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Die Fichte ist bald ein Auslaufmodell

2017 war die Fichte Baum des Jahres. Archivfoto: dpa/Monika Skolimowska
2017 war die Fichte Baum des Jahres. Foto: dpa/Monika Skolimowska
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Unterhalb von 20 Zentimetern ist der Boden knochentrocken – Grundwasserneubildung geht zurück– Hoffnung auf die Buche

Kreis Ludwigsburg. Auch wenn es jetzt wieder trocken und sonnig ist – den ganzen Januar hat es gefühlt geregnet oder geschneit und es lag mehrmals und sogar tagelang Schnee. Hat das für den trockenen Wald und die dürstenden Bäume gereicht?

„Ja und nein“, sagt Dr. Michael Nill, Leiter des Fachbereiches Wald im Landratsamt Ludwigsburg. Man müsse das Problem differenziert betrachten. Büschen, Blumen und den jungen Bäumen hat der nasse Januar sehr gut getan, vor allem in den Regionen, wo es sehr trocken war. Diese Pflanzen wuzeln nicht so tief und so wurden sie gut mit Wasser versorgt, vor allem durch den Schnee, der peu à peu im Boden versickerte.

„Die Frage ist aber, wie tief geht das?“, so Nill. Und in den tieferen Erdschichten sehe es nicht ganz so gut aus: „Ich schätze, wir haben Feuchtigkeit bis in 20 Zentimeter Bodentiefe.“ Davon profitieren die kleinen Bäume, aber die älteren Exemplare wurzeln tiefer, und da sei es immer noch knochentrocken. Immerhin herrschte bereits drei Jahre Dürre, die Schicht zwischen Oberboden und Grundwasser sei trocken. Und das seien die älteren Bäume nicht gewohnt.

Auch in den 70er- und 90er Jahren habe es mal trockene Jahre gegeben, dann seien aber immer Regenjahre gefolgt. Es brauche also immer noch wochenlangen Dauerregen, um das Defizit auszugleichen. „In der Zeit zwischen 1951 und 2019 ist die Grundwasserneubildung um 20 Prozent zurückgegangen. Das ist erschreckend“, sagt Nill. Das Grundwasser fehle, weshalb sich die angespannte Situation so schnell nicht auflösen werde. Man sehe im Wald auch längst nicht mehr so viele Hungerbächle wie noch im Jahr 2000: „Hungerbächle sprudeln im Wald nur im Winter“, erklärt Nill. Vor allem Fichten und Buchen macht die Trockenheit zu schaffen, Eichen kommen besser damit klar, da sie tiefer wurzeln und aus mediterranem Gebiet stammen.

Was also tun? Seit 2018 mache man sich im Kreis Ludwigsburg Gedanken, wie man den Wald klimafit bekomme. Durchforstung sei eine der Maßnahmen. Einzelne Bäume werden dabei gezielt gefördert, die Bedränger gefällt. So konkurrieren weniger Individuen um das kostbare Gut Wasser. „Früher ging es nur um die Lichtkonkurrenz, man stellte Kronen frei, jetzt müssen wir uns um den Wurzelbereich kümmern.“ Das habe auch den Effekt, dass das Regenwasser, das auf den Bäumen verdunstet– immerhin 20 Prozent – direkt im Boden ankommt. Gefördert werden die Eiche, aber auch heimische Bäume wie Elsbeere, Speierling oder Feldahorn, die mit der Trockenheit umgehen können. Außerdem ist man in der Testphase mit anderen Baumarten wie der anatolischen Baumhasel oder der Atlaszeder. „Die haben wir 2018 in Pulverdingen gepflanzt, die entwickeln sich ganz gut“, so Nill.

Für die Fichte sei das Ende aber absehbar. „Das ist eher ein Moorbaum, die tut sich extrem schwer.“ Bei der Buche müsse man noch abwarten. „Wir leben hier eigentlich im Buchenoptimum. Ob das 2100 noch so ist, müssen wir sehen“, so Nill. Es sei die Frage, ob die jungen Buchen auf die Extremsituation reagieren könnten. Wenn sie nicht mehr um Licht kämpfen müssten, da sie freigestellt werden, legten sie vielleicht mehr Energie in die Wurzeln. „Es gibt die so genannte Verwöhntheorie“, so Nill. Ein Baum, der in jungen Jahren genug Wasser habe, lege keine Energie mehr in die Wurzeln. Die Buchen konnten die letzten 150 Jahre aus dem Vollen schöpfen. Nun werde das Wasser abgedreht und manche der bis zu 200 Jahre alten Exemplare stürben tatsächlich in sechs Wochen ab. „Wir hoffen noch, dass sich die jungen Buchen an den Mangel gewöhnen können.“ Im Strohgäu seien sie stark betroffen, wohingegen im Stromberg die Waldkiefer große Sorgen mache, im Hardtwald wüte der Borkenkäfer und schädige die Fichten.

Was bedeutet dies für den Holzbau? „Der Zimmermann macht ohne die Fichte ein langes Gesicht“, so Nill. Buche und Eiche sind als Konstruktionsholz zu schwer. Die Douglasie bietet sich als Ersatz an. Seit der letzten Eiszeit ist sie zwar hier nicht mehr heimisch, aber aus Studien in Nordamerika weiß man, dass sie mit Trockenheit zurechtkommt. Als Brennholz fehlt die Fichte nicht, höchstens für die Spächele zum Anzünden. Vom Brennwert sind Eiche, Busche und Esche besser.