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Hintergrund
Der Brexit und die Europawahl

Europaparlament
Das Europäische Parlament in Straßburg: Vom 23. Mai an werden die Abgeordneten neu gewaählt. Foto: Patrick Seeger
Brüssel (dpa) - Die Europawahl vom 23. bis 26. Mai gilt als Knackpunkt bei einer Verschiebung des derzeit für den 12. April geplanten Brexits. Denn als EU-Mitglied muss Großbritannien Abgeordnete wählen lassen.

Juristische Gutachter waren sich uneins über den entscheidenden Termin: Einige EU-Experten hielten das Wahldatum für maßgeblich; andere sahen Spielraum bis zur konstituierenden Sitzung des neuen Parlaments am 2. Juli.

Die EU-Staats- und Regierungschefs wollten bei ihrem Gipfel Ende März kein rechtliches Risiko eingehen und entschieden sich für den Tag vor Beginn der Europawahl als Fristende - also den 22. Mai. Sie wollten nicht, dass rechtliche Zweifel oder Anfechtungsklagen das neue Parlament lahmlegen, wenn Großbritannien Anfang Juli doch noch Mitglied sein sollte, aber keine Abgeordneten gewählt hat.

Deshalb gewährten die 27 bleibenden Staaten ohne Bedingungen zunächst nur einen Aufschub bis zum 12. April: Das ist der letzte Tag, an dem Großbritannien nach eigenem Recht eine Europawahl ansetzen könnte. Nur wenn London das bereits dreimal abgelehnte Austrittsabkommen doch noch annähme, sollte ein Aufschub bis zum 22. Mai gelten. Das ist bisher aber nicht gelungen.

Am 10. April, dem nächsten Mittwoch, soll ein EU-Sondergipfel erneut beraten. Die britische Premierministerin Theresa May hat eine Verlängerung bis zum 30. Juni beantragt und angesichts der EU-Bedenken in Aussicht gestellt, zur Sicherheit eine Teilnahme ihres Landes an der Europawahl vorzubereiten. Schafft man einen geregelten Austritt vor dem 23. Mai, würde sie die Wahl absagen.

EU-Ratschef Donald Tusk plädiert dafür, die Frist gleich für zwölf Monate zu verlängern und die Briten in jedem Fall mitwählen zu lassen. In beiden Fällen würde Großbritannien also noch einmal Abgeordnete bestimmen, die wohl während der fünfjährigen Legislatur ausscheiden würden.

Für die EU brächte dies zwei Probleme. Die mit Blick auf den Brexit beschlossene Verkleinerung des Hauses von 751 auf 705 Sitze fiele vorerst aus. Auch die mit dem Gesetz beschlossene Neuverteilung von 27 der bisher 73 britischen Sitze läge auf Eis. Frankreich und Spanien sollten zum Beispiel jeweils fünf Mandate mehr bekommen, die Niederlande drei, Irland zwei. Für Deutschland ändert die Reform nichts.

Die Verkleinerung und die neue Aufteilung würde dann nach Angaben aus dem Parlament zum Zeitpunkt des Brexits nachgeholt. Auf die freien Plätze würden Kandidaten von hinteren Listenplätzen nachrücken.

Das andere Problem: Die britischen Abgeordneten dürften kurz vor dem EU-Austritt noch einmal die Geschicke der Gemeinschaft mitbestimmen, etwa bei der Wahl der neuen EU-Kommission. Etliche Abgeordnete bewerten dies kritisch.

Fragen und Antworten der britischen Regierung zur Brexit-Verschiebung