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„Die Welt ist voller komischer Inhalte“

Marco Tschirpke. Foto: Harry Schnitger/p
Marco Tschirpke. Foto: Harry Schnitger/p
Interview: Musikkabarettist Marco Tschirpke tritt am Wochenende im Glasperlenspiel auf

Berlin/Asperg. Komik und Politik für Musikliebhaber präsentiert Marco Tschirpke mit seinem aktuellen Programm „Dirty Kadenzing“. Der Musikkabarettist, Gewinner des Deutschen Kleinkunstpreises 2018 und Wahl-Berliner spielt an diesem Samstag in Asperg. Ein Gespräch über kontrollierbare Profilneurosen und die Frage, warum er in seinen Programmen nicht auf das Thema Corona setzt.

Herr Tschirpke, Ihre Devise lautet, wie Sie auf Ihrer Homepage schreiben: „Inhalte unterhalten besser als Schwachsinn“. Was bedeutet das für Ihre Programme?

Marco Tschirpke: Die Welt ist ja voller komischer Inhalte, man muss den Schwachsinn gar nicht bemühen. Das meint unter anderem: Aufwärts der Gürtellinie gibt es einen immensen Spielraum. Meine Pointen zielen in die obere Etage. Und durchaus in die Chefetagen.

Worum geht es in „Dirty Kadenzing“? Und was sind „Lapsuslieder“?

Beim Titel „Dirty Kadenzing“ habe ich ein durch den Wald walzendes Trüffelschwein vor Augen. Es buddelt und stolpert sich durch meine Einfälle der letzten Monate. Ein paar Verarbeitungsschritte später serviere ich dann ein Menü. Wobei der Vergleich jetzt doch hinkt wie ein Ball. Lapsuslieder verhalten sich zu Liedern wie Tennissöckchen zu Damenstrümpfen. Sie sind perfekt für kurze Aufschläge.

Wie haben Sie als Kabarettist die Pandemie erlebt? Hat Ihnen die Bühne sehr gefehlt?

Bühnenmenschen müssen ihre Profilneurose kontrollieren lernen, die Pandemie war sehr heilsam. Dass die Bühne mir kaum gefehlt hat, erkläre ich mir damit, dass ich nur in zweiter Linie Interpret bin. Die Hauptzufriedenheit resultiert aus der Herstellung gelungenen Materials. Damit aufzutreten ist dann die Verhandlung vor Zeugen.

Wie sehen Sie die Lage mit Blick auf die Kultur? Hat die Kulturszene genug Unterstützung erhalten?

Ich hatte hinsichtlich der kleineren Theater eine Flurbereinigung befürchtet. Dass sie nicht eingetreten ist, zeugt einerseits von der Zähigkeit der Theaterleute, andererseits vom Funktionieren der Unterstützung.

Sie haben ja auch Online-Auftritte absolviert. Wie sind Ihre Erfahrungen damit?

Es macht unter einer einzigen kleinen technischen Voraussetzung enorm viel Spaß: Der Auftretende muss über einen Minikopfhörer die Reaktionen des Publikums mitkriegen. Aus ihnen leitet er sein Timing ab. Ohne diese Prämisse wird es schwierig. Man tritt ja ungern ein totes Reh.

Corona ist ja so ein allgegenwärtiges Thema, politisch noch dazu, aber eben auch ernst. Eher schwierig, es kabarettistisch zu fassen?

Corona auf der Bühne wäre, denke ich, deutlich tödlicher als im echten Leben. Nein, daran sollen andere Kollegen scheitern. Ich setze lieber meine eigenen Themen.

Dafür kann Kabarett sicherlich für Zerstreuung sorgen. Ist das Ihre wichtigste Mission?

Zerstreuung und Erbauung, jawoll! Das Denken in Paradoxien ist für einen Versemacher pathologisch, jede Unterhaltung ohne Erkenntnis ist fade; Erkenntnis ohne Unterhaltungswert quasi wertlos. Ich sag es mal so: Mission ja, Missionieren nein.

Info: Marco Tschirpke gastiert am Samstag, 5. Februar, um 20 Uhr im Glasperlenspiel in Asperg. Karten und weitere Infos unter www.glasperlenspiel.de.