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Bürgermeisterwahl: Es ist Zeit für die Entscheidung

Anfang Dezember hätte kaum jemand damit gerechnet, dass der Kampf um den Marbacher Bürgermeistersessel so spannend und vor allem so emotional wird. In der Kleinstadt ist einiges in Schieflage geraten.

Marbach. Es wird jetzt höchste Zeit, dass eine Entscheidung fällt.“ Geht es um die Bürgermeisterwahl, ist es dieser Satz, der in den zurückliegenden Tagen am häufigsten fällt. Viele Menschen haben – unabhängig davon, wie nahe sie an den Kandidaten oder deren Umfeld dran sind – genug von Leserbriefschlachten oder Nickligkeiten in den sozialen Medien. Vor allem aber stört sie, dass die Frage, in welchem Ausmaß Stadträte für den einen oder den anderen Kandidaten werben dürfen, zuletzt im Zentrum des Wahlkampfs zu stehen schien.

Die unterschiedlichen Präferenzen auf der Ebene des Gemeinderats – CDU, Grüne und zwei SPD-Räte auf der Seite von Herausforderer Timo Jung, vier Sozialdemokraten sowie ein Puls-Rat auf der Seite von Amtsinhaber Trost –, vor allem aber die Formen der öffentlichen Bekenntnisse, haben einen großen Teil dazu beigetragen, dass in diesen Wahlkampf mehr Emotionalität hineingekommen ist, als dem Wahlsieger hinterher guttun wird – egal, wie er heißt. Denn es dürfte jede Menge Energie und Zeit kosten, die Verwerfungen zu kitten und wieder eine tragfähige Arbeitsbasis im Gremium zu schaffen. Zeit und Energie, die besser in anstehende Projekte oder die Bewältigung der (finanziellen) Pandemiefolgen investiert wären.

Die Gegner Trosts im Gemeinderat werden sich in ihrer Manöverkritik fragen müssen, ob es klug war, sich nach den offiziellen Erklärungen der jeweiligen Fraktionen pro Jung noch einer Unterstützeranzeige für den Herausforderer anzuschließen und sich zu seiner Wahl zu bekennen. Es ist zwar absolut legitim, dass Stadträte ihre Meinung öffentlich vertreten, ob diese Form aber die richtige war, müssen die Betroffenen rückblickend für sich entscheiden.

Fest steht, dass diese Anzeige den Wahlkampf entscheidend befeuert hat. Zum einen positiv, weil sich darüber in der Bürgerschaft eine politische Diskussion entwickelte, zum anderen negativ, weil manche Reaktionen übers Ziel hinausschossen. Auseinandersetzungen wurden verletzend, gingen ins Persönliche, das war in vielen vertraulichen Gesprächen zu hören.

Und nur mit aufgeheizten Emotionen lässt sich die Aktion der Trost-Unterstützer in der SPD-Fraktion erklären, die knapp eine Woche nach der Niederlage des 45-Jährigen im ersten Wahlgang mit Pappschildern um den Hals in der Fußgängerzone einen offenen Brief verteilen, in dem sie die Arbeit des Amtsinhabers loben. Das allein ist ebenso legitim wie eine Unterstützeranzeige, allerdings schoss die offene Aufforderung, Trost zu wählen, deutlich übers Ziel hinaus.

Doch die Aktion wird zum PR-Desaster, weil bei der Stadtverwaltung keine Genehmigung dafür eingeholt wurde. Stadträte, die zusammen um die 100 Jahre kommunalpolitische Erfahrung auf die Waage bringen, aber nicht wissen, dass das Verteilen von Flugblättern genehmigungspflichtig ist, dürfen sich nicht wundern, wenn nun ihre Reputation auf dem Spiel steht.

Doch nun haben endgültig die Bürger das Wort und mit Blick auf den Wahlsonntag übermorgen rücken zwei Aspekte in den Mittelpunkt: Der Wunsch nach einer höheren Wahlbeteiligung als im ersten Wahlgang, bei dem nur die Hälfte der Wahlberechtigten an die Urnen ging. Rund 5000 Menschen stimmten am 24. Januar ab, Marbach hat mehr als 15000 Einwohner: Etwas mehr Legitimierung hätte der künftige Bürgermeister schon verdient.

Und: Je größer der Vorsprung am Ende für den Gewinner ist, desto eher ist es vielleicht möglich, die erhitzten Gemüter zu beruhigen und zu wesentlichen Themen der Kommunalpolitik zurückzukehren.