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«Verletzte Ehre»: 46-Jähriger gesteht Messerattacke auf Ex

Die Statue Justitia
Die Statue Justitia hält ein Waage in ihrer Hand. Foto: Peter Steffen/Archiv
Der blutige Streit eines syrischen Ehepaars beschäftigt das Landgericht Ravensburg: Die Frau hatte sich nach islamischem Recht scheiden lassen und neu geheiratet - doch ihr Ex-Mann wollte das nicht akzeptieren.
Ravensburg.

Ravensburg (dpa/lsw) - Ein 46-Jähriger hat vor dem Landgericht Ravensburg eine blutige Attacke auf seine frühere Ehefrau gestanden. «Ich habe etwas Falsches gemacht und bereue es sehr», sagte der aus Syrien stammende Asylbewerber am Dienstag. Er räumte ein, die getrennt von ihm lebende 38-Jährige im September 2018 in ihrer Wohnung mit einem Messer und einem Hammer angegriffen und schwer verletzt zu haben. Die Frau konnte durch eine Notoperation gerettet werden.

Die Anklage wirft dem Mann versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung vor. Motiv sei die verletzte Ehre des Mannes gewesen, da die 38-Jährige erneut geheiratet habe. Aus Sicht der Frau hatte sich das Paar nach islamischem Recht scheiden lassen - das wollte der 46-Jährige jedoch nicht akzeptieren. Die Scheidungspapiere seien gefälscht, sagte er zu Beginn des Prozesses.

Der 46-Jährige habe sich in seiner Ehre derart verletzt gefühlt, dass er den neuen Mann der 38-Jährigen habe töten wollen und auch ihren Tod in Betracht gezogen habe, sagte der Staatsanwalt. Dazu habe er Anfang September einen Hammer in der Nähe ihrer Wohnung vergraben. Rund zwei Wochen später sei er damit und mit einem Küchenmesser zu seiner Ex-Frau gefahren und über den Balkon in ihre Wohnung geklettert. Die 38-Jährige habe gerade die Windeln ihrer zweijährigen Tochter gewechselt, als ihr früherer Ehemann sie attackierte; sie erlitt unter anderem Stichverletzungen im Kopf und Oberkörper, zudem brach ihr Schädelknochen.

Der 46-Jährige bestritt vor Gericht die Tötungsabsicht. Mit Messer und Hammer habe er dem neuen Mann seiner Ex-Frau Angst machen wollen. In der Wohnung habe er allerdings nur seine Ex-Frau und die bei ihr lebenden Kinder angetroffen. Die 38-Jährige habe geschrien, danach wisse er nicht mehr, was geschehen sei. Als er nach eigenen Angaben wieder zu sich kam, habe er seine elfjährige Tochter gebeten, die Polizei zu rufen. Eine Streife nahm den Mann vor der Wohnung fest.

Erst im November 2018 hatte das Landgericht Ravensburg einen anderen Fall um verletzte Ehre verhandelt. Die Richter sprachen nach einem Messerangriff auf eine schwangere 17-Jährige deren Ehemann und ihren Bruder wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung schuldig. Der Mann der Muslimin wurde zu sechs Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt, der zur Tatzeit 20 Jahre alte Bruder nach Jugendstrafrecht zu siebeneinhalb Jahren in einer sozialtherapeutischen Einrichtung.

Anlass der Tat war demnach eine außereheliche Beziehung der jungen Frau. Im Februar sei die Situation in der elterlichen Wohnung in Laupheim bei Biberach dann eskaliert, so beschrieb es der Vorsitzende Richter. Nicht Eifersucht oder zurückgewiesene Liebe, sondern ein falschverstandener Ehrbegriff hätten den Ehemann aus Syrien, den sie nach islamischem Recht geheiratet hatte, schließlich zu einem Messer greifen lassen. Der aus dem Libanon stammende Bruder habe den Angriff fortgesetzt. Das Opfer überlebte schwer verletzt.