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Mit Bistro in Ludwigsburg 860000 Euro Steuern hinterzogen

Bistro-Betreiber wegen Steuerbetrugs vor Gericht – 44-jährige Angeklagte gibt Vergehen zu

Ludwigsburg. Nachdem bundesweit die Finanzämter in den Abteilungen Steuerfahndung Personalverstärkung bekamen, konnten vor allem Gastronomiebetriebe besser kontrolliert werden. So auch in Ludwigsburg. Dabei verfing sich offenbar die 44-jährige Betreiberin eines Imbissstands in der Innenstadt, bei der die Fahnder große Diskrepanzen zwischen Einkauf und Abgabe der Ware feststellten. Jetzt sitzt die Gastwirtin auf der Anklagebank einer Wirtschaftsstrafkammer am Stuttgarter Landgericht.

Der Vorwurf, der ihr von der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsvergehen jetzt gemacht wird, scheint in der Dimension gewaltig: Insgesamt soll die 44-Jährige mit ihrem Ludwigsburger Bistro in der Zeit zwischen März 2009 und Oktober 2014 rund 860000 Euro Umsatzsteuern hinterzogen haben. Möglich gemacht habe die Beschuldigte dies laut der am Dienstag verlesenen Anklageschrift durch absichtlich falsche Angaben in ihren jährlichen Steuererklärungen. Da habe sie die Differenz zwischen Betriebsausgaben, Umsätzen und Betriebseinnahmen viel zu niedrig angegeben, mit der Folge einer mehrfachen Umsatzsteuer-Rückerstattung und hoher Steuervergünstigungen.

Auch die Gewerbe- und Einkommensteuer soll die beschuldigte Gastwirtin für die Zeit zwischen 2007 und 2018 in ihren Erklärungen viel zu niedrig dokumentiert haben, sagt die Staatsanwältin jetzt vor den Richtern der 6. Großen Wirtschaftsstrafkammer in Stuttgart – und nennt Beispiele: Gewinnangaben in der Steuererklärung für das Jahr 2012: 58 000 Euro. Tatsächlich, so die Nachberechnungen der Prüfer, sollen es aber 77 000 Euro gewesen sein. So sollen sich die Falschangaben in den jährlichen Erklärungen (in insgesamt 16 Einzelfällen) summiert haben, mit dem Ergebnis eines hinterzogenen Betrages von 860000 Euro. Wie die Steuerfahnder des Ludwigsburger Finanzamts auf die angeblichen Unregelmäßigkeiten der Gastwirtin gekommen sind, ist in dem gestern eröffneten Verfahren noch nicht zur Sprache gekommen. Aber es gibt Vergleichsfälle in Ludwigsburg: Vor sechs Jahren wurde der Inhaber eines Döner-Imbisses in der Innenstadt vom Stuttgarter Landgericht wegen ähnlicher Steuerhinterziehungen zu einer Haftstrafe verurteilt. Bei ihm hatten die Fahnder in akribischer Weise dessen Rohware-Einkäufe mit den über den Tresen verkauften Döner verglichen und kamen dadurch zu dem Ergebnis, dass für die Warenabgabe viel zu hohe Lieferungsmengen gegenüberstanden.

Ähnliche Ermittlungen hatte das Finanzamt Ludwigsburg auch bei einer Großmetzgerei in Bietigheim praktiziert, um einem dortigen Steuerbetrug auf die Schliche zu kommen. Auch hier wurde der betroffene Geschäftsinhaber verurteilt.

Die jetzt angeklagte 44-jährige Bistro-Inhaberin hatte ihren Betrieb in der Ludwigsburger Innenstadt im Jahre 2001 eröffnet. Vor den Richtern machte sie am ersten Verhandlungstag zu den Vorwürfen der 16-fachen Gewerbe- und Umsatzsteuerhinterziehung an diesem Tag noch keine Angaben. Über ihren Verteidiger ließ sie jedoch den Wirtschaftsrichtern mitteilen, dass sie die Vorwürfe zugibt. Im Zuge eines sogenannten Verständigungsgesprächs zwischen Gericht, Staatsanwalt und Anwalt soll jetzt eine Strafunter- und Strafobergrenze für die angeklagte Gastwirtin ermittelt werden, wobei ihr Geständnis in diesem Fall generell als Strafmilderung gewertet wird.

Danach wurde die Verhandlung auf den 7. Oktober vertagt. An diesem Prozesstag – insgesamt sind acht Verhandlungstage angesetzt – will das Gericht die ausgehandelten Strafgrenzen öffentlich bekanntgeben.