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Ein Schloss wie zu König Friedrichs Zeiten

Finanzministerin Edith Sitzmann mit dem Leiter der Staatlichen Schlösser und Gärten, Michael Hörmann, im Schloss.Foto: Wolschendorf
Finanzministerin Edith Sitzmann mit dem Leiter der Staatlichen Schlösser und Gärten, Michael Hörmann, im Schloss. Foto: Wolschendorf
Es ist das größte Restaurierungsprojekt: Die königlichen Wohnungen im Südflügel werden saniert und eingerichtet, wie zu Beginn des 19. Jahrhunderts

Ludwigsburg. 370000 Besucher zählt das Ludwigsburger Schloss pro Jahr, nur ein Schloss in Baden-Württemberg hat mehr Besucher: das Heidelberger Schloss. Am Mittwoch reihte sich Finanzministerin Edith Sitzmann ein in die Reihe der Schlossgäste. Während Fachleute oben das Dach begutachteten, machte sie sich im Gebäude ein Bild von den Arbeiten, die noch bis 2023 andauern werden.

Als Herzog Friedrich im Jahr 1803 von Napoleon zum Kurfürsten und drei Jahre später zum König ernannt wurde, wollte er das Schloss auch standesgemäß präsentieren. „Die Gebäude, die er hatte, waren repräsentativ genug, also investierte er in die Ausstattung“, erläuterte Michael Hörmann, Leiter der Staatlichen Schlösser und Gärten, beim Rundgang durch das Schloss. „Diesem Umstand verdanken wir eine Empire-Ausstattung, die es europaweit in diesem hervorragenden Zustand kein zweites Mal gibt.“

Dass der Zustand so gut ist, liegt laut Hörmann zum einen daran, dass Schloss Ludwigsburg im Zweiten Weltkrieg nicht zerstört wurde. Zum anderen fand man einen „faszinierenden Inventarkatalog“, aus dem ersichtlich wurde, wie welcher Raum eingerichtet war. „Wir können sogar nachvollziehen, wo die 30 Blumentöpfe standen. Die Töpfe haben wir noch“, so Hörmann. Allein deren Restaurierung habe 30000 Euro gekostet.

Das Projekt ist kostspielig. Bislang haben die Staatlichen Schlösser und Gärten Aufträge mit einem Volumen von 5,1 Millionen Euro vergeben. Vom Land gab es bislang einen Zuschuss über 640000 Euro. „Unsere Schlösser sind uns lieb und teuer“, sagte Sitzmann. „Die kulturellen Anlagen sind es wert, erhalten zu werden.“ In den vergangenen zehn Jahren hat das Land rund acht Millionen Euro in den Erhalt der insgesamt 22 Gebäude und Gärten der Ludwigsburger Schlossanlage investiert. Beispielsweise in Fassadensanierung oder Instandsetzung der Dächer. Für die Sanierung der Inneneinrichtung zeichnen die Staatlichen Schlösser und Gärten verantwortlich.

35 Räume von König Friedrich und Königin Charlotte Mathilde werden aktuell restauriert. Allein das Schlafzimmer des Königs verschlingt mit rund 700000 Euro eine Summe, die für ein Einfamilienhaus ausreichen würde. „Es ist das einzig erhaltene Zeltschlafzimmer weltweit, das es noch im Original gibt“, so Hörmann. Seit 1811 hängt der Baldachin unverändert über dem Bett des Königs – und so sieht er auch aus. Ein jahrhundertealter, schwarzer Dreckschleier hat sich auf der Seide abgelagert, der nur von Hand entfernt werden kann.

Auf der Marmorplatte eines Waschtisches hat sich Fett und Schmutz 200 Jahre lang zu einer Schicht abgelagert, die nur mit Wattestäbchen in mühevoller Kleinarbeit gereinigt werden kann.

Und noch etwas erschwert den Restauratoren die Arbeit: „Wir haben ein Pestizidproblem“, so Hörmann. „Nach dem Krieg sah Denkmalschutz so aus, dass man in alle Räume jede Menge Pestizide gegen Milben und sonstiges Getier gepustet hat. Unsere Restauratoren können nur mit Schutzmasken arbeiten.“ Aber das ist in Coronazeiten ohnehin bisweilen nötig.

„Wir dürfen stolz sein“, so die Ministerin. „Nirgendwo sonst findet man eine Raumfolge in verschiedenen Stilepochen und in einem so guten Erhaltungszustand.“ Wer künftig Schloss Ludwigsburg besuche, der könne erleben, wie König und Königin zur damaligen Zeit gelebt haben, wie sie eingerichtet waren.

Die Staatlichen Schlösser und Gärten haben ganze Arbeit geleistet. In mühevoller Recherche haben sie in Ludwigsburg aber auch anderen Schlössern sowie im Depot nach Bildern, Porzellan, Uhren, Möbeln und anderen Einrichtungsgegenständen gesucht, die einst nach Ludwigsburg gehörten. Die einzelnen Stücke wurden nach einem ganz genauen Restaurierungsplan instand gesetzt. Gegenstände, die ursprünglich nicht für das Ludwigsburger Schloss gedacht waren, werden entfernt. Viele Dinge stammen beispielsweise ursprünglich aus dem Neuen Schloss in Stuttgart. Als im Februar 1944 die Bombenangriffe auf die Landeshauptstadt begannen, waren kurz zuvor zahlreiche Kunstschätze in andere Schlösser verlagert worden, so auch nach Ludwigsburg. „Diese Gegenstände sind wieder zurück in Stuttgart oder werden im Depot eingelagert“, erläuterte Hörmann.

Die Finanzministerin zeigte sich gespannt ob der fortschreitenden Restaurierung. „Und wenn man mal in anderen Schlössern in anderen Ländern unterwegs ist, stellt man fest, dass die Qualität der Restaurierung in Baden-Württemberg sehr hoch ist.“

Außerdem lobte sie die Sorgfalt und Kreativität der Schlösser und Gärten, die ihren Gästen trotz Corona die Türen öffnen. Schloss Ludwigsburg sei eines der ersten gewesen, die nach der vorübergehenden Schließung wieder geöffnet haben. Im Juli und August wurden spezielle Führungen entwickelt, die die Hygiene- und Abstandsregeln berücksichtigen.

Im Anschluss an das Residenzschloss besuchte die Ministerin die Hundertwasser-Ausstellung sowie das frisch renovierte Schloss Favorite.