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Drei Verdächtige ermittelt
Rechtsextreme Identitäre bedrängen «taz» und SPD-Zentrale

«taz»-Gebäude
Ins «taz»-Gebäude an der Friedrichstraße drangen mehrere Personen ein, griffen eine Mitarbeiterin an und brachten Plakate an. Foto: Paul Zinken
Die «taz», das ARD-Hauptstadtbüro, die «Frankfurter Rundschau» und die Zentralen von SPD und Grünen: Sie alle sind Ziel von Plakataktionen. Dahinter steckt nach eigenen Angaben die vom Verfassungsschutz beobachtete Identitäre Bewegung.

Berlin (dpa) - Mehrere Redaktionsgebäude und Parteiniederlassungen sind Ziel von Plakataktionen geworden, zu denen sich die rechte Identitäre Bewegung im Internet bekannt hat.

In Berlin waren am Montag die «tageszeitung» («taz»), die Zentralen von SPD und Grünen sowie das ARD-Hauptstadtbüro betroffen. Das bestätigten die Polizei und ein Sprecher der Grünen. Nach eigener Darstellung wollte die Identitäre Bewegung gegen eine Verharmlosung linker Gewalt protestieren. Fotos der Gruppierung auf Twitter sollen nach ihren Angaben auch Aktionen in weiteren Städten zeigen.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) führt die Identitäre Bewegung als Rechtsextremismus-Verdachtsfall. Dem BfV zufolge ist von einzelnen Mitgliedern bekannt, dass sie Kontakte in die rechtsextremistische Szene unterhalten. Auch gehörten demnach einige Führungsaktivisten zuvor rechtsextremistischen Organisationen an.

Die Berliner Polizei ging am Montag von einer konzertierten, politisch motivierten Aktion aus. Der Staatsschutz prüfe, ob es bei den Taten einen Zusammenhang gibt, sowie die Glaubwürdigkeit der Bekenntnisses der Identitären Bewegung, sagte ein Sprecher. In Frankfurt am Main verhinderten Polizisten eine Plakataktion der Identitären Bewegung am Redaktionsgebäude der «Frankfurter Rundschau», wie eine Polizeisprecherin sagte. Auch hier ermittelt der Staatsschutz.

Nach Angaben der Polizei sollen in Berlin sechs bis sieben Personen Plakate am «taz»-Haus angebracht und Flugblätter verteilt haben, eine Angestellte soll bedrängt worden sein. Der Staatsschutz ermittele wegen Hausfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung und eines möglichen politischen Hintergrunds, sagte eine Polizeisprecherin. Der «taz» zufolge versuchte die Gruppe, ein Plakat mit einem Foto des verletzten Bremer AfD-Landeschefs Frank Magnitz aufzuhängen. Laut Polizei versammelten sich kurze Zeit später Unbekannte vor der SPD-Zentrale und brachten dort ebenfalls Plakate an.

Die Berliner Polizei ermittelte drei Verdächtige: Bei den zwei Männern und einer Frau im Alter von 24, 27 und 31 Jahren handele es sich um Aktivisten einer «bekannten Bewegung», teilte sie mit. Zudem konnte der bei der Aktion benutzte Transporter gefunden werden.

In Frankfurt kontrollierten Beamte insgesamt acht Menschen, kurz bevor die eigentliche Aktion starten sollte, wie es hieß. Es werde wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz ermittelt, sagte die Polizeisprecherin.

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) verurteilte die Aktionen. «Dieser konzertierte Angriff zeigt, wie bedrohlich die Situation für die Kolleginnen und Kollegen mittlerweile ist», teilte die Bundesgeschäftsführerin der Gewerkschaft, Cornelia Berger, mit. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) erklärte, «diese bundesweite Attacke auf Parteien und Medien» zeige, dass den Identitären die Parteien und die freien und kritisch berichtenden Medien ein Dorn im Auge seien.

Die Identitäre Bewegung mit französischen Wurzeln ist seit 2012 auch in Deutschland aktiv. Sie wendet sich gegen «Multikulti-Wahn», «unkontrollierte Massenzuwanderung» und den «Verlust der eigenen Identität durch Überfremdung». Laut dem Verfassungsschutzbericht 2017 hat die Gruppierung hierzulande etwa 500 Mitglieder.