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Ludwigsburg sagt Wettbüros den Kampf an

In der Ludwigsburger Innenstadt gibt es derzeit sechs Wettbüros (hier der Blick auf eines am Kaffeeberg). Von einem wachsenden Problem will die Verwaltung aber nicht sprechen.Foto: Andreas Becker
In der Ludwigsburger Innenstadt gibt es derzeit sechs Wettbüros (hier der Blick auf eines am Kaffeeberg). Von einem wachsenden Problem will die Verwaltung aber nicht sprechen. Foto: Andreas Becker
Nach Spielhallen und Bordellen rücken jetzt auch die Wettbüros in den Fokus der Stadt. Bisher findet deren Betrieb oft in einer Grauzone statt. Verwaltung und Stadträte wollen Neuansiedlungen einen Riegel vorschieben – in der Innenstadt und in Gewerbegebieten.

Unerwünschte Entwicklungen in eine klare Sprache zu packen, die sich am Ende über Verbote auch verrechtlichen lässt, ist schwierig. Mehrfach hat Ludwigsburg in der Vergangenheit Bebauungspläne aufgestellt, die an unterschiedlichen Stellen in der Stadt sogenannte Vergnügungseinrichtungen unmöglich machen sollen. Aber was genau fällt unter diesen Begriff?

Sicherlich lässt sich trefflich darüber streiten, was der Einzelne unter Vergnügen versteht. Damit es keine Missverständnisse gibt und die Stadt rechtlich etwas in der Hand hat, ist das genau geregelt und niedergeschrieben. Zu den Vergnügungseinrichtungen zählt man in Ludwigsburg Bordelle, Swinger-Clubs, Nachtlokale, Spielhallen und eigentlich auch Wettbüros.

Neben den Wettbüros, die eine gewisse Aufenthaltsqualität – etwa Stühle, WLAN oder Bildschirme, auf denen sich Sportereignisse verfolgen lassen – vorweisen, haben sich mittlerweile auch sogenannte Wettvermittlungsstellen etabliert. Die dürfen für ihre Kunden eigentlich keinerlei Anlass für einen längeren Aufenthalt bieten. Bildschirme oder Stühle sind also tabu. Die Kunden sollen nur ihre Wettzettel ausfüllen und abgeben – das war’s.

In der Realität sieht das aber oft anders so, so Stadtplaner Martin Kurt am Donnerstagabend im Ausschuss für Stadtentwicklung, Hochbau und Liegenschaften. Die Wettvermittlungsstellen in der Innenstadt arbeiten teilweise im Graubereich, haben zum Beispiel Nebenzimmer, in denen man Sportereignisse live am Monitor verfolgen kann, oder versuchen auf anderen Wegen, die Kundschaft bei sich zu halten.

Rechtlich sei das oft schwierig zu beurteilen, sagt Kurt. Kontrollen sind ebenfalls schwierig. Für die Innenstadt hat die Stadt daher jetzt auch die Wettvermittlungsstellen in den Katalog der Vergnügungsstätten aufgenommen und damit den Wettbüros rechtlich gleichgestellt. Die Stadträte unterstützen den Vorschlag einstimmig. „Damit haben wir rechtliche Klarheit“, so Kurt. Weiteren Wettbüros oder Wettvermittlungsstellen dürfte es damit unmöglich sein, sich in der Innenstadt anzusiedeln.

Viele negative Effekte im Umfeld

Derzeit gibt es nach Auskunft der Verwaltung sechs Wettbüros in der Innenstadt. Von einer Ausbreitung oder einem wachsenden Problem könne man nicht sprechen, so eine Sprecherin der Stadt gegenüber unserer Zeitung.

Einigkeit herrscht darüber, welche negativen Effekte die Wettbüros mit sich bringen. In ihrem Umfeld kommt es zu sogenannten „Trading-Down-Effekten“, die Mieten sinken, weitere zweifelhafte Angebote und Dienstleistungen siedeln sich an. Außerdem ziehen viele dieser Etablissements ein problematisches Publikum an. Oft verliert das gesamte städtische Umfeld sein Image, „kulturelle, soziale und religiöse Konflikte sowie Abschottung und mangelnde Integration“ werden zu Problemen, heißt es dazu recht dramatisch in der Vorlage der Stadtverwaltung.

Auch für die Weststadt gibt es Anfragen

Auch das Gewerbegebiet in der Weststadt soll vor derlei Entwicklungen verschont bleiben. In der Vergangenheit wurde an der Schwieberdinger Straße immer wieder versucht, Bordelle anzusiedeln. Seit April 2019 liegt der Stadt auch ein Antrag für ein großes Wettbüro in einer Fläche an der Schwieberdinger Straße 104 (Höhe Betten-Gailing) vor.

Für Stadtplaner Martin Kurt und die Verwaltung kommt das aber überhaupt nicht infrage. Man versuche seit Jahren, das Gewerbegebiet in der Weststadt aufzuwerten. Schon jetzt zeige sich im Umfeld des beantragten Wettbüros eine Abwärtsspirale: sanierungsbedürftige Gebäude und ein qualitativ geringwertiges Dienstleistungsangebot, so die Verwaltung. Daher soll jetzt ein Bebauungsplan für die Schwieberdinger Straße und das Gewerbegebiet nördlich von ihr aufgestellt werden, der Vergnügungseinrichtungen unmöglich macht.

Die Stadträte hat die Verwaltung dabei auf ihrer Seite. „Die Schwieberdinger Straße ist Ludwigsburgs Visitenkarte auf dem Weg in die Innenstadt“, so Ulrich Bauer von den Grünen. Daher gehe es um eine hochwertige Weiterentwicklung entlang der Straße. Armin Klotz von der CDU findet, dass die Vergnügungsstätten ein heikles Thema seien. Eine Stadt von der Größe Ludwigsburgs könne diese nicht ganz verbieten, müsse aber steuernd eingreifen. Auch die anderen Fraktionen signalisierten sofort Zustimmung.

Von dem Verbot nicht betroffen sind Toto-Lotto-Läden. Ausnahmsweise zulässig sind auch Diskotheken und Tanzlokale, wenn sie in einem Abstand von mindestens 500 Metern zur nächsten Vergnügungseinrichtung sowie einem Mindestabstand von 300 Metern zu angrenzenden Wohngebieten angesiedelt werden. Damit könnte in der Weststadt auch nach dem Ende der Rockfabrik eine Disko eröffnen.