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Künftig wird in Grünbühl mit Eis geheizt

Von dem großen Speicher ist nur noch ein Einstiegsschacht für Kontrollgänge zu sehen. Franz Edel von den Stadtwerken, Achim Eckstein und Manuel Bezold von der WBL, Gerold Kohler von den Stadtwerken und Silke Bächtle von der WBL stellen den Eisspeiche
Von dem großen Speicher ist nur noch ein Einstiegsschacht für Kontrollgänge zu sehen. Franz Edel von den Stadtwerken, Achim Eckstein und Manuel Bezold von der WBL, Gerold Kohler von den Stadtwerken und Silke Bächtle von der WBL stellen den Eisspeicher vor. Foto: Holm Wolschendorf
Es klingt paradox: Das Neubauquartier „Grünbühl living“ der Wohnbau Ludwigsburg wird künftig mit Eis beheizt. Und im Sommer werden damit die Wohnungen gekühlt. Das ganze System arbeitet dabei auch noch klimaneutral.

Ludwigsburg. Kernstück der Anlage: ein sehr großer Wasserspeicher, ein Solar-Luftabsorber und Wärmepumpen. Die „Zisterne“ hat einen Durchmesser von 14 Metern und ist sechs Meter tief vergraben. In ihr sind zwei geschlossene Rohrleitungen verlegt, die mit frostsicherer Flüssigkeit gefüllt sind. Sie wurde im März fertiggestellt. Davon ist nur noch der Einstiegsschacht für Kontrollgänge zu erkennen.

Während der Heizperiode wird dem Wasser Wärme entzogen. Nach und nach gefriert es. Bei diesem Prozess des Übergangs von flüssigem Aggregatzustand in den festen entsteht wiederum Wärme, die genutzt wird. Und zwar so viel, wie benötigt würde, um Wasser von einem auf 80 Grad zu erwärmen.

Ist der ganze Zylinder vereist, wird er über die zweite Spirale mit einem Solar-Luftabsorber wieder aufgetaut. Sie holt sich die Wärme aus der Umgebung oder über die angeschlossenen Solarmodule. Der Kreislauf beginnt von vorne. Das lässt sich beliebig oft wiederholen. Die Bewohner haben über die Fußbodenheizung im Winter warme Füße.

Und das mit einer relativ geringen Vorlauftemperatur von nur 35 bis 40 Grad, statt sonst bis zu 60 Grad. Im Sommer wird das gespeicherte Eis darüber hinaus zum Kühlen der Köpfe in den Wohnungen genutzt.

Die zehn Häuser des ersten Bauabschnitts mit 107 Wohnungen sind dafür mit dezentralen Wärmepumpen ausgerüstet, die ihren Strombedarf großteils von Photovoltaikmodulen von den Dächern beziehen. Auch hier ist die Bilanz von eigenproduzierter Energie und fremd bezogener unter dem Strich positiv. Sie produzieren mehr als dafür benötigt. Auch die künftige Kita mit sechs Gruppen wird angeschlossen. Unter deren Außenbereich befindet sich der hochmoderne „Eiskeller“. Die Leitungswege in die Häuser sind also kurz, die Verluste dadurch gering. Umgesetzt haben das Franz Edel von den Stadtwerken Ludwigsburg-Kornwestheim (SWLB) und Silke Bächtle von der Wohnungsbau Ludwigsburg (WBL).

„Es ist in der Dimension und Konsequenz einzigartig in der Region“, meint Gerold Kohler, der bei den Stadtwerken zuständig ist für innovative Energielösungen. „Wir verzichten auf eine Pufferheizung, die mit fossilen Brennstoffen betrieben wird, weil sie als Reserve für Engpässe schlicht unnötig ist“, ergänzt Achim Eckstein, Leiter des Projektmanagements bei der WBL.

Das alles hat seinen Preis: 1,9 Millionen Euro kostet diese innovative und umweltfreundliche Anlage „all inclusive“. Aber Bund und Land würden die Investition finanziell unterstützen, so Eckstein. Außerdem passe das Projekt ins Klimaschutzkonzept der Stadt. Schließlich dürfe nicht vergessen werden, dass in Zeiten immer heißerer Sommer durch den Klimawandel temperierbare Wohnungen eine immer größere Rolle spielen dürften. In der Gesamtschau rechtfertige das den höheren Preis.