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Ludwigsburger Familie im Streit mit dem Landratsamt: Jahrzehntealte Hecken sollen weichen

Sie haben momentan wenig zu lachen: Helga, Ottmar und Iris Armbruster vor ihrem Grundstück an den Weinbergen. Bald müssen im schlimmsten Fall die Hecken und Zäune weichen, zum Unbehagen der Familie. Foto: Holm Wolschendorf
Sie haben momentan wenig zu lachen: Helga, Ottmar und Iris Armbruster vor ihrem Grundstück an den Weinbergen. Bald müssen im schlimmsten Fall die Hecken und Zäune weichen, zum Unbehagen der Familie. Foto: Holm Wolschendorf
Altes Grundstück in Neckarweihingen muss freigeräumt werden — Rechtsstreit mit dem Landratsamt von Familie Armbruster ist schon bei Anwälten

Ludwigsburg. Wer in Neckarweihingen zur Frühlingszeit an den Weinbergen entlang einen Spaziergang bei Sonnenwetter machen will, könnte sich bald über stark veränderte Landschaften wundern. Denn das Landratsamt hat die Besitzer der Stückle aufgefordert, jegliche Hecken, Zäune und andere darauf gebaute Konstrukte zu entfernen. Der Grund dafür: Die Wiesen stehen auf Landschaftsschutzgebiet und sollen jetzt zu den ursprünglichen Streuobstwiesen zurück, die sie einst waren.

Auch das Grundstück von Familie Armbruster ist davon betroffen. Sie haben es schon seit über hundert Jahren im Besitz. Auch die Hecken und Zäune stehen schon seit Jahrzehnten. Dass 1989 eine Landschaftsschutzverordnung veröffentlicht wurde, hat sie damals wenig gestört. Dann es hatte niemanden interessiert, dass auf dem Stückle die Zäune gebaut wurden.

Reklamation nach über 30 Jahren

Erst über 30 Jahre später moniert das Landratsamt jetzt die Vorgehensweise. Im Mai des vergangenen Jahres bekam Ottmar Armbruster die Aufforderung, bis zum 31. Juli das Grundstück freizuräumen. Das Unverständnis bei ihm, seiner Frau Helga und Tochter Iris ist groß. „Wir haben die Zäune und Hecken ja nicht ohne Grund, sonst bedient sich jeder an den Bäumen“, erzählt Helga Armbruster. Auch die Tierwelt würde dadurch massiv gestört werden. „In den Hecken leben Tiere und da nisten auch Vögel drin“, meint Tochter Iris Armbruster.

Verwundert hat die Familie auch, warum die Aufforderung erst jetzt kam. Das Landratsamt hätte bereits in der Vergangenheit unter anderem Kürzungen der Hecke veranlasst. Damals sei den Beamten aber nicht in den Sinn gekommen, die Schutzverordnung durchzusetzen. Aus dem Nichts komme jetzt die Anordnung. Nachdem Helga und Ottmar Armbruster die Zäune und Hecken nach der ersten Aufforderung nicht entfernt hatten, kam jetzt der nächste Bescheid per Post. Bis zum 31.März habe die Familie Zeit, sonst würden die Behörden mit einer Beseitigungsanordnung kommen. Die würde auch eine saftige Verwaltungsgebühr nach sich ziehen. Die beiden Rentner sehen es aber trotzdem nicht ein, das Gelände freizuräumen. Jedes Mal, wenn sie ins Gespräch mit dem Landratsamt gehen würden, stoßen sie nur auf Unverständnis. „Das Landratsamt hält stur an der Verordnung fest“, klagt die Familie. Von Verhältnismäßigkeit sei hier keine Spur zu sehen.

Familie wünscht sich einen Kompromiss

Auch die anderen Grundstücksbesitzer hat es im Zuge des Landschaftsschutzes erwischt. Bekannte und befreundete Familien, denen die Nachbargrundstücke gehören, sind ebenso betroffen. Manche der Familien haben ihr Stückle leer geräumt. Andere beharren so wie die Armbrusters auf den Zäunen und Hecken.

Familie Armbruster schlägt als Lösungsansatz vor, sich am Runden Tisch zusammenzusetzen, um einen Kompromiss zu finden. Denn ohne jegliche Zugangsbeschränkung zum Grundstück sei das Eigentum nicht mehr geschützt. Auch die Aktion „Grüne Nachbarschaft“, die in Ludwigsburg stark gefördert wird, würde mit dem Anliegen des Landratsamtes kollidieren. Hier sei nämlich erwünscht, dass Hecken, Bäume und weitere, hauptsächlich bienenfreundliche Gewächse angepflanzt werden. Genau das Gegenteil bewirke aber die Maßnahme des Amts.

Auch viele Hundebesitzer sind den Armbrusters ein Dorn im Auge. Die seien oft zu faul, 50 Meter zum nächsten Hundebeutelmülleimer zu laufen, und entsorgen die vollen Tüten einfach auf dem Weg und an der Hecke.

Gab‘s die Hecken schon vor der Verordnung?

Auch das Landratsamt nimmt Stellung gegenüber unserer Zeitung. Markus Klohr von der Pressestelle erklärt: „Flächen in Schutzgebieten können nicht im selben Umfang genutzt werden wie Hausgärten oder Kleingartenanlagen.“ Er stützt sich auf die Verordnung und schreibt, dass der Bau von Hecken, Zäunen und anderen Bauten in Landschaftsschutzgebieten der Verordnung widerspreche. Sollte die Familie aber beweisen können, dass die Hecken bereits vor Erlass der Verordnung 1988 auf dem Grundstück standen, dann dürfen sie stehen bleiben.

Helga, Iris und Ottmar Armbruster sind mit der Angelegenheit schon zum Rechtsanwalt gegangen. Grund für den Kontakt zu unserer Redaktion war die BMX-Bahn in Hessigheim. Dort hatte eine Familie mit den Kindern ein paar Erdhügel angelegt, damit sie dort fahren können. Die Bahn darf jetzt zwei weitere Jahre bestehen bleiben, ehe sie zurückgebaut werden muss. Klohr spricht hier aber von zwei unterschiedlichen Fällen, da die Bahn erst neu errichtet wurde. Das Stück in Neckarweihingen existiere ja bereits länger. Ob Familie Armbruster ihr Grundstück weiterhin umzäunen darf, ist noch in der Schwebe.