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Junge Rebstöcke brauchen Erziehung

Im Projektweinberg der Heldenschmiede lernen die angehenden Wengerter Wichtiges zum Thema Rebpflanzung. Foto: Ramona Theiss
Im Projektweinberg der Heldenschmiede lernen die angehenden Wengerter Wichtiges zum Thema Rebpflanzung. Foto: Ramona Theiss
Aus der Not eine Tugend machen –dies machten sich die Organisatoren der „Heldenschmiede“ beim jüngsten Wintereinbruch zur Devise: Anstatt sich im schneenassen Weinberg eine laufende Nase und kalte Füße zu holen, verlegte man den Kurs kurzfristig in eine trockene Halle.

Ludwigsburg. Die Gruppe von Hobbywinzern und angehenden Neckarhelden traf sich auf dem Hof von Familie Hammer im benachbarten Marbach. Dort konnte man im Schutz einer Maschinenhalle den Theorieteil absolvieren. Zudem brachte ein Rundgang durch die Weinberge den gut 40 Teilnehmenden weitere Erkenntnisse zu Fragen des Weinbaus.

Im Landwirtschaftsbetrieb von Familie Hammer setzt man nicht nur im Ackerbau auf Technik, sondern auch im Weinbau. Handarbeit, die vom Rebschnitt bis zur Ernte im Steillagenweinberg unersetzlich ist, wird in den befahrbaren Weinbergen weitgehend überflüssig: Ein an den Schlepper angehängtes Gerät erledigt Laubarbeiten und Ernte. Der Seniorchef des Betriebs, Friedrich Hammer, erläuterte den Hobby-Wengertern verschiedene Reb-Erziehungssysteme – wie Umkehr- erziehung oder den Minimalschnitt.

Dabei kommt es darauf an, wie die Rebstöcke geschnitten und wie die Triebe an das Drahtgerüst gebunden werden. Im Gegensatz zu den terrassierten Steillagen, die nicht befahrbar sind, kann –oder muss aus wirtschaftlichen Gründen im Vollerwerbsbetrieb – wo es geht, maschinell bearbeitet werden.

Auch alte Sorten werden neu gezüchtet

Im Projektweinberg der Heldenschmiede, oberhalb der Schleuse Poppenweiler, wurden schließlich einige Reben nachgepflanzt. Die Aprilsonne hatte am Nachmittag für eine versöhnliche Wärme gesorgt.

Eine Besonderheit im Weinbau ist, dass hiesige Rebsorten wie Trollinger oder Lemberger auf amerikanische Unterlagen gepfropft, das heißt aufgesetzt werden. Amerikanische Reben haben eine Widerstandsfähigkeit gegen den Schädling Reblaus und manche auch gegen den Mehltau. Dafür haben solche amerikanischen Reben nicht den gewünschten Geschmack. Aus diesem Grund werden sogenannte „Edelreißer“ von europäischen Sorten auf amerikanische Unterlagen gepfropft. „Diese sogenannte Veredelung geschieht in spezialisierten Rebschul-Betrieben maschinell“, so Helden-Coach Günter Schuster. „Beim Pflanzen im Weinberg kommt es darauf an, dass wir den jungen Reben ein gutes Pflanzbeet bereiten. Dabei wird etwas Pflanzerde mit dem Weinbergboden vermischt und darauf geachtet, dass die Seitenwände des Pflanzlochs nicht so stark mit Lehm oder Ton verschmiert sind, sondern locker und offen für die Wurzeln bleiben“, so Schuster zu den Regeln beim Pflanzen.

Weinprobe mit drei Weißweinen

Zur Verwendung bei der Nachpflanzung kommen jedoch nicht etwa Ableger der alten Reben vor Ort, sondern sogenannte Klone. Als Klone bezeichnet man Pflanzgut aus speziell gezüchteten und ausgewählten Mutterpflanzen, die genetisch gleich sind. Solche Klone sind auch auf Pflanzengesundheit getestet. Forschungseinrichtungen wie die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt Weinsberg sind auf solche Züchtungen spezialisiert und arbeiten mit weiteren Spezialbetrieben bei der Vermehrung der Klone zusammen.

Ein willkommener Programmpunkt bei der Schulung der angehenden Neckarhelden ist eine moderierte Weinprobe, bei der es darum geht, den Teilnehmenden etwas Weinwissen zu vermitteln. Am Beispiel von drei Weißweinen erläuterte Coach und Weinerlebnisführer Günther Lohfink, wie viel Gramm Restzucker beispielsweise ein trockener Riesling haben darf und warum Profis von „modern trockenen“ Weinen sprechen, wenn die enthaltene Säure im Wein mit etwas Süßreserve ausgeglichen wird. Dabei darf der Anteil des Restzuckers nur soweit erhöht werden, dass dieser knapp unter der Restzuckermenge von neun Gramm liegt, der als oberer Wert für trockenen Wein festgelegt ist.