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Bürgerinitiative will gegen Müllgebühren klagen

Die Nachsorgekosten – etwa auf der Deponie Burghof – treiben die Müllgebühren in die Höhe. Der IMLB will jetzt dagegen klagen. Archivfoto: Werner Kuhnle
Die Nachsorgekosten – etwa auf der Deponie Burghof – treiben die Müllgebühren in die Höhe. Der IMLB will jetzt dagegen klagen. Foto: Werner Kuhnle
Der Initiativkreis Müllgebühren Ludwigsburg – kurz IMLB – bereitet eine Normenkontrollklage gegen die im Januar vom Kreistag per Satzung beschlossene Tariferhöhung um durchschnittlich 13,7 Prozent vor. Im Vorgriff auf die Klage ruft der IMLB die Haushalte jetzt dazu auf, Widerspruch gegen ihre Gebührenbescheide einzulegen. Das ist fristwahrend nur noch bis zum 25. März möglich.

Kreis Ludwigsburg. Nach ersten Konsultationen der renommierten Stuttgarter Anwaltskanzlei Quaas und Partner rechne man sich gute Chancen aus, erneut eine Musterklage gegen die vom Kreistag beschlossenen Müllgebühren zu gewinnen, sagt IMLB-Sprecher Dr. Wolfgang Appel. Zu dem strittigen Passus des Kommunalabgabengesetzes, auf den sich Landratsamt und Kreistag – gestützt auf zwei Rechtsgutachten – zur Begründung der Gebührenerhöhung bezogen hatten, gebe es seit Jahren keine aktuelle Rechtssprechung mehr. „Da besteht eine Grauzone“, erläuterte Appel den Beratungsstand. Er spricht von „erheblichen Zweifeln“ an der Rechtmäßigkeit der neuen Gebühren. Hier wolle man mit der Klage Klarheit schaffen.

Die vom IMLB hinzugezogene Fachkanzlei zählt unter anderem das kommunale Abgabenrecht zu ihren Spezialgebieten und hat den IMLB bereits Ende der 1990er Jahre bei den beiden erfolgreichen Normenkontrollklagen gegen den Kreis im Zuge des AVL-Skandals vertreten. Damals musste der Landkreis den Gebührenzahlern Geld zurückerstatten. Quaas werde jetzt Akteneinsicht beim Landratsamt verlangen und die Klage auf dieser Basis vorbereiten, so Appel. Um die Prozesskosten bestreiten zu können, sei die Bürgerinitiative allerdings – wie bereits bei den Verfahren im Zuge des AVL-Skandals – auf Spenden angewiesen.

Materiell geht es in dem Streit um die massiv gestiegenen Nachsorgekosten auf den Mülldeponien Burghof bei Horrheim und Lemberg bei Poppenweiler. Hier hatten neue Gutachten – wie mehrfach berichtet – im Sommer 2020 ergeben, dass im Bereich der Altlastensanierung und Rekultivierung der Kreisdeponien in den nächsten 25 Jahren ein noch offener Finanzbedarf von 92 Millionen Euro besteht.

Die vom Kreistag beschlossene Gebührensatzung bürdet diese Nachsorgekosten in Gänze den Gebührenzahlern – also Haushalten und kleinerem Gewerbe – auf, obwohl für die in den alten Deponien tickende chemische Zeitbombe zu einem Großteil alte und teils hoch belastete Industrieabfälle mitverantwortlich sind. Doch die Wirtschaft wird ihren Müll heute weit überwiegend bei privaten Entsorgern los und kann daher nicht über eine kommunale Gebühr für ihr giftiges Erbe in Mithaftung genommen werden. Unabhängig vom Ausgang des juristischen Streits steht daher die politische Frage nach der Gebührengerechtigkeit im Raum. Beantworten könnte sie der neue Landtag durch eine Neufassung des Abgabenrechts, möglicherweise – und abhängig von der Auslegung eines Satzungsvorbehalts im strittigen Paragrafen des Kommunalabgabengesetzes – aber auch der Kreistag.

Einstweilen ruft der IMLB die Gebührenzahler dazu auf, vorsorglich Widerspruch gegen ihre Gebührenbescheide einzulegen. Appel unterstreicht, dass im Falle einer erfolgreichen Klage nur diejenigen einen gesicherten Anspruch auf eine Rückerstattung ihrer Gebühren hätten, die dem Bescheid rechtzeitig widersprochen haben. Maßgeblich ist dafür der Tag der Fälligkeit der Gebühren. Einsprüche müssen deshalb bis 25. März beim Landratsamt vorliegen. Ein solcher Widerspruch hat allerdings keine aufschiebende Wirkung – die vom Landkreis in Rechnung gestellte Gebühr muss also trotzdem bezahlt werden. Umgekehrt ergibt sich daraus aber: Widerspruch kann bis dahin auch noch von denen erhoben werden, die ihre Rechnung bereits beglichen haben.

Das Landratsamt ließ wissen, dass es Widersprüche jetzt nicht zurückweisen, sondern „bis zu einer gerichtlichen Entscheidung zurückstellen“ werde. Sollte auch die jetzt avisierte, dann dritte Klage des IMLB erfolgreich sein, müsse der Kreistag entscheiden, ob davon nur die Haushalte profitieren würden, die ihrer Gebührenrechnung widersprochen haben, oder ob alle Gebührenbescheide nachträglich kassiert würden.

Internet: www.imlb.de