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„Ich habe hier alle Möglichkeiten“

Als Spieler ein Star, als Trainer ein Neuling: Der Spanier Iker Romero.Foto: Baumann
Als Spieler ein Star, als Trainer ein Neuling: Der Spanier Iker Romero. Foto: Baumann
Mit Iker Romero steht einer der erfolgreichsten Handballer der vergangenen Jahre als neuer Trainer an der Seitenlinie der SG BBM Bietigheim. Im Interview mit unserer Zeitung spricht der Spanier über seine Ziele mit der SG und darüber, was ihn in die 2. Handball-Bundesliga geführt hat.

Bietigheim-Bissingen. Mit zweitklassigem Handball hatte Iker Romero bisher nicht viel zu tun. Im Gegenteil, der Name des Spaniers steht für Erfolg, für Weltklasse-Handball. Doch im Interview mit unserer Zeitung stellt der neue Trainer der SG BBM Bietigheim klar, dass es etwas komplett anderes sei, an der Seitenlinie zu stehen. In Deutschland zu arbeiten sei für jeden Handballer ein Traum. Nur an die deutsche Bürokratie hat sich der 41-Jährige auch nach neun Jahren nicht gewöhnt. Los geht es in der Liga am 11. September mit einem Heimspiel gegen Eisenach.

Was treibt einen hochdekorierten Handballer als Trainer zur SG BBM Bietigheim, die im Welthandball bisher noch keine Rolle gespielt hat?

Iker Romero: Was ich als Spieler erreicht habe, hat überhaupt nichts mit meinen Fähigkeiten als Trainer zu tun. Viele Leute fragen mich das. Ich habe als Spieler viel gewonnen, aber das waren andere Momente meiner Karriere. Trainer zu sein ist etwas total anderes. Und wenn Sie mich fragen, ob es für mich eine bessere erste Cheftrainer-Station geben würde als Bietigheim, dann sage ich: Nein, ich habe hier alle Möglichkeiten und es passt super perfekt für mich.

Was bedeutet diese neue Herausforderung für Sie?

Ich war vier Jahre Co-Trainer in Hannover und habe viel von Carlos Ortega gelernt. Nun habe ich eine neue Rolle und freue mich sehr, wie es bisher angelaufen ist. Es läuft bisher sogar besser, als ich es im ersten Moment vielleicht erwartet hätte.

Worin sind die größten Unterschiede zwischen Co-Trainerposten und Cheftraineramt?

Es ist insgesamt ein großer Unterschied. Als Co-Trainer ist man meistens der gute Cop. Die harten Entscheidungen muss aber immer der Cheftrainer treffen. Der Cheftrainer ist auch immer der Erste, den es erwischt, wenn es nicht läuft, während der Co-Trainer manchmal auch bleiben darf. Und man muss nicht nur auf den Handball und die Mannschaft schauen, sondern die ganze Kette einbinden und am Laufen halten. Dazu gehören auch die Co-Trainer, medizinisches Personal und das Team auf der Geschäftsstelle.

Seit fast zwei Wochen arbeiten Sie mit dem Team zusammen. Wie ist ihr erster Eindruck?

Sehr positiv. Das einzige was ich zum jetzigen Zeitpunkt einfordern kann, ist die Einstellung – und die ist im Team absolut vorhanden. Ich bringe ein neues Konzept ein, für das wir am Anfang viel Zeit brauchen. Es sind im Moment sehr viele neue Informationen. Das nehmen die Spieler gut auf.

Die SG BBM Bietigheim war in der Vergangenheit oft mit schnellem Umschaltspiel erfolgreich. Wie sieht Ihr Konzept aus?

Im modernen Handball haben statische Mannschaften wenig Chancen auf Erfolg. Handball bedeutet Tempo, Tempo, Tempo. Wir wollen in die Offensive gehen und den Ball gewinnen und am besten immer haben und schnell in den Angriff kommen. Wir wollen einfach aber gut spielen. Das ist im Handball der schwierigste Teil: Die einfachen Sachen gut auszuführen.

Die Mannschaft der SG BBM ist im Kern seit Jahren dieselbe und hat sich dazu noch verstärkt. Um die Mitfavoritenrolle wird Bietigheim nicht herumkommen. Wie ist eure interne Zielsetzung?

Es sind vier Mannschaften abgestiegen und zwei Mannschaften in die erste Liga aufgestiegen. Auf dem Papier haben wir also zwei Topmannschaften mehr in der Liga als zuvor – plus Mannschaften wie Gummersbach, Elbflorenz Dresden oder Großwallstadt. Um ehrlich zu sein ist mein Ziel eine Mannschaft zu bauen, die in jedem Spiel kämpfen kann und bis zum Ende die Chance hat, zu gewinnen. Wo wir dann Ende Juni stehen, hängt von vielen Kleinigkeiten ab.

Wie würden Sie die zweite Liga in Deutschland einschätzen?

Wenn man sich die ersten acht bis zehn Mannschaften anschaut, ist die Qualität besser als in der ersten spanischen Liga, der FC Barcelona mal ausgenommen. Und nicht nur dort, auch in Polen, Ungarn oder anderen Ländern. Die deutschen Zweitliga-Teams könnten außer mit den Topteams mit allen anderen Mannschaften mithalten. Die Bundesliga ist die stärkste Liga der Welt, die 2. Bundesliga ist die stärkste zweite Liga der Welt.

Wie würden Sie den Handball-Sport in Deutschland allgemein einschätzen, Sie arbeiten ja schon einige Jahre hier?

Ja, es ist mein neuntes Jahr in Deutschland. Wenn man auf der Welt Handballspieler oder Trainer sein möchte, ist Deutschland das beste Land, um das zu tun. Deutschland ist ein Handball-Land. Die Leute schauen gerne Handball und im Grunde genommen ist es hier nach dem Fußball die zweitbeliebteste Sportart. Es ist für jeden Spieler oder Trainer ein Traum, ein Teil dieser Handball-Welt zu sein. Man hat hier alles, auch in Bietigheim. Es ist außergewöhnlich, wie professionell alles ist, auch außerhalb des Spielfeldes auf der Geschäftsstelle. Das bekommt man in vielen ersten Ligen in anderen Ländern nicht.

Die Nationalmannschaft konnte in den vergangenen Jahren trotzdem nie richtig die Erwartung erfüllen. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Das ist etwas anderes. Das hat nichts mit der Handball-Kultur hier zu tun. Man muss realistisch sein. In der Nationalmannschaft läuft es in Wellen. Es gibt immer kleine Gruppen von Jahrgängen, die besser sind als andere. Die eine Generation geht, eine andere Nation kommt mit neuen Generationen. Ich bin mir sicher, dass Deutschland in absehbarer Zeit einen Weg finden wird, erfolgreich zu sein. Vielleicht schon in Tokio. Sie haben einfach die größte Auswahl an Spielern.

Wer ist Ihr Favorit für die Goldmedaille?

Ich habe keinen. Ich habe zweimal Olympia gespielt und da ist das Viertelfinale entscheidend. Jede Mannschaft hat einen Tag, an dem es nicht läuft. Wenn man diesen Tag im Viertelfinale hat, ist man raus. Aber mit einem Sieg kommt die Moral und plötzlich hat man die Goldmedaille. Das Viertelfinale ist das Finale für alle. Dann schauen wir weiter.

Wie haben Sie sich hier in der Region eingelebt?

Es ist super. Außer heute auf dem Einwohnermeldeamt, da hat es etwas lange gedauert (lacht). Meine Frau kommt aus Bad Urach, es ist schön, dass das nicht weit entfernt ist. Ich mag die Region hier sehr gerne. Wir haben ein Haus in Kleinsachsenheim. In fünf Minuten bin ich in der Halle, in fünf Minuten bin ich auf der Geschäftsstelle. Egal was ich brauche, in spätestens fünf Minuten bin ich dort. Das ist eine unglaubliche Lebensqualität und für mich ein großer Vorteil. Es ist perfekt hier.