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Gewalt gegen Schiedsrichter: Fehlende Konsequenz im Teufelskreis

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Wenn Schiedsrichter angegriffen werden, hat dies langfristige Folgen – jedoch hauptsächlich für die Unparteiischen. Denn während diese sich lange Zeit neben den körperlichen Blessuren mit der mentalen Belastung herumschlagen müssen, werden handgreiflich gewordene Spieler in der Regel vom Fußballverband gesperrt. Die Wirksamkeit dessen ist jedoch überschaubar.
Ludwigsburg. Landesverbänden in Deutschland droht der Schiedsrichterschwund. „Die Schiedsrichter sagen, und das ist nachvollziehbar, ‚das tue ich mir nicht mehr an‘“, sagt Udo Luithardt, Obmann der Schiedsrichtergruppe Ludwigsburg. Die Vorkommnisse aus dem Spiel von FC Dersim Sport Ludwigsburg gegen den TSV Grünbühl sind kein Einzelfall. „Es gab gerade einen Fall im Unterland, bei dem der Schiedsrichter sogar in der Kabine angegriffen wurde“, sagt Luithardt. Auch aus diesem Grund erhofft er sich ein hartes Vorgehen gegen Fußballer, die eine solche Grenze überschreiten. „Aber da habe ich wenig Hoffnung. Dann wird ein Spieler mal lebenslang gesperrt, die anderen ziehen dann weiter zu einem anderen Verein.“

Gerade die fehlende Wirkung von Sperren sei dabei erschütternd. Laut Luithardt können Spieler, die vom württembergischen Verband gesperrt werden, dann einfach zu einem badischen Verein wechseln und sind dort spielberechtigt. Es sind Probleme, die scheinbar nicht mit Sperren zu beheben sind.

Auch zusätzliche Maßnahmen der Verbände helfen nur bedingt weiter. „Wenn jemand eine Rote Karte bekommt, beispielsweise wegen einer Tätlichkeit, und länger als drei Monate gesperrt wird, muss er an einem Antiaggressionstraining teilnehmen“, sagt Horst-Walter Schaefer, Vorsitzender des WFV-Bezirkssportgerichts.

Dass nun – wie im Strafprozess gegen die Beteiligten des FC Dersim Sport Ludwigsburg – womöglich hart durchgegriffen wird, könnte aus Sicht von Luithardt ein Schritt in die richtige Richtung sein, wenngleich er auch bei den Schiedsrichtern Ansatzpunkte findet. „Es ist im Fußball oft so, dass Dinge unter den Tisch gekehrt werden, was woanders so nicht vorkommt“, so Luithardt, der das Beispiel Handball anführt. „Wenn Sie da den Ball nach dem Pfiff nicht sofort hergeben, müssen Sie zwei Minuten raus“, was im Fußball jedoch gar nicht geahndet werde.

Doch auch hier gibt es zwei Seiten der Medaille. „Einerseits sind da die Schiedsrichter selbst schuld, weil sie nicht durchgreifen“, auf der anderen Seite, so mutmaßt Luithardt, geschehe dies jedoch auch aus Angst. „Stellen Sie sich vor, Sie ahnden das bei hitziger Atmosphäre drei Mal“, führt er an und verweist erneut auf gewalttätige Spieler und Zuschauer.

Was am Ende der Gewalt bleibt, ist scheinbar ein Teufelskreis, in dem sich Schiedsrichter nicht trauen durchzugreifen, und durch den im Gegenzug noch mehr Ungerechtigkeiten einfach akzeptiert werden. (pb)