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Löste eine Psychose die Tat aus?

Zweiter Prozesstag in Heilbronn um Brandstiftung und Mordversuch in Benningen – Angeklagter, 53, schildert das Geschehen.

Benningen/Heilbronn. Ist der 53-Jährige aus Benningen, dem vor der Heilbronner Schwurgerichtskammer schwere Brandstiftung und Mordversuch vorgeworfen werden, psychisch so sehr krank, dass er nicht verurteilt werden kann? Am zweiten Prozesstag machte der Angeklagte am Mittwoch erstmals Angaben zu seiner Person und schilderte dabei auch die Entwicklung seiner psychischen Krankheit. Was die Tat betrifft, fühlt er sich unschuldig, gibt aber zu, eine Kerze in seiner Wohnung angezündet zu haben.

Laut Anklage soll der 53-Jährige am 18. Dezember 2021 in seiner Mietwohnung in Benningen aus Ärger über seinen Vermieter eine brennende Kerze neben seinen Computer gestellt haben mit dem Vorsatz, dadurch das Gebäude in Brand zu setzen. Danach hatte er das Haus verlassen. Die Kerze brannte nieder und setzte Teile des Zimmers in Brand. Der Schaden: rund 100000 Euro. Die Staatsanwaltschaft Heilbronn geht in der Anklage davon aus, dass der Beschuldigte durch das Feuer den Tod der zu dieser Zeit noch schlafenden Bewohner zumindest in Kauf genommen hatte. Rechtlich bewertet: schwere Brandstiftung und heimtückischer, versuchter Mord.

Ob diese Tat im Zustand einer schweren Psychose geschah, wollen die Heilbronner Richter in den kommenden Verhandlungswochen mit Hilfe zweier psychiatrischer Sachverständiger herausfinden. Der Angeklagte selbst berichtete, dass er ein abgebrochenes Pädagogikstudium hinter sich habe, in frühen Jahren bereits Haschisch konsumierte und mehrfach in stationärer psychiatrischer Behandlung war. Als 25-Jähriger habe es Vorfälle gegeben, die einen acht Wochen dauernden Aufenthalt in der Klinik Weinsberg zur Folge hatten. Danach jedoch habe er sich wieder fit gefühlt und arbeitete zuerst als Kurierfahrer, später in einem Ludwigsburger Reisebüro. Nach den Anschlägen am 11. September 2001 sei er wieder krank – und seine Ehe nach sechs Jahren geschieden worden. Er habe einen Sohn und eine Tochter.

2015 habe er zudem die Arbeit als Kurierfahrer wieder aufgeben müssen. „Zwölf Jahre lang war ich gesund“, bekundete er gegenüber den Richtern. Bei seiner Festnahme zwei Tage nach der vorgeworfenen Tat, sei es ihm aber wieder sehr schlecht gegangen. Damals war er von Benningen nach Berlin geflüchtet, wo er sich der Polizei stellte.

Zum Tatgeschehen machte der Angeklagte auch am zweiten Prozesstag Angaben. Seine beiden Verteidiger hatten zwar angekündigt, dazu im Namen ihres Mandanten eine Stellungnahme abzugeben. Dem kam der 53-Jährige jedoch zuvor. Er bekannte sich unschuldig „im Sinne der Anklage“, gab aber zu – wie schon oft – in der Wohnung eine Kerze angezündet zu haben. Danach habe er geduscht, seinen Gebetsteppich eingepackt und das Haus verlassen. Er sei von Benningen nach Marbach gelaufen, dort stieg er in einen Bus nach Bad Friedrichshall, von wo er offenbar weiter nach Würzburg, Nürnberg und Berlin reiste.

Bei dem Feuer in Benningen war kein Vollbrand entstanden, jedoch wurden Einrichtungsgegenstände zerstört. Durch die Rauchmelder waren die an dem Tatabend bereits schlafenden Bewohner aufmerksam geworden. Die von ihnen alarmierte Feuerwehr konnte die Flammen rasch löschen.

Info: Bis zum Urteil Ende November sollen mehr als 30 Zeugen gehört werden.