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Gegen den unsichtbaren Feind

Polizeistreife vor dem Ludwigsburger Schloss: Steigende Corona-Einsätze sorgen nach Ansicht der GdP dafür, dass auch unter den Beamten intensiver über Ansteckungsgefahren gesprochen wird. Archivfoto: Holm Wolschendorf
Polizeistreife vor dem Ludwigsburger Schloss: Steigende Corona-Einsätze sorgen nach Ansicht der GdP dafür, dass auch unter den Beamten intensiver über Ansteckungsgefahren gesprochen wird. Foto: Holm Wolschendorf
Mehr als 40 Beamte des Polizeipräsidiums Ludwigsburg sind seit Beginn der Pandemie an Covid-19 erkrankt. Die Infektionen gelten nicht als Dienstunfälle – zum Ärger der Gewerkschaft der Polizei.

Kreis Ludwigsburg. Polizisten sind in diesen Zeiten da, wo es wehtut und krank machen kann. Im November etwa kommt es in der Ludwigsburger Innenstadt zu einer Spontandemo mit fast 1000 Coronaleugnern. Seit Dezember kontrollieren die Beamten nächtliche Ausgangssperren, seit dieser Woche die FFP2-Maskenpflicht in Bussen und Bahnen. „Gerade die Kollegen, die viel unterwegs sind, Körperkontakt haben oder zu Coronapartys gerufen werden, leben mit der Sorge, sich im Dienst anzustecken“, sagt ein Sprecher des Ludwigsburger Polizeipräsidiums. Für besonders bedrohlich hält die Gewerkschaft der Polizei (GdP) dabei die Gruppe der Uneinsichtigen. „Hier kommt es oft zu Widerstand“, sagt der Landesvorsitzende Hans-Jürgen Kirstein aus Eberdingen unserer Zeitung. An anderthalb Meter Abstand sei dann nicht mehr zu denken.

Mehr als 40 Beamte des Polizeipräsidiums Ludwigsburg haben sich seit Ausbruch mit dem Coronavirus angesteckt. Aktuell bewegt sich die Zahl der infizierten Polizisten nach Angaben des Sprechers im einstelligen Bereich. „Bis auf einen Kollegen hatten wir auch keine schwereren Verläufe.“ Der Betroffene habe allerdings immer noch mit Nachwirkungen zu kämpfen.

Kirstein und seine GdP wollen nun durchsetzen, dass Corona-Infektionen von Polizisten bei der Arbeit als Dienstunfall anerkannt werden. Die Gewerkschaft hält das für einen „Akt der Wertschätzung für Beamte, die jeden Tag ihren Kopf hinhalten“. Zudem sei das für die Absicherung der Familien oder Lebenspartner zwingend notwendig. In Bayern und Niedersachsen sind bereits Klagen anhängig, schließlich stehen Pensionsansprüche auf dem Spiel, bei einigen Kollegen sind das Beträge von mehreren Tausend Euro im Jahr. Hinzu kommt die Frage: Wer zahlt, wenn Betroffene wegen Corona später zu Pflegefällen werden sollten? „Keiner kennt die Langzeitschäden“, sagt der Eberdinger Kirstein.

Anders als in Bayern oder Niedersachsen ist dem Gewerkschafter in Baden-Württemberg allerdings noch kein Fall bekannt, der vor Gericht ausgetragen wird. „Das könnte aber durchaus passieren.“ Bisher zeige sich das Innenministerium großzügig.

Im Südwesten hat die Gewerkschaft durchgesetzt, dass die Kollegen nach einem Einsatz die Möglichkeit haben, sich testen zu lassen, damit der Infektionszustand klar ist und später ein Kausalzusammenhang zu einer Erkrankung nachgewiesen werden kann. „Bei Corona ist das Problem, dass es einen längeren Inkubationszeitraum gibt“, sagt Kirstein. „Deswegen ist es wichtig, dass jeder Betroffene sofort eine Gefährdungsanzeige stellt, um bei Spätfolgen einen Nachweis zu führen.“ Noch besser wäre es, die Beweislast umzukehren – und der Dienstherr darlegen müsste, dass sich ein Betroffener nicht im Dienst infiziert hat.

Darüber hinaus verlangt die GdP, die Polizeibeschäftigten ausreichend auszustatten. „Die Kollegen sollten im Dienst FFP2-Masken tragen können, die vom Land kostenfrei zur Verfügung gestellt werden“, sagt Kirstein. Er rechnet damit, dass die neuen Coronaverordnungen zu Engpässen führen könnten. Seine Erwartung: dass sich das Land darauf eingestellt hat.

Die Stimmung unter den Beamten beschreibt der Eberdinger als angespannt. „Die steigenden Corona-Einsätze sorgen dafür, dass auch innerhalb der Kollegenschaft intensiver über Ansteckungsgefahren gesprochen wird“, sagt Kirstein. Außerdem würde der verlängerte Lockdown zu mehr Diskussionen über Abstandsregeln und Maskenpflicht führen.