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Auf der Suche nach dem Glück

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Die sechs Schauspieler gehen in Form einer therapeutischen Familienaufstellung auf die Suche nach dem Glück.Foto: Oliver Bürkle
Regisseur Alexander Ilic bringt mit „Aufgestellt“ sein erstes eigenes Stück auf die Bühne – Die Welt der Selbstfindung

Ludwigsburg. „Führt die Suche nach dem Glück nicht eher ins Unglück? Reicht es nicht, wenn ich lebe?“ Mit Alexander Ilics erstem selbst geschriebenen Stück „Aufgestellt“ nahm das Theater „360 Grad“ sein Publikum im ausverkauften Schlosskeller mit in die Welt der Esoterik und der Therapie. Der Stuttgarter Ilic hat in Kooperation mit dem Marbacher Kulturverein „Südlich vom Ochsen“ als Regisseur schon mehrere Stücke auf die Bühne gebracht. Für „Aufgestellt“ ernteten die sechs Schauspieler stürmischen Applaus.

 

Was ist Glück? Mit dieser Frage hat sich der Regisseur einem großen Thema gewidmet. In einer boulevardesken Revue von Szenen aus der Selbstfindung und Esoterik spielt „Aufgestellt“ in einer therapeutischen Familienaufstellung. Bernhard (Thomas Brune), Angela (Corie Nagel), Lilli (Aline Schaupp), Carolina (Katja Schermaul) und Günther (Andreas Nagel) suchen bei der Therapeutin Sybilla (Désirée Schweizer) Ursachen für persönliche Probleme im System Familie. Fünf sich fremde Menschen mit unterschiedlichen Vorgeschichten werden in einer Gruppe zusammengeführt.

 

Der 61-jährige Bernhard zum Beispiel kommt aus einer glücklichen Ehe, kann sich aber nicht erklären, warum er in seinen Träumen immer wieder seine Frau erwürgt. Die Kinder sind aus dem Haus, das Paar genießt Fernsehabende und schicke Urlaube. Vielleicht hat Bernhard Alpträume, weil er nicht alleine in den Baumarkt darf: „So eine Terrakottawand wäre schön, aber dafür bist du zu dumm.“

 

„Meine Frau und ich funktionieren ganz toll“, berichtet Günther der Therapeutin. „So dreimal in der Woche nehme ich sie und will sie küssen, spucke sie dann aber an und würge sie.“

 

Mit Bernhard thematisiert Alexander Ilic einen Ehemann, der tyrannisiert und unterjocht wird. Bernhard könnte „die Chance seines Lebens“ ergreifen und mit einer, die er schon lange heiß begehrt, einen Neustart wagen. Szenarien werden gesponnen. Die Neue könnte auch „lesbisch und verheiratet“ sein. An dieser Stelle heult die Therapiegruppe auf der Bühne alles aus sich heraus, was sie kann. „Heulen reinigt Augen und Seelen“, befiehlt die Therapeutin.

 

Wie die anderen Schauspieler, so macht auch der verzweifelte Ehemann dem Publikum die Intention des Autors und Regisseurs deutlich: vor lauter Beschäftigung mit sich selbst soll es das Leben nicht vergessen. Bernhard möchte wissen, wie Sybilla ihre anstrengenden Gruppensitzungen mit problematischen Leuten bewältigt. Ganz einfach, sagt Sybilla: „Danach gehe ich meist etwas essen und masturbiere ein bisschen.“

 

Mit Angela und Carolina wird eine Mutter-Tochter-Beziehung aufgestellt, in der die Tochter unterjocht wird. „Warum reden die Menschen nicht miteinander, warum muss ich mein Schicksal hier aufarbeiten?“, fragt die Tochter. Bernhard kommt derweil auf den Trichter, dass er sich wohl erst einmal zugestehen müsse, glücklich sein zu dürfen. Doch: „Ist die Suche nach dem Glück nicht das Unglück selbst?“ Wie soll Bernhard denn noch Geld verdienen, wenn er seine ganze Zeit mit der Suche nach dem Glück vertreibt?

 

„Neue Gruppe, neues Glück“, wirbt eine Stimme aus dem Off für die nächste Therapie. „Was wäre, wenn das Glück ganz einfach wäre? Lächeln Sie doch mal ihren Nebenmann an“, ruft die Stimme ins Publikum. Und wieder beginnt eine Therapiegruppe die Suche nach sich selbst und dem Glück mit der Ausgangsfrage „Wo sind wir denn hier?“

 

Das Stuttgarter Amateurtheater „360 Grad“ hatte übrigens bei den Proben für „Aufgestellt“ eine echte Therapeutin an der Seite, die damit leben kann, dass sich eine Theatertruppe über eine Therapieform lustig macht. In der Gruppe wurden auch richtige Familienaufstellungen gemacht. Was da genau passiert ist, wurde aber nicht verraten.