1. Startseite
Logo

Die Beeren werden wie rohe Eier behandelt

Wengerterin Tanja Müller-Heinrich schneidet die Sauvignon-Blanc-Trauben vom Stock. Schwager David Müller begutachtet die sorgfältig gefüllten Kisten und der elfjährige Sohn Jonas Müller unterstützt als Lesehelfer.Fotos: Alfred Drossel
Wengerterin Tanja Müller-Heinrich schneidet die Sauvignon-Blanc-Trauben vom Stock. Schwager David Müller begutachtet die sorgfältig gefüllten Kisten und der elfjährige Sohn Jonas Müller unterstützt als Lesehelfer. Foto: Alfred Drossel
350_0900_27217_ne_wl4.jpg
350_0900_27218_ne_wl1.jpg
Ein Dutzend Wengerter haben gestern im Neckartal die diesjährige Weinlese gestartet und die ersten Sauvignon-Blanc-Trauben geerntet. Das ist ein sehr früher Beginn. Regen und nächtliche Frische der vergangenen Tage haben den Trauben bei der Aromabildung gut getan.

Gemmrigheim/Hessigheim. Die Weinernte hat mit dem Lesen der Premiumsorten begonnen. Dazu werden bei der Felsengartenkellerei für die Edition „Schwarzer Rappe“ weiße Trauben der Rebsorte Sauvignon Blanc gebraucht. Rund 10000 Kilogramm dieser Trauben wurden gestern von etwa einem Dutzend Wengerter und ihren Lesehelfern in den Weinbergen von Gemmrigheim und Hessigheim geerntet.

Die Gemmrigheimer Wengerterin Tanja Müller-Heinrich schwärmte von ihren Sauvignon-Trauben. Die Frühlese bringe vor allem vegetative, kräftige Aromen, die von Schwarzer Johannisbeere über Stachelbeere bis hin zu Brennnessel und Buchsbaum reiche. Eine spätere Lese bringe der Rebsorte eher eine exotische Note. Tanja Müller-Heinrich hatte beobachtet, dass die Beeren nach dem Regen voller sind als vorher. Allerdings seien auch einige schon geplatzt. Das sei aber nicht nachteilig, wenn sie schnell gekeltert würden.

Tanja Müller-Heinrich und ihre ganze Familie waren gestern schon frühmorgens in den Niedernberg bei Gemmrigheim und später in den Hessigheimer Felsengarten ausgerückt. Unterstützt wurde die Vollblut-Wengerterin von ihrem Mann Frank und einigen Lesenhelfern. Morgens war es noch frisch und feucht im Weinberg. Doch im Laufe des Tages entwickelte sich das Wetter freundlich für die Traubenleser. Etwa die Hälfte des Behangs im Weinberg wurde gestern für den Premiumwein „Schwarzer Rappe“ gelesen. Die andere Hälfte darf noch drei Wochen am Stock weiter reifen. Mit den gemessenen 80 Oechslegrade ist Tanja Müller-Heinrich zufrieden.

Zufrieden zeigte sich auch Sebastian Häußer, Kellermeister der Felsengartenkellerei. Am morgigen Mittwoch will er die große Traubenannahme in Hessigheim in Betrieb nehmen. Dann geht es nach und nach mit den Frühsorten weiter. Die Hauptlese werde wohl zwischen dem 10. und 15. September beginnen, vermutete Häußer. Die Trauben für Premiumweine werden bei der Felsengartenkellerei seit Jahren nicht in Butten gefüllt, sondern in grau-rote Kunststoffkisten. Sowieso werden die Trauben so sorgsam behandelt wie rohe Eier. In der Kellerei werden die Beeren in der Hightechanlage sortiert – Infos dazu stehen im Zweittext rechts.

In den Weinbergen der Weingärtner Stromberg-Zabergäu will man sich noch etwas Zeit mit der Lese lassen, betonte Vorstandsvorsitzender Jürgen Conz auf Anfrage. Am Freitag habe eine Weinbergrundfahrt stattgefunden. Die Expertenrunde sei der Meinung gewesen, dass der Gesundheitszustand der Trauben recht stabil sei. Beim gemessenen Mostgewicht „ist noch Luft nach oben“, sagte Conz. „Also lassen wird die Trauben noch hängen.“ Morgen würden ein paar Trauben für süßen Traubensaft gelesen. Mehr nicht. Wenn sich die Lage im Weinberg nicht nachteilig verändere, teilte Conz mit, rechnet er mit dem Lesebeginn der Frühsorten Mitte nächster Woche. Reifegrad und Mostgewichte entwickelten sich lokal sehr unterschiedlich. Schuld daran seien die Frostschäden und die Wasserversorgung bei der Trockenheit.

Sauvignon Blanc gilt als exotischer Württemberger. Die Rebe ist hauptsächlich im Südwesten Frankreichs verbreitet, wo sie im Jahre 1710 erstmals urkundlich erwähnt wurde. In Württemberg wird Sauvignon Blanc seit Anfang dieses Jahrtausends wieder angebaut. Sauvignon Blanc bevorzugt magere und trockene Böden, zu warmes Klima schadet der Frische und der Frucht des Weines.