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Konflikt bei Bosch in Bietigheim spitzt sich zu

Am Bietigheimer Standort von Bosch AS finden Arbeitgeber und Betriebsrat nicht zueinander. Foto: Oliver Bürkle
Am Bietigheimer Standort von Bosch AS finden Arbeitgeber und Betriebsrat nicht zueinander. Foto: Oliver Bürkle
Streit um Aus für Fertigung bis Ende 2021 geht weiter – Werkleitung bricht Verhandlungen mit Arbeitnehmerseite ab und beantragt Einigungsstelle

Bietigheim-Bissingen. Auf der einen Seite steht der Arbeitgeber, auf der anderen Seite stehen Betriebsrat und Gewerkschaft – und dazwischen gibt es keine Brücke, über die beide Seiten aufeinander zugehen könnten. Das ist, bildlich gesprochen, die Situation bei Bosch AS in Bietigheim: Die Konfliktparteien finden auch nach monatelangem Streit nicht zueinander, die Fronten sind verhärtet.

Im Juni hatte die Leitung des Bietigheimer AS-Werks angekündigt, die Produktion dort bis Ende 2021 stillzulegen. Davon wären knapp 300 Mitarbeiter betroffen. Der Betriebsrat und die Gewerkschaft IG Metall wehren sich im Schulterschluss gegen die Pläne der Konzernspitze. Sie arbeiteten für den Standort einen Zukunftstarifvertrag aus, mit dem sie die Arbeitsplätze in Bietigheim erhalten und die Stilllegung der Produktion verhindern wollen. So solle laut Betriebsratschef Vincenzo Basile etwa die Ausbildung am Standort erhalten bleiben, Produktion und Entwicklung sollten miteinander verzahnt werden.

Über die Inhalte dieses Zukunftstarifvertrags verhandelten Arbeitgeber, Betriebsrat und Gewerkschaft mehrere Wochen lang – bis der Arbeitgeber diese Gespräche beendete und nun beantragte, eine Einigungsstelle einzusetzen, die den Konflikt weiter leiten soll. Dabei soll es laut Unternehmen darum gehen, eine Einigung zwischen Unternehmen und Betriebsrat zur geplanten Betriebsänderung (also der Stilllegung der Produktion) zu erzielen und Sozialplankonditionen zu verhandeln.

„Die bisherigen Verhandlungen haben uns trotz größter Bemühungen leider nicht ausreichend vorangebracht“, teilt Werkleiter Achim Ottenstein auf Nachfrage mit. „Weder konnten wir uns auf eine zügige Abfolge von Verhandlungsterminen verständigen, noch konnten wir uns in den bisherigen sechs Gesprächsterminen bei kritischen Themen annähern.“

Der Abbruch der Verhandlungen erzürnt Betriebsrat und Gewerkschaft. Er, die Belegschaft und IG-Metall-Geschäftsführer Matthias Fuchs seien „mehr als sauer über dieses Vorgehen“, sagt Basile. Der Arbeitgeber habe die Verhandlungen „einseitig und völlig überraschend“ abgebrochen, „obwohl Gesprächstermine bis Ende November vereinbart waren“. Man habe viel Zeit in den Zukunftstarifvertrag gesteckt und von der Werkleitung gesagt bekommen, ein gutes Konzept vorgelegt zu haben. Mit dem Abbruch der Gespräche „zeigt der Arbeitgeber, dass er keinen gemeinsamen Weg finden will“. In seinen mehr als 40 Jahren in dem Unternehmen, davon Jahrzehnte als Betriebsratschef, „habe ich einen solchen Verhandlungsstil des Arbeitgebers noch nicht erlebt“.

Wenn die Werksleitung von „größten Bemühungen“ in den Verhandlungen spreche, dann, sagt Basile, fragten Betriebsrat und Gewerkschaft sich: „Sieht ,größte Bemühung‘ so aus, dass uns bis heute kein Konzept des Bereichsvorstands vorliegt, wie das Werk nach 2021 aussehen soll? Fakt ist: Die Arbeitgeberseite ist nie ernsthaft auf unser Zukunftskonzept eingegangen und hat zu keinem Zeitpunkt mit uns verhandelt. Es ging dem Arbeitgeber nur darum, eine Zustimmung von der Arbeitnehmervertretung zur Schließung der Produktion in Bietigheim zu bekommen.“ In einem Schreiben des Betriebsrats an die Belegschaft diese Woche heißt es: „Hätte der Bereichsvorstand tatsächlich ein Interesse an der Zukunft der Kollegen und Kolleginnen, so hätte er sich seit Jahren und während der laufenden Verhandlungen anders verhalten. Offensichtlich will die Arbeitgeberseite lediglich den längst gefassten Plan der Produktionsschließung und Verlagerung nach Ungarn schnell vorantreiben.“

Zu dem Thema sagt Werkleiter Ottenstein: „Im Falle Bietigheims geht es nicht in erster Linie um eine Verlagerung nach Ungarn. Der Hauptbeschäftigungsträger, die Elektrolenkung, läuft in den kommenden Monaten aus. Reststückzahlen sollen überwiegend nach Schwäbisch Gmünd verlagert werden. Für Maklàr in Ungarn sind die Ventile und die Nachserie vorgesehen. Hier werden künftig etwa 50 Mitarbeiter beschäftigt sein.“ Ottenstein betont, dass, wenn nichts anderes vereinbart werde und „solange Bietigheim in der Lage ist, die Stückzahlen zu fertigen“, es vor Ablauf des bestehenden Sozialtarifvertrags „keine Verlagerung an andere Standorte geben wird, trotz sehr schwieriger wirtschaftlicher Situation“.