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Pandemie
WHO hebt Corona-Gesundheitsnotstand auf

Corona
Der Covid-Bereich am Sana Klinikum Offenbach. Foto: Sebastian Gollnow
Coronavirus - Japan
Menschen mit Mund-Nasen-Schutz in Tokio. Foto: James Matsumoto
Mehr als drei Jahre hat der Corona-Gesundheitsnotstand gedauert. Wenn das Virus auch weiter gefährlich ist: Die Welt ist aus Sicht der WHO in der Lage, damit fertig zu werden.

Genf. Die Corona-Pandemie gilt nicht mehr als internationaler Gesundheitsnotstand. Der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, verkündete in Genf die Aufhebung der höchsten Alarmstufe, die bei einer Bedrohung verhängt werden kann.

Seit mehr als einem Jahr sei die Pandemie auf dem Rückzug, sagte Tedros und verwies auf die gestiegene Immunität durch Impfungen und Infektionen. «Dieser Trend hat es den meisten Ländern erlaubt, zu einem Leben wie vor Covid-19 zurückzukehren.» Konkrete Auswirkungen hat die Entscheidung nicht, weil jedes Land für sich bestimmt, welche Schutzmaßnahmen es verhängt.

«Das bedeutet jedoch nicht, dass Covid-19 nicht mehr die globale Gesundheit bedroht», warnte Tedros. Er wies darauf hin, dass vorige Woche alle drei Minuten ein Mensch an den Folgen der Virusinfektion gestorben sei. Die WHO behielt sich trotz der Aufhebung des Alarms das Recht vor, einen neuen Gesundheitsnotstand auszurufen, falls eine sehr gefährliche Virus-Mutation auftreten sollte.

Dennoch folgte die WHO der Empfehlung eines unabhängigen Expertenausschusses, weil sie überzeugt ist, dass die Welt gute Werkzeuge hat, um die Menschen vor dem Virus zu schützen. Dazu gehören neben den Impfstoffen und Medikamenten auch Schutzmaßnahmen wie das Tragen von Masken oder das Abstand halten in Innenräumen. Allein das solidarische UN-Impfprogramm Covax hat einer Analyse zufolge bis Ende 2022 in Ländern mit niedrigen Einkommen 2,7 Millionen Menschenleben durch Corona-Impfungen gerettet.

«Einerseits ist dies ein Moment, den wir feiern sollten» sagte Tedros und würdigte die Anstrengungen von medizinischem Personal und Regierungen während der Pandemie, sowie die Entbehrungen der Weltbevölkerung. Andererseits sei es aber auch Zeit für eine ehrliche Rückschau.

Geschätzte 20 Millionen Corona-Tote

Als die WHO den Corona-Gesundheitsnotstand am 30. Januar 2020 ausrief, waren außerhalb Chinas rund 100 Infektionen in rund 20 Ländern bekannt und keine Todesfälle. Inzwischen wurden der WHO zufolge weltweit rund 765 Millionen Infektionen und gut 6,9 Millionen Todesfälle gemeldet. Die WHO geht davon aus, dass in Wahrheit mindestens 20 Millionen Menschen gestorben sind.

«Es hätte nicht so kommen müssen - das ist eine der größten Tragödien im Zusammenhang mit Covid-19», sagte Tedros. Menschen seien unnötig gestorben, weil Länder nicht rasch und fair zusammengearbeitet hätten, kritisierte er mit Blick auf die Schwierigkeiten, ärmere Länder mit Impfstoffen zu versorgen. «Wir müssen uns selbst, unseren Kindern und unseren Enkeln versprechen, dass wir diese Fehler niemals wiederholen», forderte Tedros.

Das Virus ist noch nicht besiegt

Wenn die WHO einen Gesundheitsnotstand ausruft, will sie Regierungen und die Öffentlichkeit aufrütteln, damit sie eine Bedrohung ernst nehmen und sich vorbereiten. Welche konkreten Empfehlungen oder Einschränkungen verhängt werden, entscheidet jedes Land für sich. Die WHO appelliert aber nach wie vor an Regierungen, nicht zur Tagesordnung überzugehen. Seit Monaten bittet sie, mehr Corona-Tests durchzuführen und Viren genetisch zu untersuchen. Nur so sei eine Übersicht über die Verbreitung möglicher neuer Varianten möglich.

Die WHO hat seit 2005 sieben Mal einen Gesundheitsnotstand ausgerufen - offiziell eine «gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite» (PHEIC - Public Health Emergency of International Concern). Der Corona-Notstand war der zweitlängste. Der längste gilt für Polio und besteht seit 2014. Seit Juli 2022 gilt auch eine Notlage wegen Affenpocken. Notlagen wurden auch wegen des Influenza-A-Virus H1N1 (2009-2010), wegen Ebola in Westafrika (2014-2016), Zika (2016) und Ebola in der Demokratischen Republik Kongo (2019-2020) ausgerufen.

© dpa-infocom, dpa:230505-99-574688/10