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Corona
Masken-Affäre: Mehr als vier Jahre Haft für Tandler

Steuer-Verfahren gegen Tandler
Die Angeklagte Andrea Tandler (M) steht zu Prozessbeginn vor wenigen Tagen an ihrem Platz im Gerichtssaal. Foto: Matthias Balk
Andrea Tandler verdiente mit Corona-Maskengeschäften spektakuläre Summen. Erst einmal hat sie davon aber nichts - sie muss in Haft.

München. In der Corona-Maskenaffäre ist die Unternehmerin und CSU-Politikertochter Andrea Tandler wegen millionenschwerer Steuerhinterziehung zu vier Jahren und fünf Monaten Haft verurteilt worden.

Gegen Tandlers mitangeklagten Geschäftspartner N. verhängte das Landgericht München I drei Jahre und neun Monate Haft. Bis zum Haftantritt kamen beide allerdings zunächst auf freien Fuß.

Provisionen nicht korrekt versteuert

Tandler ist Tochter des früheren CSU-Generalsekretärs und ehemaligen bayerischen Finanz-, Wirtschafts- und Innenministers Gerold Tandler. Sie hatte zu Beginn der Corona-Pandemie 2020 für einen Schweizer Maskenlieferanten Geschäfte mit verschiedenen Behörden des Bundes und der Länder vermittelt. Dafür kassierte sie Provisionen von fast 50 Millionen Euro - was an sich legal ist.

Verurteilt wurden beide nun, weil sie die Provisionen nicht korrekt versteuert und sich dadurch der Einkommens- beziehungsweise der Gewerbesteuerhinterziehung strafbar gemacht haben. Das Gericht ging in seinem Urteil am Ende von einem wirtschaftlichen Schaden von insgesamt 7,8 Millionen Euro aus.

Tandler war dabei nach Überzeugung des Gerichts die entscheidende Kraft - sie habe die maßgeblichen Geschäfte abgewickelt und dabei ihren Namen und ihre Kontakte ausgenutzt. «Selbstverständlich kam es genau auf den Namen an - nämlich auf den Namen Tandler», sagte die Vorsitzende Richterin Andrea Wagner in der Urteilsbegründung.

Tandler hatte sich damals unter anderem an eine alte Bekannte, die CSU-Europaabgeordnete und Strauß-Tochter Monika Hohlmeier, gewandt und so Kontakt etwa zum bayerischen Gesundheitsministerium bekommen.

Maskengeschäfte waren legal

Wagner stellte aber auch klar, dass es in dem Prozess allein um Steuerstraftaten gegangen sei. Dass «Kriegsgewinnler und Glücksritter» die staatliche Notlage in der Corona-Krise ausgenutzt hätten, möge zwar «in der Moralvorstellung einiger fragwürdig sein». «Für einen wirtschaftlichen Erfolg muss sich aber niemand schämen.»

Die Maskengeschäfte seien legal gewesen, die Angeklagten hätten einen Markt bedient. Strafbar werde es aber dann, wenn versucht werde, wegen eines «exorbitanten Geldsegens» angefallene Steuern zu drücken und zu vermeiden. Dies sei auch nicht durch eine edle Gesinnung zu rechtfertigen, durch die Maskenlieferungen Leben zu retten.

Deal mit der Staatsanwaltschaft

Dem Urteil vorausgegangenen war eine Verständigung zwischen dem Gericht und den Verfahrensbeteiligten. Mit dem Strafmaß bewegte sich das Gericht nun in der Mitte des dabei in Aussicht gestellten Strafrahmens, bei Tandler sogar knapp darunter.

Die Staatsanwaltschaft hatte für Tandler am Ende vier Jahre und neun Monate Haft und für N. vier Jahre gefordert. Die Verteidiger hatten auf Strafen am unteren Rand plädiert, das wären bei Tandler vier Jahre und drei Monate und bei N. drei Jahre und sechs Monate gewesen.

Am Ende hatten die beiden Angeklagten über ihre Verteidiger die ihnen zur Last gelegten Steuerhinterziehungsvorwürfe weitgehend eingeräumt - etwa auch die Tatsache, dass es ein gemeinsames Unternehmen der beiden erst einige Wochen später gab als ursprünglich behauptet. Darauf gründete der Vorwurf der Einkommensteuerhinterziehung gegen Tandler.

Darüber hinaus versteuerten beide ihre Millionen aus den Maskengeschäften nicht in München, sondern in Grünwald - dort ist im Vergleich zur Landeshauptstadt nur rund die Hälfte an Gewerbesteuern fällig. Allerdings war München damals der «Ort der Geschäftsleitung».

Zudem haben sie den entstandenen Steuerschaden mittlerweile gezahlt. Die Verfahren hinsichtlich Hinterziehung von Schenkungssteuer und Corona-Subventionsbetrug hatte das Gericht eingestellt - ersteres, weil eine Millionen-Schenkung von Tandler an N. rückabgewickelt wurde. Auch dadurch reduzierte sich die gesamte Hinterziehungssumme von anfangs 23,5 auf nunmehr 11,9 Millionen Euro; der wirtschaftliche Schaden verringerte sich von 15,2 auf nunmehr 7,8 Millionen Euro.

Dass es sich um ein «Beratungsversagen» gehandelt habe, wie es ein Verteidiger von N. der Steuerkanzlei der beiden Angeklagten zuletzt vorgeworfen hatte, diese Auffassung teilte das Landgericht nicht.

Noch auf freiem Fuß

Die Haftbefehle gegen die beiden Angeklagten wurden am Freitag gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt - dem hatte zuletzt auch die Staatsanwaltschaft zugestimmt. Damit kamen beide nach rund elf Monaten Untersuchungshaft bis zum Haftantritt zunächst auf freien Fuß.

Tandler, die unter gesundheitlichen Problemen leidet, wird sich nach Angaben ihrer Anwältin voraussichtlich erneut operieren lassen müssen. «Sie hat damit die Möglichkeit erhalten, ihre Krankheit so weit wie möglich auszukurieren, bevor sie ihre Haftstrafe antritt.»

Wann die beiden die Haft tatsächlich antreten müssen, blieb zunächst offen. Denn: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Beteiligten können Revision einlegen. Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Tandlers Verteidigung äußerten sich aber mindestens fürs erste zufrieden.

© dpa-infocom, dpa:231215-99-306794/5