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Nach 0:6-Klatsche
Beckenbauer über Löw: «Natürlich soll er weitermachen»

Franz Beckenbauer
Macht sich für einen Verbleib von Joachim Löw als Bundestrainer stark: Franz Beckenbauer. Foto: Ina Fassbender/dpa
Das 0:6 in Spanien hallt auch eine halbe Woche später noch kräftig nach. Doch aus der deutschen Fußball-Szene erhält der beschädigte Bundestrainer Rückendeckung. Der vermeintlich naheliegendste Kandidat für eine Nachfolge schweigt beharrlich.

Frankfurt/Main (dpa) - Diese Botschaften wird Joachim Löw in seinem badischen Winterexil gerne lesen. Knapp eine halbe Woche nach dem 0:6-Debakel in Spanien und einer extrem hitzig geführten Debatte auch um seinen Posten erhält der Bundestrainer von den deutschen Fußballbossen immer mehr Zuspruch.

Geht es nach «Kaiser» Franz Beckenbauer, seinem früheren Assistenten Hansi Flick und weiteren zentralen Bundesliga-Stimmen, ist die Tendenz klar: Der DFB soll auch nach dem historischen Debakel von Sevilla mit dem Langzeittrainer ins EM-Jahr 2021 starten.

«Natürlich soll er weitermachen und die EM angehen. Das Spiel hilft ihm am Ende, neue Erkenntnisse zu sammeln», sagte Beckenbauer, der selbst Weltmeister als Spieler und Trainer wurde, der «Bild-Zeitung». Direktor Oliver Bierhoff hatte den 60-Jährigen unmittelbar nach dem Sechs-Gegentore-Schock gegen dynamische Spanier zwar gestärkt, doch eine endgültige Verbandsentscheidung über Löws nahe Zukunft scheint vor der vier Monate langen Pause bis zum Auftakt der WM-Qualifikation im März nicht gefallen.

Geht es um die mögliche Nachfolge von Ex-Weltmeister Löw, fällt immer wieder der Name Ralf Rangnick. Er ist nach einem im Sommer gescheiterten Engagement beim AC Mailand derzeit ohne Job und wäre eine naheliegende Lösung für eine kurzfristige Ablösung. Doch der 62-Jährige bezeichnet die Debatten über Löw, der einen Vertrag bis 2022 besitzt, als «Unsitte» und schweigt weiter zu jeglichen Spekulationen, die in den vergangenen Tagen um seine Person verstärkt entbrannt sind.

Beim «RTL-Spendenmarathon» sagte Rangnick auf die Frage, ob er bereit wäre: «Es gehört sich nicht. Wir haben einen Bundestrainer, der bisher einen guten Job gemacht hat. Da gehört es sich nicht, darüber zu sprechen.» Zu einem möglichen Angebot des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), der das 90-minütige Desaster des Nationalteams wohl noch eine längere Zeit aufarbeiten wird, sagte Rangnick: «Das kann keiner wissen. Ich lasse es auf mich zukommen und bin selber sehr gespannt.»

Während zahlreiche Fans und Experten eine sofortige Demission des dienstältesten Bundestrainers der Welt vehement fordern, empfehlen die Entscheider in der höchsten deutschen Spielklasse Geduld und Kontinuität. Gladbachs Sportchef Max Eberl sagte in einem Interview der «Frankfurter Rundschau» (Freitag): «Jogi Löw hat aus meiner Sicht das Vertrauen verdient. Er hat den Umschwung geschafft, indem er sich mit sehr vielen jungen und talentierten Spielern als Gruppenerster für die Europameisterschaft qualifiziert hat.»

Dass Löw derzeit so negativ gesehen werde, hänge auch mit «einer emotionalen Befangenheit» zusammen. «Momentan sieht man lieber das halbleere Glas als das halbvolle. Wir alle gemeinsam haben viel zu tun, um unsere Wahrnehmung wieder zu verbessern. Wir sollten wieder das Licht sehen», sagte Eberl. Das Licht zu sehen, fiel zuletzt auch DFB-Direktor Bierhoff und Präsident Fritz Keller schwer, als das sportliche Unheil von Sevilla massiv die Schwächen des deutschen Teams aufdeckte.

Während Löw im Herbst 2020 so heftig im Kreuzfeuer der Kritik steht wie nie zuvor, thront sein Ex-Assistent Hansi Flick beim FC Bayern als Triple-Sieger und Bundesliga-Tabellenführer. Zum 0:6 erklärte Flick: «Diese Dinge sind im Fußball auch mal möglich, dass man so eine Klatsche bekommt. Deswegen muss man versuchen, die richtigen Schlüsse zu ziehen.» Vorher hatte es in der 14-jährigen Ära Löw maximal Niederlagen mit drei Toren Unterschied gegeben - und das auch nur zweimal.

Dass Flick später selbst einmal die Nationalmannschaft trainieren könnte, ist für ihn aktuell kein Thema. «Sie wissen ja, dass ich im Hier und Heute lebe. Deswegen sind diese Dinge viel zu weit weg für mich, um mir da überhaupt Gedanken zu machen», sagte der im Liga-Alltag dauerhaft geforderte Coach am Freitag in München. Bis Joachim Löw im März wieder an der Seitenlinie dran wäre, hat Flick ein XXL-Programm mit Spielen in Bundesliga, DFB-Pokal, Champions League und Weltpokal zu bewältigen.

© dpa-infocom, dpa:201120-99-398761/4

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