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Ex-Tennisstar in Dessau
Boris Becker: «Größte Gegner war immer der Mann im Spiegel»

Boris Becker
War zum ersten Mal in seinem Leben in Dessau: Boris Becker. Foto: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa
Die Bauhausstadt Dessau war für Boris Becker bislang ein weißer Fleck auf seiner persönlichen Landkarte. Am Mittwochabend zieht das Tennis-Idol auch dort die Zuhörer in seinen Bann. Dass Becker ein unerfreulicher Termin bevorsteht, ist ihm nicht anzumerken.

Dessau-Roßlau (dpa) - Fast am Ende setzt Boris Becker seine Unterschrift noch auf eine nahezu lebensgroße Figur, die ihn als Teenager zu Tennis-Boom-Zeiten zeigt.

An einem verregneten Mittwochabend haben die Fans in Dessau am Einlass geduldig gewartet, um das deutsche Idol plaudern zu hören. Für Corona-Zeiten ist der Hugo-Junkers-Saal im Golf-Park erstaunlich gut gefüllt. Mit bis zu 250 Besuchern hatten die Veranstalter geplant, obwohl der dreimalige Wimbledonsieger gerade zwei Wochen lang bei den French Open als Experte und Kommentator bei Eurosport zu hören und zu sehen war.

Freimütig räumt Becker ein, dass er auf seinen Reisen durch die Welt noch nie in Dessau war. Möglich gemacht hat den Besuch ein Verein, der schon Sportprominenz wie Box-Ex-Weltmeister Henry Maske oder die ostdeutsche Fußballtrainer-Ikone Eduard Geyer zu Talkrunden einlud.
Nun also Becker, ein gesamtdeutscher Star mit Weltruf.

Mühelos erzählt der 52-Jährige wie gewohnt mit Witz und Selbstironie zwei Stunden lang über seinen Werdegang, das deutsche und internationale Tennis, seine Liebe zu seinen Kindern, seine Besuche im einstigen Ost-Berlin, über das Erleben von Corona-Zeiten an seinem Wohnsitz London und auch, dass die Krise in seiner Heimat Deutschland aus seiner Sicht besser gemanagt wird. Auf die Frage nach schweren sportlichen Gegnern meint Becker mit Blick auf sich selbst auch: «Der größte Gegner war immer der Mann im Spiegel morgens.»

Das Thema Geld sei für ihn nie ein vordergründiges gewesen. «Manchmal hat man mehr, manchmal hat man weniger. Ich verdiene immer noch zwei Mark fünfzig.» Kein direktes Wort aber zu dem, was ihn am kommenden Donnerstag in London erwartet. Becker war 2017 von einem britischen Gericht für zahlungsunfähig erklärt worden. Die Insolvenzbehörde führt nun strafrechtliche Ermittlungen gegen ihn, da er nicht so mit den Behörden zusammengearbeitet haben soll, wie die Auflagen es vorsehen. Am 22. Oktober beginnt die Verhandlung, in der sich Becker seinem Anwalt zufolge energisch gegen die Vorwürfe verteidigen will.

Über das Thema sprechen zwar anschließend auch Zuschauer, doch sie können gut damit leben, dazu während des knapp zweistündigen Interviews nichts gehört zu haben. Becker selbst erklärt, es werde seit 30 Jahren allerhand über ihn geschrieben, das meiste davon stimme zum Glück nicht. Menschen würden sich ihn oft anders vorstellen, bevor sie ihn erlebt hätten. So sagt er: «Wir sind alle nur Menschen, wir sind keine Maschinen, wir machen Fehler, wir lernen dazu.» Hauptaufgabe seines Lebens werde immer sein, Vater seiner vier Kinder zu sein. «Wenn meine Kinder mich im Alter noch brauchen, habe ich vieles richtig gemacht.»

Becker erzählt auch Geschichten aus dem Nähkästchen. Weil er vor dem Wimbledonfinale 1990 gegen Stefan Edberg Schlafprobleme hatte, nahm er nachts eine starke Tablette und war dann in dem verlorenen Endspiel eigentlich zu spät wirklich wach.

Seine bislang letzte Unterhaltung mit Steffi Graf fand Anfang des Jahres am Rande der Australian Open hinter einem Baum in Melbourne statt. Denn die deutsche Damentennis-Ikone, die das Licht der Öffentlichkeit eher scheut, habe sich eine Mütze aufgesetzt, um nicht erkannt zu werden. Doch Becker sah sie und sprach sie an. «Sag’s keinem, dass ich da bin», habe ihn die mit seinem einstigen Rivalen und jetzigen Kumpel Andre Agassi verheiratete Graf gebeten. So versteckten sich laut Becker beide hinter einem Baum und sprachen dort fünf bis zehn Minuten miteinander.

© dpa-infocom, dpa:201015-99-952969/2

Infos auf Homepage der Veranstalter

Profil Becker auf ATP-Homepage