1. Startseite
Logo

Muskelkrankheit: Zwei Jahre nach der Infusion macht Michael die ersten Schritte

350_0900_36767_IMG_20211013_1938451.jpg
350_0900_36767_IMG_20211013_1938451.jpg Foto: privat
2019 war der kleine Eglosheimer Michael nicht nur in Ludwigsburg, sondern im ganzen Land bekannt. Sein Schicksal, eine seltene Muskelkrankheit, und der Kampf seiner Eltern, ein zwei Millionen US-Dollar teures Medikament für ihn zu bekommen, machte deutschlandweit Schlagzeilen. Vor zwei Jahren hat Michael die rettende Infusion bekommen. Jetzt macht der kleine Kämpfer die ersten Schritte.

Ludwigsburg. Michael grinst stolz zu seiner Mutter hoch, dann startet er durch. An einem Laufbarren, an dem er sich links und rechts festhalten kann, setzt er einen Fuß vor den anderen. Er läuft, ja, schlendert fast durch das Wohnzimmer, immer mit einem Lächeln im Gesicht. Für seine Familie ein Wunder, denn der kleine Eglosheimer hat die seltene Krankheit Spinale Muskelatrophie (SMA). Diese führt zu Muskelschwund und Lähmungen. Michael hat SMA Typ 1, Kinder mit dieser SMA-Form werden ohne Behandlung nicht älter als eineinhalb, zwei Jahre alt. Sie können weder selbstständig sitzen noch richtig schlucken, schon gar nicht laufen.

Dritten Geburtstag im Sommer gefeiert

Michael hingegen hat im August seinen dritten Geburtstag gefeiert – und Ende September seinen zweiten „Gen-burtstag“. So nennen seine Eltern den Tag im Herbst 2019, als Michael die Infusion bekommen hat, die fast zwei Millionen Euro kostete. Damals waren die Eltern froh, dass ihr Sohn die Infusion bekommen hat, die ihm das Leben ermöglichte – die Krankenkasse hatte die Kosten nach einem Härtefallantrag übernommen. Bis dahin hatte Michael ein Medikament bekommen, das nur die Symptome linderte, bei ihm aber nicht so gut angeschlagen hatte. Ein paar Monate nach der Infusion, im Dezember 2019, sagte Michaels Mutter Marina Mantel: „Wir hoffen auf ein weiteres Wunder: Dass Michael irgendwann vielleicht sogar laufen kann.“

So ganz ist der Wunsch zwar noch nicht wahr geworden – ohne Hilfe kann Michael nicht laufen. Doch sein Laufbarren hilft ihm beim Üben. „Am Barren ist Michael sehr stabil und flink“, erzählt Marina Mantel stolz. Um sich ohne den Barren fortzubewegen, hat Michael einen kleinen Rollstuhl, den er selbst anschubst. Wie das am besten klappt, hat Michael ganz instinktiv gewusst. „Mit dem Rollstuhl fährt er mit seiner Schwester um die Wette“, sagt die Mutter.

Dass Michael vor zwei Jahren die Infusion bekommen hat, für die seine Eltern so stark gekämpft haben, ist für sie immer noch ein Wunder. Michael war deutschlandweit das erste Kind, das die Infusion bekam – und zwar noch vor der Zulassung durch die Europäische Arzneimittelagentur (Ema). Nach einer Spendenaktion, die auch durch die Berichte in unserer Zeitung schnell an Fahrt aufnahm, genehmigte die Krankenkasse der Familie letztendlich doch einen Härtefallantrag.

Inzwischen spricht Michael auch

Ende September 2019 hat Michael in Heidelberg die einstündige Infusion bekommen. Noch im Krankenhaus zeigten sich die ersten Besserungen für den Kleinen: Er konnte sich vom Rücken auf den Bauch drehen. Etwas, das der damals Einjährige wegen seiner schwachen Muskeln zuvor nicht konnte. Ein halbes Jahr später konnte Michael bereits frei sitzen und ein paar Minuten stehen. Inzwischen, mit drei Jahren, hat er angefangen zu sprechen und bildet volle Sätze.

Vor der Infusion hat man es Michael angesehen, dass es ihm nicht gut geht. Seine Augen schauten traurig aus. Sechs Wochen nach seiner Geburt waren es auch seine Augen, die verrieten, dass es ihm nicht gut geht. „Seine Augen haben zu mir gesagt: Mama, hilf mir!“, hatte Marina Mantel kurz nach Michaels erstem Geburtstag gesagt. Das hat sich nun geändert: Als er am Laufbarren entlang geht, glitzern seine Augen vor Freude. „Michael ist ein sehr fröhlicher und aufgeschlossener Junge geworden“, sagt seine Mutter glücklich.