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Doch nicht Bus und Bahn statt Auto

Die Suche nach Bus- und Bahnverbindungen zwischen Remseck und Heidelberg war für einen Leser unserer Zeitung alles andere als zufriedenstellend. Das Bild zeigt den Busbahnhof in Neckargröningen. Archivfoto: Ramona Theiss
Die Suche nach Bus- und Bahnverbindungen zwischen Remseck und Heidelberg war für einen Leser unserer Zeitung alles andere als zufriedenstellend. Das Bild zeigt den Busbahnhof in Neckargröningen. Foto: Ramona Theiss
Hans-Joachim Steck hat sich mächtig geärgert – auch über den baden-württembergischen Verkehrsminister Winfried Hermann. Gerne wäre Steck dessen Appell gefolgt und hätte als 66-Jähriger seinen Führerschein abgegeben, um fortan öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Das wird er nun bleiben lassen.

Remseck. „Als braver steuerzahlender Bürger halte ich mich an die Vorgaben und Ratschläge unserer Politiker. Herr Minister Hermann hatte ja vorgeschlagen, dass alle Menschen über 65 Jahre ihren Führerschein abgeben sollen und stattdessen öffentliche Verkehrsmittel benutzen“, berichtet Hans-Joachim Steck. Da er demnächst sehr oft zu medizinischen Behandlungen in Heidelberg sein muss, ließ er sich probeweise für den 21. Februar über verschiedene Apps Bus- und Bahnverbindung von Remseck dorthin anzeigen. „Allerdings mit völlig unterschiedlichen und teilweise falschen Ergebnissen“, moniert der 66-Jährige. Bemerkenswert sei, dass vier verschiedene Apps vier verschiedene Verbindungen anzeigten, aber keine mehr als eine Variante. „Wenn es vier verschiedene, zutreffende Verbindungen gäbe, müssten diese doch von allen Apps angezeigt werden“, findet der Remsecker.

Ein paar Beispiele: Eine App bietet laut Steck eine Verbindung an, bei der er viermal umsteigen müsse. „Wenn nur ein Bus Verspätung hat, kann ich den Termin in der Uniklinik vergessen.“ Zudem werde eine für ihn günstigere, direkte Verbindung ab Neckarrems Steige der Buslinie 431 zum Bahnhof Ludwigsburg gar nicht angeboten, sondern zunächst ein sechsminütiger Fußmarsch zur Haltestelle Halde in Neckarrems empfohlen, bevor die Reise mit dem 402er-Bus beginnt. Diese App zeige auch an, dass man um 8.24 Uhr am Stuttgarter Hauptbahnhof ankommt und um 8.31 Uhr in Richtung Heidelberg weiterfahren kann, um – nach Umsteigen und Warten in Mühlacker – die Unistadt dann um 10.01 Uhr zu erreichen. Laut einer anderen App fahre der ICE 692 in Stuttgart erst um 8.51 Uhr ab. Und ohne Umsteigen sei man bereits um 9.30 Uhr in Heidelberg. „Worauf soll ich mich da verlassen?“, fragt der 66-Jährige. Er könne doch nicht eine Probefahrt machen, um auszuprobieren, was stimmt. Falls er unterwegs dann eine andere Verbindung nutzen müsse, habe er nicht einmal ein gültiges Ticket – und im Zug könne er keine Fahrkarte mehr lösen. „Da werde ich dann zum Schwarzfahrer.“

Hans-Joachim Steck hat noch mehr Beispiele parat, die ihn davon abhalten, seinen Führerschein abzugeben. Wenn er die sechs Kilometer lange Strecke von Remseck zu seinem Arzt in Schwaikheim mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklege, sei er rund eine Stunde unterwegs. „Die Theorie ist schön, in der Praxis manches unmöglich“, stellt der 66-Jährige im Gespräch mit unserer Zeitung fest.

All seinen Unmut hat Hans-Joachim Steck inzwischen auch schon Verkehrsminister Hermann per E-Mail kundgetan – und sich erneut geärgert. In der Antwort des Ministerbüros heißt es unter anderem: „Die Fahrplan-Auskunft über bestimmte Apps der einzelnen Betreiber und der Verkehrsverbünde liegt nicht in unserer Zuständigkeit. Gerne können Sie für Reiseauskünfte auch die online Fahrplanauskunft unter folgendem Link nutzen: https://www.bwegt.de/ihr-nahverkehr/reiseinformationen/fahrplanauskunft.“

Hans-Joachim Steck fühlt sich mit dieser Antwort abgespeist. Das Ministerium hätte seinem Anliegen zumindest einmal nachgehen können, findet er. „So kann man doch niemand für den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel gewinnen.“ Er jedenfalls werde seine Überlegungen, den Führerschein abzugeben, nicht mehr weiterverfolgen. „Meine Pläne haben sich durch diese Erfahrungen gerade ins Gegenteil verkehrt.“