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Familienkritische Komödie

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Mit der szenischen Lesung machte der Theaterkreis das Beste aus der ungewissen Situation durch die Sanierung.
Normalerweise tritt der Theaterkreis der Kreuzkirche im Schlösslesfeld mit umfangreichen Boulevard-Komödien auf. Weil er aber nicht wusste, ob er wegen der Sanierung des Gemeindehauses überhaupt spielen kann, kam es zu einer cleveren Lösung in Zusammenarbeit mit dem Paulus-Chörle. Dass die Texte des von Jimmie Chin als Hörspiel konzipierten Stückes „Goldener Herbst oder das Comeback der Maisie May“ nur abgelesen waren, tat dem Amüsement über Um- und Zustände in einer englischen Seniorenresidenz für ehemalige Bühnenkünstler keinen Abbruch.
Ludwigsburg. Walter Deihle, der es in seiner Rolle als Produzent und Manager „Chris“ fertig brachte, die in die Seniorenresidenz „Goldener Herbst“ abgeschobene, ehemalige Variété-Künstlerin Maisie May (Christel Gehring), noch einmal auf die Bühne zu bringen, begrüßte das Publikum zu einem „etwas anderen Theaterabend“.

„Man macht doch nicht mit allem Schluss, nur weil die einen abschieben“, schimpfte Maisie May auf ihren allzu angepassten Sohn und Bankangestellten Arnold (Christian Gscheidle) und ihre Schwiegertochter Ursula (Else Sproll). Letzterer hatte es Maisie zu verdanken, dass sie aus ihrem Bungalow ausziehen musste. Regelmäßige Kontrollbesuche von Sohn und Schwiegertochter bei der Leiterin der Seniorenresidenz, Miss Tate (Monika Riesenberg) gingen sogar so weit, dass Maisie, die den Heimalltag nur schwer ertrug und mit Absicht etwas verrückt spielte, für unzurechnungsfähig erklärt werden sollte. Sohn und Schwiegertochter fürchteten nämlich, sie würde vom Bühnen-Manager dafür, dass er sie im hohen Alter noch einmal in im Musical „Mary Poppins“ groß raus bringen wolle, um ihr als Erbe in Aussicht stehendes Geld abgezockt.

Die Erzählerin Renate Schnorr, zuständig für die Übergänge zwischen den Szenen, hatte einiges zu berichten über die Hintergründe des Heimaufenthalts von Maisie May, die bis zu ihrem 104. Lebensjahr daran zu knabbern hatte, dass sie mit ihrem nichtehelichen Sohn Schande über ihren Vater (Detlev Handrich) gebracht hatte und mit diesem Schein-Dialoge führte. Reue darüber, dass sie weder zur Ehe- noch zur Hausfrau geboren war, zeigte sie aber mitnichten. Zusammen mit ihrer Mitbewohnerin Droa (Eve Eßer) hätte es Maisie schon noch spannend gefunden, wenn sich im „Goldenen Herbst“ zwischengeschlechtliches Leben gezeigt hätte. Dafür musste der Gärtner (Detlev Handrich) herhalten, der regelmäßig verboten bekam, sich von Heimbewohnerinnen in Gespräche verwickeln zu lassen.

Der Bühnen-Manager „Chris“ bekam schließlich die Erlaubnis, Maisie noch einmal auf die großen Bretter der Welt zu stellen und ihr eine vitale, vom Paulus-Chörle besungene „Summertime“ im Gegensatz zum Lebensabend im „Goldenen Herbst“ zu bescheren, denn „ein Altenheim ist ja kein Gefängnis“ mit Besuchserlaubnis. Er knackte die oberste Regel, alles müsse seine Ordnung haben und alle Bewohner müssten in der Annahme, die Welt sei voller Sonnenschein, glücklich sein. Maisie wollte tanzen und singen wie in ihrem früheren Leben und wurde tatsächlich noch einmal auf die Bühne gebracht. Als „Mary Poppins“ hat sie es in Begleitung der ganzen Bewohnerschaft des „Goldenen Herbstes“ noch zur Musical-Aufführung geschafft.