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Verfassungsgerichtshof muss Gesetz zur Grundsteuer prüfen

Justitia
Eine Statue der Justitia hält eine Waage in ihrer Hand. Foto: David-Wolfgang Ebener/dpa
Baden-Württemberg geht bei der Grundsteuer eigene Wege. Das Land setzt auf das Bodenwertmodell. Das sorgt für Ärger. Nun ist das neue Gesetz ein Fall für den Verfassungsgerichtshof.
Stuttgart.

Stuttgart (dpa/lsw) - Beim baden-württembergischen Verfassungsgerichtshof ist eine Klage gegen das im November verabschiedete Gesetz zur Grundsteuer eingegangen. Dies teilte ein Gerichtssprecher am Donnerstag in Stuttgart mit. Nähere Angaben machte er nicht. Klägerin ist eine 81 Jahre alte Frau aus dem Großraum Stuttgart mit einem Einfamilienhaus. Unterstützt wird sie bei der Verfassungsbeschwerde vom Bund der Steuerzahler. Verbandschef Zenon Bilaniuk sagte, vielen Steuerzahlern drohten deutliche Höherbelastungen durch die Grundsteuer, zum anderen gebe es massive verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung.

Die Klägerin erklärte, sie empfinde die Grundsteuer als ungerecht, weil man hier gleich viel bezahlen müsse, egal, ob auf einem gleich großen Grundstück ein kleines Haus, eine Villa oder ein Hochhaus stehe, sagte die Frau nach Angaben des Steuerzahlerbundes. Dessen Chef sagte weiter, durch die Klage biete sich der neuen Landesregierung noch vor Ergehen der ersten Steuerbescheide für 2025 die Möglichkeit, ein geändertes und verfassungsfestes Grundsteuergesetz zu verabschieden.

Das in der Kritik stehende Gesetz setzt auf ein sogenanntes modifiziertes Bodenwertmodell. Es sieht vor, dass die Grundstücksfläche und der sogenannte Bodenrichtwert die Grundlage für die künftige Berechnung der Steuer sein sollen. Eigentümer von Wohngebäuden sollen dabei aber im Verhältnis weniger belastet werden.

Die Grundsteuer soll ab 2025 nach dem neuen System berechnet werden. Der Steuerzahlerbund sieht in der steuerlichen Bewertung allein nach dem Grund und Boden einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die Grundsteuer zahlt jeder Hausbesitzer. Eigentümer können die Grundsteuer selbst zahlen oder als Nebenkosten vollständig auf die Mieter umlegen.

Das Finanzministerium wies die Kritik zurück. Eine pauschal stärkere Belastung von Ein- und Zweifamilienhäusern sieht das Ministerium nicht. Es gebe nicht das Einfamilienhaus und Rechenbeispiele seien unseriös, weil die entsprechenden Hebesätze erst neu festgelegt werden müssten. Zugleich wurde in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass das Gesetz den Vorgaben der Verfassung entspreche.

Der Bund hatte Ende 2019 ein neues Grundsteuergesetz beschlossen. In das Bundesmodell fließen neben Grundstücksfläche und Bodenrichtwert auch noch Immobilienart, Nettokaltmiete, Gebäudefläche und Gebäudealter mit ein. Die Bundesländer können vom Bundesmodell abweichen, wenn sie eigene Gesetze verabschieden. Die Kommunen im Land nehmen aus der Steuer jährlich 1,8 Milliarden Euro ein.

Die FDP erneuerte ihre Kritik an der Regelung. Ihr finanzpolitischer Sprecher, Stephen Brauer, sagte: «Wir stehen weiter zu den Bedenken bezüglich des grün-schwarzen Bodenwertmodells, insbesondere, weil wir starke Verteuerungen für Mieter und Eigentümer in älteren Ein- und Mehrfamilienhäusern befürchten.» Ähnlich argumentierte auch SPD-Finanzexperte Peter Hofelich. «Wohn- sowie Geschosswohnungsbau, der die Grundflächen nicht optimal durch Bebauung ausnutzt, darf nicht benachteiligt werden.»

Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Thekla Walker, verteidigte das Gesetz. «Bei der Anhörung waren sich die Experten einig, dass das Bodenwertmodell innovativ und im Vergleich zu den anderen Modellen besonders verfassungsfest ist.» Es sei einfach zu handhaben und gerecht, weil damit Wohngebäude privilegiert und Mieter entlastet werden. «Und: Gerade in der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt ist es wichtig, dass baureife Grundstücke bebaut werden. Die neue Landesgrundsteuer motiviert, baureife Grundstücke tatsächlich zu bebauen - sie hat damit also auch eine wertvolle Lenkungswirkung.»

Der Steuerzahlerbund unterstützte die Klage bewusst vor dem Verfassungsgerichtshof. Denn der Gang vor das Bundesverfassungsgericht dauert in der Regel länger, weil normal zunächst die Entscheidung der unteren Instanzen abgewartet werden muss. Im Zuge der Grundsteuerreform müssen im Südwesten nun 5,6 Millionen Objekte neu bewertet werden.

© dpa-infocom, dpa:210325-99-961411/3

Finanzministerium zur Grundsteuer