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Sportpolitik
Quote - und zwar schnell: Frauen erhöhen Druck auf den DFB

Gaby Papenburg
Auch die ehemalige Moderatorin Gaby Papenburg fordert eine Frauenquote im Fußball. Foto: Georg Wendt/dpa
Ein paar Köpfe weg und schon wird alles wieder gut? So einfach wollen es neun prominente Frauen dem DFB nicht machen. Sie fordern sehr konkret Reformen - und schrecken auch vor eigener Verantwortung nicht zurück.

Frankfurt/Main (dpa) - Neun Frauen, acht zentrale Forderungen, eine klare Botschaft: So wie bisher soll es im organisierten Profifußball keinesfalls weitergehen.

Mit bekannten Initiatorinnen wie der Kommentatorin Claudia Neumann oder der Ex-Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus-Webb soll der schwer in der Krise steckende Deutsche Fußball-Bund (DFB) zum schnellen Umdenken aufgefordert werden. Die geforderten Maßnahmen stellten die Frauen in ihrem Papier «Fußball kann mehr» unter ein Gesamtmotto: «Wir fordern klare Regeln im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit im deutschen Fußball.»

Bei den «klaren Regeln», die neben Neumann und Steinhaus-Webb auch Nationaltorhüterin Almuth Schult, Fanvorsitzende Helen Breit und Ex-Nationalspielerin Katja Kraus unterzeichnet haben, werden sich einige ob ihrer Deutlichkeit wundern. Gefordert wird unter anderem eine «verbindliche Quote für Fußballverbände von mindestens 30 Prozent Frauen in Führungspositionen», beispielhaft genannt werden Präsidium, Vorstand und Geschäftsführung. Geschafft werden soll dies bis 2024.

«Mit den von uns angestrebten mindestens 30 Prozent sind wir da noch relativ niedrig rangegangen. Doch selbst 30 Prozent übersteigen die Vorstellungskraft von vielen», sagte Gaby Papenburg, die früher  Fußballspiele kommentierte und nun der Initiative angehört, der Wochenzeitung «Die Zeit». Die 30 Prozent sollen dabei auch für Aufsichtsräte der Clubs gelten, zudem soll in jedem Vorstand oder  Geschäftsführung mindestens eine Frau vertreten sein.

Weitere Mitglieder der Initiative sind Jana Bernhard (Geschäftsführerin der S20, The Sponsors Voice), Katharina Kiel (Geschäftsführerin talentZONE GmbH) und die Aufsichtsratsvorsitzende des Fußball-Zweitligisten FC St. Pauli, Sandra Schwedler. Zur Zusammenstellung sagte Kraus der dpa: «Wir haben alle in unterschiedlichen Funktionen Erfahrungen gesammelt und uns in unterschiedlichen Lautstärken geäußert.»

Für den DFB kommt dieses Papier zur Unzeit, steckt der größte Sportfachverband der Welt nach dem Rücktritt von Präsident Fritz Keller doch ohnehin gerade in einer seiner allerschwersten Krisen. Ex-Kommentatorin Papenburg hat deshalb schon eine Idee, mit wem die drastischen Maßnahmen innerhalb weniger Jahre am besten zu organisieren sind: mit Ex-Nationalspielerin Kraus. «Sie wäre für mich die perfekte Kandidatin», sagte die 61-Jährige.

Kraus selbst sieht die Entwicklung kritisch, aber nicht unumstößlich: «Der Fußball funktioniert bislang nach eigenen Regeln, und es gibt jetzt erstmals Druck von außen. Den wollen wir erhöhen - und haben für unsere Forderungen 2024 als Ziel gesetzt.» Die 50-Jährige ist seit Jahren Geschäftsführerin einer Sportmarketingagentur und hat offenbar gesteigertes Interesse am allgemeinen Funktionärsdasein.

Für das Amt der DFB-Präsidentin will sie sich zwar nicht aufdrängen, aber auch nicht verstecken, wie sie der «Zeit» verriet: «Ich habe keine Ambition auf irgendein Amt. Ich mag mein jetziges Leben und meine Unabhängigkeit. Aber klar, eine Forderung nach Veränderung ist auch eine Verpflichtung, Verantwortung zu übernehmen.»

Neben der 30-Prozent-Quote sind auch Gehaltstransparenz zwischen Männern und Frauen sowie eine geschlechtergerechte und diskriminierungsfreie Sprache Themen des Papiers, das die neun Frauen veröffentlichten.

Auf welchen Gegenwind die Initiative stoßen könnte, deutete Kraus bereits indirekt an. Sie sagte, der Unparteiischen Steinhaus-Webb sei innerhalb des Verbands nahegelegt worden, «sich doch sehr genau zu überlegen, ob sie Teil einer solchen Initiative sein will. Sie hat es trotzdem getan.» Der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist derweil unabhängig von der derzeitigen Selbstzerstörung des DFB. Dies versicherte Kommentatorin Neumann der Deutschen Presse-Agentur. «Das hat nicht mit der aktuellen Krise im DFB zu tun», betonte sie.

© dpa-infocom, dpa:210519-99-657512/5

DFB

Interview bei Zeit online

Positionspapier "Fußball kann mehr"