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NATURSCHUTZ
Landwirte kämpfen gegen Vorurteil

Auch Fritz Bäßler lässt Freiberg aufblühen.Foto: Andreas Becker
Auch Fritz Bäßler lässt Freiberg aufblühen. Foto: Andreas Becker
Immer mehr Landwirte säen Wildblumen auf Ackerstreifen aus und sorgen somit für Blühflächen, auf denen Bienen, Hummeln und Schmetterlinge ausreichend Nahrung finden.

FREIBERG/Ingersheim. Kornblumen, Klatschmohn, Ringelblumen, Sommerwicken, Inkarnatklee, Perserklee oder Tagetes – immer häufiger sieht man blühende Ackerrandstreifen und Wiesen. „Das blüht ja wie früher!“, ist von entzückten Spaziergängern zu hören und manch einer wundert sich, dass sich Blumen und Kräuter plötzlich die Flächen zurückerobern.

Von allein blüht es freilich nicht. Landwirte haben spezielle Wildblumenmischungen ausgesät. Sie wollen dem zunehmenden Insektensterben entgegenwirken und dazu beitragen, dass Bienen, Hummeln und Schmetterlinge wieder mehr Lebensraum erhalten. Und sie wollen gegen das Vorurteil ankämpfen, dass Bauern für die Natur nichts übrig hätten. Denn wenn von Insektensterben die Rede ist, werden im selben Atemzug oft konventionelle Landwirte als Schuldige genannt.

In Freiberg, in der Nähe des Geisinger Kreisels, haben Walter und Fritz Bäßler von einem Maisacker eine rund 300 Quadratmeter große Fläche abgezwackt und Wildblumen und Kräuter ausgesät. „Wir beteiligen uns mit dieser Wiese am BUND-Projekt ‚Freiberg blüht auf‘.“, berichtet Fritz Bäßler, der 2012 in den väterlichen Milchwirtschaftbetrieb eingestiegen ist. Den Anstoß habe Marcel Rückert vom BUND gegeben, der bei der Hauptversammlung des landwirtschaftlichen Ortsvereins für das Projekt warb. „Es ist schön, dass ein Naturschützer den Dialog sucht“, so Bäßler. Die Blütenmischung hat er vom BUND erhalten. „Das war unkompliziert, die Teilnahme an einem Förderprogramm für Landwirte ist aufwendiger“, so der Jungbauer. „Der Naturschutz soll sehen, dass wir keine Feinde sind, sondern die gleichen Ziele haben“, wünscht er sich. „Und ohne uns geht es nicht, weil wir die Flächen haben.“ Kein Verständnis hat er für Leute, die sich an Petitionen gegen das Bienensterben beteiligen, aber den eigenen Garten in eine Steinwüste verwandeln. „Wenn jeder Gartenbesitzer eine kleine Blühinsel anlegen würde, würde das schon viel bringen“.

Familie Jaiser vom Freiberger Beerenhof wollte sich eigentlich auch am BUND-Projekt beteiligen. „Doch wetterbedingt hat es zum Aussaattermin nicht gepasst, da hatten wir mit unseren Beeren zu viel zu tun“, so Rolf Jaiser. „Nächstes Jahr wird es dann blühende Ackerstreifen entlang unserer Erdbeerfelder geben. Die Infotafeln für die Spaziergänger sind schon fertig“.

Auch der 22-jährige Martin Weissinger, der gemeinsam mit seiner Mutter Birgit einen Milchvieh- und Ackerbaubetrieb in Heutingsheim führt, hat insgesamt über tausend Quadratmeter blühende Ackerstreifen an Mais- und Zuckerrübenfeldern angelegt. Das Saatgut für die Blühstreifen an den Rübenackerflächen hat er von der Südzucker AG erhalten, die eine große Aktion mit ihren Rübenanbauern gestartet hat. „Es soll gezeigt werden, dass wir uns für Artenvielfalt am Ackerrand einsetzen“, so Weissinger.

Karl Seitz aus Ingersheim beteiligt sich auch an der Südzucker-Aktion, zudem am Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT). Der Acker- und Obstbauer ist für zahlreiche blühende Flächen verantwortlich. Bienen und Hummeln sind zwischen Klee und Kornblumen, Bienenweide und Sonnenblumen ebenso zu Hause wie Heuschrecken und Schmetterlinge. Die Blumen und Kräuter bescheren ihnen einen reich gedeckten Tisch. Auch bieten die Streifen Fuchs, Hase und Igel Rückzugsorte. „Unsere Streuobstwiesen mähen wir erst ab, wenn sie ausgeblüht sind“, sagt der Landwirt, der darauf hinweist, dass einige weitere Ingersheimer Landwirte sehr viel zu den Blühwiesen und -streifen an den Äckern beitragen.