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Erster Weltkrieg und Fronterlebnisse
Der Krieg

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Eine Zeichnung von Oscar Paret, die er bei seinem Einsatz an der Westfront angefertigt hat.

Geschützdonner und Krieg beherrschen den Alltag an der Westfront. Immer wieder berichtet Oscar Paret von Einzelschicksalen und den Grabenkämpfen. In all dem Lärm ist oft ungewiss, wann eine Granate einen Gefechtsstand trifft.

Ludwigsburg. 1. Juli 1915

Artilleriekampf im Münstertal. Abends wird der Hartmannsweiler Kopf beschossen. Man sieht Explosionen und die turmhohen Rauchwolken. Zeitung. In der Laube. Kontrollgang. Geschlafen 2–6 Uhr.

 

11. Juli 1915

Die Kirche brennt. „Die Glasmalereien erstrahlen in schönsten Farben. Aber mit steigender Hitze im Innern beginnt die Bleifassung zu schmelzen, hier fällt ein Gesicht, dort ein Gewandstück oder eine Hand einer Heiligen heraus, und bald ist nur noch das grobe Netz der Eisenstäbe zu sehen. Dann steht der ganze Dachstuhl in Flammen.“

 

5. Oktober 1915

„Bei Tage sind wir zwischen die Lehmwände des Grabens gebannt und nur gelegentlich kann man hinter einem Grasbusch oder Erdaufwurf einen flüchtigen Blick in das sonnige Land tun. Na! Granate neben unserem Unterstand wirft Erde durch den Lichtschacht ans Fensterchen vor mir. Das war ein Krach. Jetzt ein Blindgänger. Es gibt auch Stunden, in denen der Geschützdonner und das Krachen der explodierenden Granaten nicht aufhört und der Boden beim Einschlag der Minen weithin erbebt. Dann fliegen Pfosten und Bretter turmhoch in die Luft und fallen prasselnd zurück, und darunter tief in der Erde sitzen die Feldgrauen. Die Luft füllt sich mit Staub und Rauch.“

 

16. November 1915

„Dann war die Schweinerei da. D. am Hinterkopf Splitter, blutbedeckt, den anderen verbanden wir, nach Volltreffer im Lichtschacht. Dann Schäden in der Stellung besichtigt.“

 

17. November 1915

„Nachts ein frz. Posten im Trichter vor uns. Angeschossen. Er jammert.“

 

18. November 1915

„Um 3 Uhr Appell in Gasmasken. Kaffee. Zeitung. Vor 6 bekommt Posten B. schweren Kopfschuss. Nachtessen. 9–11 Dienst. Schwere Schießerei der Posten. Mit H. im Graben bis 12 Uhr gesprochen.“

 

29. November 1915

„3.30 Uhr beginnt unsererseits ein Überfall. Artillerie, Mörser, Minenwerfer. Die Franzosen erwidern energisch. Bis gegen 6 dauert der Kampf. Eine Granate schlug ein. Plötzlich Nacht. Mir fliegen ein paar gefrorene Erdbollen auf den Rücken, der Luftdruck wirft mich hinab.“

 

12. Februar 1916

„Plötzlich ein Knall und ein Körper fliegt durch die Luft. Dann kam Leutnant B. an der Hand verwundet zurück und schickte mich hinaus. Den guten D. hatte eine Tretmine zerrissen. Wir zogen den zerfetzten Körper in eine Furche zurück und banden ihn in ein Zelttuch.“

 

14. April 1916

„Ein Volltreffer im Graben tötet W., R. und K. Ein weiterer schwer verwundet, stirbt abends. Wie tut das weh. Die lieben Kameraden tot zu sehen und so scheußlich zugerichtet. Nach dem Essen auf der Pritsche gelesen und von 2–3 Uhr geschlafen. Abends Fotos von daheim angesehen und Leidensgeschichte gelesen.“

 

27. Mai 1916

„Einer der unsrigen, schwer verwundet, stirbt. Bald nach 10 Uhr flaut das Schießen rasch ab. Handgranaten und Schießerei im Schönholz. Die Franzosen haben scheint’s große Verluste, 30–40, viele verschüttet.“

 

8. Juli 1916

„Um 4 Uhr Armierungsarbeiten in Stellung. Unterstände. Wald sieht fürchterlich aus. In der Kompanie fünf Tote und sechs Vermisste. 3 tote Franzosen.“

 

19. Februar 1917

„Um 5 – ich war vorn in der Stellung – beginnt frz. Minen- und Artilleriefeuer. Nachher in Wache 4. Offiziersstellvertreter H. kommt durch den Graben gesprungen und ruft: Gefechtsbereitschaft! Da trifft ihn am Eingang eine Granate am Kopf. Der Liebe! Und seine Frau mit sieben Kindern. Gegen 8 Uhr lässt das Feuer nach.“

 

20. Februar 1917

„Welch herrlicher friedlicher sonniger Tag. Und gestern Abend nur Tod und Zerstörung. Ach Herr, wie lange noch. Der schreckliche Krieg! “

 

18. Februar 1918

Klarer Frosttag. Feindlicher Flieger wirft Bomben an die Bahn. Etliche Verluste. ... Aufstellung auf dem Marktplatz, Punkt 10 kommt Generalfeldmarschall von Hindenburg und Herzog Albrecht im Auto und geht die Front der Abordnungen entlang. Man ist sich der Größe des Augenblicks gar nicht recht bewusst. Man ist durch den langen Krieg mit all dem Großen, was er brachte, doch recht abgestumpft. Bald wird der letzte große Entscheidungskampf beginnen. Wo? Niemand weiß es. Aber man hofft, dass der Durchbruch gelingt.“