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Militär
Finnland will zügig über Nato-Mitgliedschaft entscheiden

Magdalena Andersson und Sanna Marin
Die schwedische Ministerpräsidentin Magdalena Andersson (l) empfängt ihre finnische Amtskollegin Sanna Marin in Stockholm. Foto: Paul Wennerholm
Finnland verbindet nicht nur eine ziemlich lange Grenze mit Russland, sondern auch eine ziemlich lange und komplexe Geschichte. Ein Antrag auf die Aufnahme in die Nato im Zuge des Ukraine-Kriegs hätte da weitreichende Folgen.

Stockholm/Helsinki. Finnland rückt einer Entscheidung über einen Nato-Beitritt zügig näher. Ministerpräsidentin Sanna Marin sagte bei einem Besuch in Stockholm, sie wolle keinen Zeitplan vorgeben, rechne aber damit, dass ein finnischer Entschluss «innerhalb von Wochen, nicht innerhalb von Monaten» stehen werde.

Russlands Einmarsch in die Ukraine habe alles verändert. Ihre Regierung legte dem Reichstag in Helsinki kurz darauf eine umfassende Sicherheitsanalyse vor, die als Grundlage für eine parlamentarische Debatte über die Nato-Frage dienen soll. Schon kommende Woche soll sich das Parlament damit befassen.

«Möglichst breiter Konsens» gesucht

Präsident Sauli Niinistö erklärte, mit der Vorstellung des Berichts sei nun die Phase der parlamentarischen Beratungen eingeleitet. Jetzt gehe es darum, eine klare Linie für Finnland zu finden. Auch Marin betonte bei ihrem Besuch bei der schwedischen Ministerpräsidentin Magdalena Andersson, wie wichtig es angesichts des «großen Nachbarn» Russland sei, einen so breiten Konsens wie nur möglich zu erreichen.

Finnland grenzt auf über 1300 Kilometern Länge an Russland, die beiden Länder verbindet zudem eine jahrhundertelange Geschichte. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat in dem nordischen Land wie auch im benachbarten Schweden eine Debatte über einen möglichen Nato-Beitritt neu entfacht. Bislang sind beide Länder enge Partner des Bündnisses, aber keine Mitglieder. Der Unterschied zwischen einem Partner und einem Mitglied sei sehr klar, sagte Marin dazu.

Beitritte müssten von allen derzeitigen 30 Nato-Mitgliedern abgesegnet werden. Russland hat Finnland und Schweden mehrmals vor einem solchen Schritt gewarnt.

Vor- und Nachteile einer Nato-Mitgliedschaft

Marin und Niinistö haben sich in der Öffentlichkeit bislang weder für noch gegen einen Nato-Beitritt positioniert. Auch der Regierungsbericht gibt keine klare Richtung vor, sondern beleuchtet vielmehr die Vor- und Nachteile einer Mitgliedschaft. Sollte Finnland diese beantragen, müsste sich das Land der Analyse zufolge auf umfassende Versuche der Einflussnahme sowie Risiken vorbereiten, die schwer vorherzusehen seien. Zu den Risiken zählten auch zunehmende Spannungen an der langen finnisch-russischen Grenze.

Bedeutendste Auswirkung einer möglichen Nato-Mitgliedschaft wäre, dass Finnland unter die im Nato-Artikel 5 verankerte kollektive Verteidigung schlüpfen würde, heißt es in der Analyse. Zugleich würde ein möglicher Beitritt das Nato-Gebiet erheblich erweitern und die Landgrenze des Bündnisses zu Russland verdoppeln. Die Allianz würde so auch dichter an wichtige russische Gebiete wie die Halbinsel Kola und die Metropole St. Petersburg heranrücken. Und: Die Mitgliedschaft würde Finnland demnach nicht dazu verpflichten, die Stationierung von Atomwaffen, ständigen Stützpunkten oder Truppen zu akzeptieren.

Schweden wartet eigene sicherheitspolitische Bewertung ab

Die Nato-Diskussion ist in Finnland bereits weiter vorangeschritten als nebenan in Schweden. Dort wartet man eine eigene sicherheitspolitische Bewertung ab, die bis Ende Mai veröffentlicht werden soll. Nach Informationen der Zeitung «Svenska Dagbladet» hat sich die Parteiführung von Anderssons regierenden Sozialdemokraten aber bereits in der Nato-Frage entschieden. Anderssons Ziel sei es, den entsprechenden schwedischen Antrag auf dem Nato-Gipfel Ende Juni in Madrid einzureichen, berichtete die Zeitung. In der Vergangenheit hat sich die Partei gegen eine Nato-Mitgliedschaft ausgesprochen.

Die Regierungschefin bestätigte den Bericht nicht. Man müsse die Situation dahingehend analysieren, was am besten für Schwedens Sicherheit und die Bevölkerung sei, sagte sie stattdessen auf entsprechende Fragen.

© dpa-infocom, dpa:220413-99-906318/5