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dpa-Interview
Rebensburg vor Sölden: «Extreme Vorfreude und Neugier»

Viktoria Rebensburg
Jahrelang die beste deutsche Skirennfahrerin: Viktoria Rebensburg. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Viktoria Rebensburg kann dem deutschen Ski-Team künftig nicht mehr zu Erfolgen verhelfen. Die Olympiasiegerin von 2010 geht in den ersten Winter nach ihrem Rücktritt. Was sie sich dabei erwartet und was auf ihre Nachfolgerinnen zukommt, erzählt sie im dpa-Interview.

Sölden (dpa) - Der alpine Saisonstart in Sölden war jahrelang auch immer die erste Chance für Viktoria Rebensburg, auf das Podest zu fahren. Nach ihrem Rücktritt fehlt dem Deutschen Skiverband die wichtigste Erfolgsfahrerin.

Im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur spricht die 31-Jährige über die Herausforderungen für ihre Nachfolgerinnen, eine Prognose für die neue Saison und ihre Pläne für Samstag als Ski-Fan fernab des Fernsehers.

Wie geht es Ihnen als junger Ski-Rentnerin kurz vor Sölden?

Viktoria Rebensburg: Mir geht es gut. Ich genieße meine neue Freiheit ohne den ganzen Stress und Druck aus dem Weltcup. Ich habe nun Zeit für die Dinge, die sonst nie oder kaum möglich waren. Ich weiß noch nicht, wie es mir am Samstag beim Weltcup-Auftakt geht, aber momentan herrscht bei mir eine extreme Vorfreude und Neugier, wie das Rennen abläuft und wer gewinnt.

Wie werden Sie die Rennen am Wochenende schauen?

Rebensburg: Tatsächlich bin ich am Samstag auf einer privaten Feier eingeladen. Ich denke, den ersten Lauf werde ich daheim vorm Fernseher anschauen können, beim zweiten wird es schwieriger, da werde ich auf mein Handy angewiesen sein.

Was erwartet die Sportler in diesem Corona-Winter?

Rebensburg: Das kann wohl niemand genau voraussehen. Wichtig ist, dass Sölden ein schönes Rennen wird und die Abläufe gut funktionieren, sodass es keine negativen Schlagzeilen gibt. Sölden wird daher der Gradmesser für die nächsten Rennen sein. Wenn da alles funktioniert, dann ist das ein gutes Zeichen für die weitere Saison. Wichtig ist, dass überhaupt Rennen stattfinden. Aber die Saison wird definitiv anders als die bisherigen. Für die Athleten, die um Disziplin- und Gesamtwertungen mitfahren, wird das oberste Gebot sein, gesund zu bleiben, denn mit einem positiven Test droht man zwei Wochen auszufallen und kann in der Zeit keine Punkte einfahren.

Haben die Corona-Ungewissheiten Ihren Rücktritt beeinflusst?

Rebensburg: Nein, bei meiner Entscheidung war Corona überhaupt kein Thema. Mir ging es darum, wie ich mich fühle, wie es mir geht und ob ich noch die hundertprozentige Überzeugung habe, vorne mitzufahren. Das war einfach nicht mehr da. Deshalb habe ich aufgehört. Klar ist aber auch, dass wenn ich weitergefahren wäre, es auch für mich eine extreme Saison geworden wäre.

Wer wird sportlich die Saison dominieren? Die langjährige Dominatorin Mikaela Shiffrin - die wegen einer Rückenverletzung den Start in Sölden verpasst -, Herausforderin Petra Vlhova oder die starken Italienerinnen um Weltcup-Gesamtsiegerin Federica Brignone?

Rebensburg: Ich denke, das werden die Kandidatinnen sein. Bei Mikaela bin ich gespannt: Das Thema Rücken kenne ich aus eigener Erfahrung. Um erfolgreich zu sein, ist es sehr wichtig, dass der Körper in einer guten Verfassung und Balance ist. Aber ich denke, dass Mikaela definitiv wieder ganz vorn dabei sein wird. Dann ist die Frage, wie Fede (Brignone) nach ihrem großen Triumph über den Sommer gekommen ist. Alice Robinson ist extrem stark im Riesenslalom unterwegs. Mit Petra muss man immer rechnen und dann gibt es vielleicht auch eine Überraschungsfahrerin, die jetzt noch niemand auf dem Zettel hat.

Jahrelang lag der deutsche Damen-Fokus auf Ihnen. Wo werden sich die DSV-Fahrerinnen im Jahr eins nach Rebensburg einordnen?

Rebensburg: Jetzt können die Mädels den nächsten Schritt machen. In der Abfahrt liegen die größten Podiums-Hoffnungen bei Kira Weidle. Sie hat die letzte Saison bewiesen, dass sie sich in den Top Ten festgesetzt und kontinuierlich ihre Leistung gebracht hat. Ich bin mir sicher, dass sie sich weiter entwickeln wird. Im Slalom sind auch gute Mädels dabei. Im Riesenslalom klafft wohl das größte Loch, da bin ich zuletzt ja teilweise die einzige deutsche Starterin gewesen.

Was kommt neben dem reinen Skifahren auf die Fahrerinnen zu, wenn der öffentliche Fokus nicht mehr auf Sie gerichtet ist?

Rebensburg: Das müssen die Mädels selbst sehen. Der größte Fokus lag in der Vergangenheit bei mir und so habe ich auch sicherlich Druck von den anderen Athletinnen genommen. Das ist ab jetzt nicht mehr so. Nun liegt es an ihnen, mit dieser Situation umzugehen und auch mehr Verantwortung zu übernehmen.

Was muss langfristig passieren, damit der Deutsche Skiverband wieder Rebensburgs oder Neureuthers in die Rennen schicken kann?

Rebensburg: Wenn es da eine einfache Antwort gäbe, dann hätten wir ja schon etwas gemacht. Ich finde, dass man talentierten Skifahrern den Freiraum geben sollte, sich auszuprobieren und eigene Entscheidungen zu treffen. So lernt man als Sportler, was einem gut tut. Ich habe schon das Gefühl, dass in der nächsten Garde - etwa im Europacup - eine Gruppendynamik entsteht, dass viele Mädels vom Kopf her gut drauf sind. Mal schauen, was mit dieser Generation passiert.

Was genau meinen Sie mit «sich ausprobieren»?

Rebensburg: Ich rede da nicht nur vom Skifahren oder vom DSV. Das Thema von der Eigenverantwortung gab es ja auch schon im Fußball. Der neuen Generation fehlt das vielleicht ein bisschen. Klar muss Talent da sein. Aber man wächst - als Athlet und als Persönlichkeit - nur dann, wenn man Entscheidungen trifft und dafür geradesteht. Wenn man im Starthaus steht, muss man alleine runterfahren. Entscheidungen zu treffen macht einen stärker - auch wenn die Entscheidung falsch war.

Zur Person: Viktoria Rebensburg (31) war jahrelang die beste deutsche Skirennfahrerin. Nach ihrem Olympiasieg 2010 raste sie zu 19 Siegen im Weltcup und zwei WM-Medaillen. Im September trat sie zurück.

© dpa-infocom, dpa:201015-99-960818/2

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