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Bundesliga
Kramer-Nachfolger Reis startet heikle Mission auf Schalke

Thomas Reis
Soll Schalke 04 vor dem Abstieg retten: Thomas Reis. Foto: Tim Rehbein
Schon der erste Tag für Thomas Reis als neuen Schalke-Trainer ist schwierig. Der Bundesliga-Letzte muss sich für das Entschwinden von Sportchef Rouven Schröder rechtfertigen.

Gelsenkirchen. Von außen betrachtet chaotisch und kopflos, von innen stabil und konsequent - Fremd- und Selbstwahrnehmung beim FC Schalke 04 sind aktuell so unterschiedlich wie schon lange nicht mehr.

Von einem hilflosen Bild, das der Tabellenletzte der Fußball-Bundesliga derzeit abgibt, wollte Sportvorstand Peter Knäbel bei der Vorstellung des neuen Cheftrainers Thomas Reis partout nichts wissen.

«Gestern war kein Chaos-Tag auf Schalke! Ich wehre mich vehement gegen diesen Eindruck», sagte Knäbel zum denkwürdigen Mittwoch. Dabei war zum x-ten Mal die Entscheidung zur Nachfolge des acht Tage zuvor beurlaubten Trainers Frank Kramer vertagt und stattdessen das völlig überraschende Aus von Sportchef Rouven Schröder verkündet worden.

«Schalke stabil und handlungsfähig»

Die Tatsache, dass die Königsblauen am Donnerstag im früheren Coach des Reviernachbarn VfL Bochum endlich den siebten Cheftrainer binnen zwei Jahren präsentieren konnten, wertete Knäbel dagegen als «Zeichen, dass Schalke stabil und handlungsfähig ist. Alle haben gedacht: Schalke brennt. Schalke brennt nicht». Indes räumte auch Knäbel ein, dass es eine «Innen- und Außensicht» gibt.

Reis jedenfalls ist sich der Herkulesaufgabe, die er sich aufgebürdet hat, bewusst. «Mut gehört zu meinem Werten dazu. Das Risiko kann ich gut einschätzen. Es macht die Aufgabe auch interessant», sagte der 49-Jährige, der im September beim damaligen Tabellenletzten Bochum nach sechs Niederlagen zum Saisonstart gehen musste.

Nun übernimmt er wieder ein völlig verunsichertes Team nach sechs Pflichtspielniederlagen unter Kramer und Interimscoach Matthias Kreutzer. Am Sonntag muss Schalke gegen den Tabellendritten SC Freiburg ran. Bislang präsentierte sich der von Schröder unter schwierigen finanziellen Bedingungen zusammengestellte Kader als kaum konkurrenzfähig. 

«Natürlich kriegen die Spieler das auch mit, wenn immer gesagt wird, man sei nicht bundesligatauglich. Es ist an den Spielern, das Gegenteil zu beweisen», sagte Reis, der nach seiner Vorstellung am Morgen sogleich sein erstes Training leitete und dabei viel beobachtete und mit den Spielern sprach. «Mein Schwerpunkt ist erst einmal, sich kennenzulernen und der Mannschaft Stabilität zu geben.» Das wird schwer.

Schröder-Aus überrascht Schalke-Profis

Dem Vernehmen nach reagierten die Spieler vorsichtig ausgedrückt überrascht auf das Schröder-Aus. Auch Reis hat nun gerade zu Beginn seiner heiklen Mission keine Bezugsperson in Form seines früheren Mitspielers als Profi an seiner Seite. «Natürlich war ich informiert», sagte Reis über Schröders Abgang. Dies sei aber kein Grund gewesen, nicht zu kommen.

«Ich bin gierig nach Erfolg und gierig nach diesem Verein», sagte Reis, der offenbar gar einen Teil seiner Ablösesumme in Höhe von laut Medienberichten rund 300.000 Euro an den VfL Bochum bezahlte. Kaum ein Trainer habe so einen Einsatz abgeliefert wie Reis, um zu Schalke zu kommen. «Auch was die finanzielle Beteiligung am Auflösungsvertrag angeht», verriet Knäbel vielsagend.

In der Tat verlief die Trainersuche - mal wieder - holprig. Wie schon im Sommer, als Kramer kam, tat sich der klamme Club offenbar schwer, einen geeigneten Trainer zu finden. Selbst Reis, der im Sommer schon aus Bochum wechseln sollte, da aber noch nicht freigegeben worden war, schien wegen des Fehlstarts mit dem VfL in die Saison inzwischen nicht mehr allen Entscheidungsträgern auf Schalke genehm. «Das ist mir egal. Ich sitze jetzt hier. Ich gehe jetzt diese ehrenvolle Aufgabe an», sagte Reis dazu, angeblich nur eine B- oder C-Lösung auf der Trainerbank zu sein.

Laut Medienberichten sollen Schröder die Trainersuche und der Gegenwind für seine Wahl ebenso mürbe gemacht haben wie der enge finanzielle Handlungsrahmen, der es Schalke kaum erlaubt, einen bundesligatauglichen Kader zu bauen oder Verstärkungen zu finanzieren.

Knäbel deutete jedoch an, dass auch ganz persönliche Gründe für Schröders plötzlichen Abgang ausschlaggebend waren, gegen die man machtlos gewesen sei. «Wenn es um Rouven Schröder geht, dann gilt es, zuerst den Menschen und seine Entscheidung zu respektieren», sagte Knäbel, der «bis auf weiteres» die Aufgaben des Sportdirektors mit übernimmt und den Kader im Winter verändern will und muss - wenn er aus finanziellen Gründen denn kann. «Natürlich haben wir ein Problem», räumte Knäbel dann doch ein.

Schröder-Aus auf Schalke

Schalke zur Reis-Verpflichtung

© dpa-infocom, dpa:221027-99-279819/5