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Aufstiegsfrage
Streit über den Umgang mit Auf- und Absteigern an der Schwelle zum Profifußball

Kämpft für eine Aufstiegschance: Rainer Lorz, Präsident der Stuttgarter Kickers. Foto: Baumann
Kämpft für eine Aufstiegschance: Rainer Lorz, Präsident der Stuttgarter Kickers. Foto: Baumann
Die Profis spielen, die Amateure dürfen nicht. Doch an der Schwelle zwischen Berufs- und Freizeitfußball gibt es nun Streit über den Umgang mit Auf- und Absteigern. Direkt betroffen ist der Oberligaprimus SGV Freiberg.

Ludwigsburg. Der Profifußball rollt, die Amateure haben Zwangspause. So sieht es im südwestdeutschen Fußball seit Ende Oktober aus. Während in den ersten vier Ligen der Wettbewerb unter Coronabedingungen zu einem sportlichen Ende gebracht werden soll, steht die Saison in den Klassen darunter kurz vor dem Abbruch. Doch wie kann eine sinnvolle Verzahnung aufrechterhalten werden? In der Auf- und Abstiegsfrage zwischen Regionalliga und Oberliga ist nun ein Streit entbrannt.

Am Wochenende versendete Rafael Kowollik in seiner Funktion als Vorsitzender des FC Homburg und Ligasprecher der Regionalliga Südwest einen offenen Brief, indem er von „Systemfehlern“ und „Ungerechtigkeiten“ sprach. Rainer Lorz, Präsident des Oberliga-Zweiten Stuttgarter Kickers, konterte und forderte, „Respekt und Fairness beizubehalten“. Die Stimmung ist emotional, die Lage äußerst kompliziert.

Viele Verbände, viele Interessen

Fünf viertklassige Regionalligen gibt es in Deutschland, alle gehen unterschiedlich mit der Coronasituation um. Die Regionalliga Südwest hat mit ihren 22 Teams den Spielbetrieb nach einer mehrwöchigen Unterbrechung im Herbst wieder aufgenommen und wird die Saison zu Ende spielen. In der Südweststaffel spielen Clubs aus den Fußballverbänden Rheinland, Saarland, Südwest, Hessen, Baden, Südbaden und Württemberg. Die Landesverbände fungieren gemeinsam mit zwei DFB-Regionalverbänden als Gesellschafter und organisieren den Spielbetrieb über einen Träger.

Darunter folgen wiederum die Oberligen Hessen, Rheinland-Pfalz/Saar und Baden-Württemberg, die von den dortigen Landesverbänden organisiert werden. Entsprechend unterschiedlich ist die Interessenlage. Richtig brisant wurde das Thema vor wenigen Wochen, als die Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar die Saison nach nicht einmal zehn Spielen abbrach und die Spitzenreiter der beiden Staffeln, Wormatia Worms und Eintracht Trier, als mögliche Aufsteiger ins Spiel brachte – falls die Regionalliga dies zulasse.

Das weckte bei den anderen Oberligisten Begehrlichkeiten und brachte die anderen Landesverbände in Erklärungsnot. Eigentlich wurde vereinbart, dass sportliche Entscheidungen erst wirksam sind, wenn mindestens 50 Prozent der Spieltage absolviert sind. Für die Oberliga gibt es aber durch die Formulierung „in der Regel“ ein juristisches Hintertürchen, erklärte der Württembergische Verband. Die baden-württembergischen Verbände beraten nun über das weitere Vorgehen. Bis zu einer Entscheidung könnte es noch einige Wochen dauern. Eine für alle Seiten zufriedenstellende Lösung zu finden, scheint kaum möglich.

Die Diskussion hat bereits Fahrt aufgenommen. „Es stößt auf breites Unverständnis, dass am Ende einer Mammutsaison mit 42 Ligaspielen sechs Vereine direkt aus der Regionalliga absteigen, während drei oder gar vier Vereine aus den darunterliegenden Oberligen auf Basis einer Rumpfsaison (...) aufsteigen“, kritisierte Kowollik.

Kickers-Präsident Lorz hält dagegen: „Allen Regionalligisten war beim Saisonstart bewusst, unter welchen Regularien sie diese Saison spielen. Nämlich, dass sechs Vereine absteigen werden.“ Die Kickers machen sich als Zweiter Hoffnung auf die Relegation. Direkt profitieren würde der SGV Freiberg als nach 13Spielen unbesiegter Tabellenführer. „Dass der direkte Aufstieg für uns ein guter Vorschlag ist, liegt in der Natur der Sache. Wir haben auch gut gearbeitet“, sagt Freibergs Sportdirektor Christian Werner. „Ich bin überzeugt, dass wir ohnehin aufgestiegen wären. Das war bisher eine beeindruckende Leistung unserer Mannschaft.“

Werner räumt auch ein: „Es ist ein komplizierter Sachverhalt. Es gibt sehr unterschiedliche Interessen. Da muss man Empathiefähigkeit mitbringen.“ Klar ist jedenfalls, dass die Oberliga Baden-Württemberg mit derzeit 21 Teams kaum weitere Mannschaften als Absteiger aus der Regionalliga aufnehmen kann, ohne selbst einen Aufsteiger nach oben zu geben. Oder aber die Liga spaltet sich in zwei Staffeln auf, wie es in dieser Saison in der Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar gehandhabt wurde.