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Illegale Oldtimerfahrten statt Reparatur

Leser erhält seinen Mercedes erst nach vielen Wochen aus Werkstatt zurück, und das mit weiteren Schäden

Eberdingen/Ludwigsburg. Es sollte eigentlich eine Sache von nur einigen Stunden, maximal Tagen sein: das Schiebedach reparieren, den vom Tüv beanstandeten Radlauf instand setzen und Rostflecken entfernen. Dann sollte der Oldtimer-Mercedes Mitte, Ende Mai wieder von seinem Eigentümer aus der neuen Werkstatt in Hochdorf abgeholt werden können. Doch der Ludwigsburger wartete erst vergebens auf eine Nachricht des Mechanikers, und stand dann, als es nach x Anruf- und anderen Kontaktaufnahmeversuchen endlich so weit war, vor verschlossenen Türen.

Irgendwann, rund sieben Wochen nach Abgabe des Mercedes-Benz 300 im Gewerbegebiet und einem ersten Kontakt mit der Polizei, bekam er dann doch eine Nachricht – allerdings keine, mit der er gerechnet hatte. Denn ihm flatterte erst einer, dann ein zweiter Strafzettel ins Haus: Der Werkstattbesitzer war unter anderem in Calw geblitzt worden – mit jenem Wagen, auf den der Ludwigsburger sehnsüchtig wartete. Offenbar war dann auch dem Mechaniker klar, dass er sich nicht mehr länger herausreden konnte, mal mit allgemeinen Coronaproblemen, mal mit kranker Frau und Kind, mal mit fehlenden Teilen. Und er schrieb die lang ersehnte SMS an den Oldtimer-Eigentümer: Das Auto stehe in der Straße nahe seines Wohnhauses in Ludwigsburg, der Schlüssel liege in seinem Briefkasten.

Doch die Freude währte nur kurz: „Das Auto sah schlimm aus“, so der Eigentümer. Denn, so wie er gleich vermutete, waren nicht nur die ursprünglichen Schäden nicht repariert, sondern noch neue dazugekommen. Nun ließ sich etwa auch die Heckklappe nicht mehr öffnen, weil das Schloss defekt war, zudem fehlte im Kofferraum eine Verkleidung und das Reserverad völlig – dafür lag ein Pinsel im Innern. Und es waren rund 1000 Kilometer zusätzlich auf dem Tacho. Richtig erschrocken sei er, so der Eigentümer, dessen weitere Kontaktaufnahmeversuche wieder scheiterten.

Doch was tun? Hinterher eigentlich wenig, so die LKZ-Nachfragen. Aber einiges zur Vorbeugung. Zuallererst ist es nötig, sich einen Kostenvoranschlag geben zu lassen, samt Reparaturdauer, beziehungsweise für beides einen maximalen Rahmen festzulegen, so Christian Schäfer vom ADAC – auch wenn man, wie in diesem Fall, dem Gegenüber vertraut, weil man ihn aus seiner früheren Werkstattarbeit kannte. Doch mit einer schriftlich vereinbarten Frist kann der Dienstleister offiziell in Verzug geraten – und dann wäre auch die Strafanzeige wegen Unterschlagung, die der Oldtimer-Besitzer zunächst bei der Polizei stellen wollte, nicht abgelehnt worden. Eine solche Frist wäre im Fall des Ludwigsburger Lesers wohl auch mit einem recht kurzen Zeitraum möglich gewesen, denn das rund 35 Jahre alte Mercedes-Modell sei nicht gerade selten und es gebe dafür ein gutes Ersatzteillager, so Schäfer. Er rät zudem zu prüfen, ob eine Werkstatt Innungsmitglied ist. Denn in diesem Fall gäbe es noch die Möglichkeit einer kostenfreien Schiedsstelle.

Der Leser hat den ganzen Vorgang zwischenzeitlich einem Anwalt übergeben – der privatrechtliche Weg sei in so einem Fall auch der geeignete, heißt es bei der Polizei, die ohne einen begründeten Verdacht auf Unterschlagung nicht aktiv werden könne. Die Tatsache, dass sich der Werkstattbesitzer nicht melde oder auf Anrufe nicht reagiere, reiche da nicht. Nun geht es nur noch um den Diebstahl des Reserverads. Der Oldtimer-Liebhaber versucht zudem, einen Teil selbst zu reparieren, so gut es geht, etwa den an der Felge oder dem Heckklappenschloss. Denn: „Ich glaube nicht, dass der Schaden wiedergutgemacht werden kann“, schätzt er seine Forderungen ein, weil der Werkstattbesitzer sich mutmaßlich mit seiner Gründung übernommen habe – auch wenn der Gemeindeverwaltung nichts von einer Geschäftsaufgabe bekannt ist. „Bei dem ist wohl nichts zu holen. Das ist alles eine Sauerei“, so der Leser resigniert.