mir in den nächsten Monaten ganz genau, was ich möchte. Ich habe als Familienunternehmer gelernt, langfristige Konzepte zu erstellen. Wirtschaftlich ist der VfB im Prinzip nicht schlecht aufgestellt. Das Problem ist, dass wir mit den vorhandenen Mitteln in den letzten Jahren nicht vernünftig gewirtschaftet haben.

Benötigt der VfB dann überhaupt einen neuen Investor?

Da wir inzwischen im Vergleich zur Bundesligaspitze einen deutlichen Rückstand aufzuholen haben, ist zusätzliches Geld durch Investoren und Sponsoren für die Zukunft des Vereins wichtig.

Immer wieder wird über die Abschaffung der 50+1-Regel diskutiert. Welche Position würde der VfB in dieser Frage unter Christian Riethmüller einnehmen?

Das ist eine ganz wichtige Regel. Ich hielte es für absolut falsch, die Mehrheit am VfB abzugeben. Unser Hauptaktionär sind unsere Mitglieder. Ich bin ein absoluter Verfechter der 50+1-Regel. Das würde ich auch in den Gremien der DFL offensiv vertreten.