1. Startseite
Logo

Die Ausflucht kommt mit Augenzwinkern

Mut zum starken Look: Daphne und Mo von Klangkrise.Foto: privat
Mut zum starken Look: Daphne und Mo von Klangkrise. Foto: privat
Mit vier weiteren Songs nehmen Klangkrise Anlauf für das erste Album und erarbeiten ein neues Live-Konzept

Kornwestheim. Tanzbar muss es sein, da gehen Klangkrise keine Kompromisse ein. Während des Lockdowns sahen sich Daphne und Mo einmal mehr darin bestätigt, als sie sich an „Wohnzimmerversionen“ ihrer Songs, mit Klavier statt Beats, versuchten – mit überschaubarem Erfolg, wie die Sängerin erklärt: „So ganz überzeugt sind wir davon selbst nicht“, sagt sie. „Das verwässert einfach unsere klare Richtung.“ Und die lautet: Die „Leitplanken“ der einst in den Achtzigern losgerollten Neuen Deutschen Welle (NDW) – Punk und New Wave – sind zentral, stets muss der für Klangkrise typische Spagat zwischen ohrwurmfähigen Melodien und tanzbaren Rhythmen gegeben sein. Das passt zum großen Thema der Band, dem Partymachen – auch wenn in den Songtexten bisweilen tiefgründigere Gedanken formuliert werden.

In den vergangenen Monaten war das Neo-NDW-Duo, das seinen Proberaum in der Nähe des Kornwestheimer Bahnhofs hat, produktiver denn je: Eine Single nach der anderen wurde veröffentlicht, ob „Kein Empfang“, „Kollektiv der Liebe“, „Ich bin alle“ oder „Friss meinen Bass“, regelmäßig gab es neues Futter auf den digitalen Kanälen. Mit der Coronakrise hatte das allerdings nur am Rande zu tun, denn der lange Anlauf für das erste Album des Künstlerkollektivs, das im kommenden Jahr erscheinen soll, war schon zuvor geplant. Die Konzentration auf das Wesentliche ist jedoch in dieser Zeit sicher etwas leichter gefallen.

Wie immer zeichnen sich die neuen Songs durch freche deutsche Texte aus. „Mindset ist wichtig / Jetset ist wichtig / Status ist wichtig / wichtig ist wichtig. / Hör mir zu, ich sag’ dir was: / Wichtig ist nur der Bass“, singt Daphne in „Friss meinen Bass“. Textlich sei der Song ein Ausreißer, sagt sie. Im Kern geht es mal um ernstere Dinge, nämlich die Frage: Was zählt eigentlich im Leben? Auch wenn als Antwort nur eine Ausflucht mit Augenzwinkern bleibt. Es gehe um „Bullshit-Bingo im Business-Bereich“, bei dem am Ende eigentlich auch alles egal ist – bis auf den Bass.

Ebenfalls eher ungewöhnlich ist „Kollektiv der Liebe“: „Aus der Ferne siehst du uns mit bunten Fahnen / Wir singen unser Lied in allen Sprachen / Wir kennen kein Geschlecht und keine Rassen / Wir ziehen als Kollektiv der Liebe durch die Straßen“, heißt es darin. 2019 waren Klangkrise beim Christopher Street Day in Frankfurt, eine Veranstaltung, mit deren Werten sie sich gut identifizieren könnten, wie Daphne betont – etwa, dass man nicht „normal“ sein müsse, um akzeptiert zu werden.

Klangkrise, die sich gerne als Künstlerkollektiv bezeichnen, weil viele Freunde im Hintergrund – etwa an den Videos – beteiligt sind, wollen im nächsten Jahr auch wieder touren, wenn es die Situation zulässt. Dafür arbeiten sie an einem neuen Livekonzept. Statt der starren Showlastigkeit mit Halb-Playback sollen künftig ein Videojockey und DJ in einer Person sowie ein Schlagzeuger und vielleicht auch noch ein Bassist dabei sein. Sie versuchen, flexibler zu werden, aufs Publikum eingehen zu können. „Wir wollen mehr Freiheiten auf der Bühne schaffen.“ Was wohl bleiben wird, ist: Keyboarder Mo, der nicht spricht, aber singt, trägt wie üblich seine „Space-Burka“, Daphne agiert mit markantem Pony-Bob und weißem Gewand, auf das schrille Videos projiziert werden.

Bevor 2021 das neue Album mit bis zu zehn Songs erscheint, kommt im Herbst die nächste Single heraus – „Berlin“ wird sie heißen und eine Erinnerung an eine schöne Zeit sein, schließlich hat Daphne dort ihre Studienzeit verbracht. Zudem sind Klangkrise rund um die Bundeshauptstadt sowie in der Leipziger Region sehr beliebt. „Der Song wird aber vor allem eines sein“, verspricht Daphne. „Tanzbar.“

Internet: youtube.de/klangkrise