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Neuer Schwung für Bürgerbusse?

Benningen hat schon einen Bürgerbus, Großbottwar auch bald. Archivfoto: Holm Wolschendorf
Benningen hat schon einen Bürgerbus, Großbottwar auch bald. Foto: Holm Wolschendorf
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Bürgerbusse werden in immer mehr Kommunen zur festen Einrichtung – auch im Kreis Ludwigsburg. Jetzt sollen Fahrgäste mit VVS-Ticket ab Januar gratis mitfahren dürfen – doch ob das so funktioniert, ist noch offen.

Kreis Ludwigsburg. Ehrenamtlich betriebene Bürgerbusse sind eine feine Sache. Sie gelten als ideale Ergänzung zu den öffentlichen Verkehrsmitteln, vor allem für Bewohner entlegenerer Gebiete. Doch Tickets, die man für klassische Busse oder die Bahn benötigt, wurden bislang nicht anerkannt. Das soll sich jetzt aber ändern. Wer einen gültigen VVS-Fahrschein hat, soll ab 1. Januar kostenlos im Bürgerbus mitfahren dürfen. „Dies wird den oftmals älteren Menschen den Zugang zum Bürgerbus in ihrer Umgebung erleichtern“, sagt VVS-Geschäftsführer Thomas Hachenberger dazu.

Voraussetzung dafür ist, dass sich der Betreiber einer neuen Regelung zur Finanzierung anschließt. Grundlage ist die Änderung der Allgemeinen Vorschrift des Verbands Region Stuttgart, (VRS) die unlängst die Regionalversammlung beschlossen hat. Sie sieht vor, Betreiber von (für die Nutzer kostenpflichtigen) Bürgerbussen künftig durch Ausgleichsleistungen zu entlasten, wenn sie VVS-Fahrscheine akzeptieren.

In Freiberg fährt seit April 2006 ein Bürgerbus durch die Stadt. Im Moment steht er in der Garage, was nicht nur mit der Coronapandemie zu tun hat. Weil der Vertrag über das alte, werbefinanzierte und mit Diesel betriebene Auto ausgelaufen ist, möchte es die Stadt laut Carmen Klink, Leiterin des Fachbereichs Hauptverwaltung, Kultur und Bildung, durch ein neues E-Fahrzeug ersetzen. Der Förderabtrag dazu sei gestellt. Der Bürgerbus fährt üblicherweise montags, mittwochs und freitags aus den drei Freiberger Stadtteilen ins Zentrum und wieder zurück. Ein Ticket kostet bisher 50 Cent. Auf Anfrage unserer Zeitung teilt Carmen Klink mit, dass die neue Regelung des VRS verwaltungsintern noch nicht besprochen werden konnte. „Es wird zunächst geklärt werden, ob die Ausgleichsleistung des Verbands Region Stuttgart mit der beantragten Förderung für den neuen Bürgerbus vereinbar sind“, so Carmen Klink.

Seit Mai 2019 ist auch in Benningen ein Bürgerbus unterwegs. In einer kompletten Runde durch den Ort fährt er dienstags und donnerstags sowie freitagvormittags insgesamt 16 Haltestellen an. Für eine Runde, die durch einen Einkauf oder Arztbesuch beliebig oft unterbrochen werden kann, zahlen die Fahrgäste einen Euro. Laut Auskunft von Bürgermeister Klaus Warthon musste der Bürgerbus während der Coronapandemie für eine gewisse Zeit stehenbleiben. Doch inzwischen dreht er mit einem Hygienekonzept wieder seine Runden. Die Auslastung ist gut. „Wir sind zufrieden – es gibt ein regelmäßiges Stammpublikum“, sagt Warthon. Vor allem ältere Benninger profitieren von dem Mobilitätsangebot, zumal es in der Gemeinde außer der S-Bahn kein weiteres ÖPNV-Angebot gibt. Doch genau dieser Umstand macht es dem Benninger Bürgermeister nicht einfach, sich der neuen Zuschussregelung anzuschließen. Der Grund: Viele ehrenamtlich betrieben Bürgerbusse werden in ihren Kommunen als Ergänzung des normalen ÖPNV wahrgenommen. Den gibt es allerdings in Benningen nicht. „Außer dem Bürgerbus haben wir keinen Busverkehr“, sagt Warthon. Das Platzangebot sei in dem Fahrzeug begrenzt: Sieben Fahrgäste dürfen mitfahren. Dürfen Personen mit einem VVS-Ticket umsonst im Bürgerbus mitfahren, sei schnell kein Platz mehr da für diejenigen Fahrgäste, die nicht mehr so mobil sind, und für die das Angebot eigentlich gedacht war. „Ich möchte es für die Zukunft nicht ausschließen, doch im Moment halten wir uns bei dem Thema noch zurück“, sagt der Bürgermeister.

Seit 2018 ist der weiße Bürgerbus mit dem großen Steppi in Steinheim unterwegs und fährt vor allem ältere Bürger aus den entlegeneren Wohngebieten zu den Einkaufsmöglichkeiten in der Stadt, ist aber auch bei Seniorenweihnachtsfeiern oder bei Fahrdiensten der Nachbarschaftshilfe im Einsatz. Samstags fährt der Bus auch nach Höpfigheim – noch. Sobald der neue Fahrplan des ÖPNV mit den zusätzlichen Fahrten am Wochenende startet, muss der Bürgerbus dieses Angebot einstellen. Im Moment fährt der Bus Dienstag-, Donnerstag- und Samstagvormittag sowie Dienstag- und Donnerstagnachmittag.

Die Region bringe meistens Förderprogramme ins Rollen, die kommunenfreundlich und unbürokratisch seien, sagt Bürgermeister Thomas Winterhalter. Wenn die Region das bezahle, sei es eine „coole Sache“, so Winterhalter. Man müsse aber noch prüfen, ob die Fahrer dann auch die VVS-Fahrscheine verkaufen müssten, da wäre der Aufwand sicherlich zu groß. Dies alles gelte es noch zu prüfen.

Das heißt es auch aus Korntal-Münchingen: Noch sei man in der Abstimmungsphase über die Fahrkarten-Regelung. Allerdings profitieren VVS-Kunden schon jetzt: Mit einer Monats- oder Jahreskarte zahlt man pro Fahrt nur 80 Cent statt einen Euro.

In der Doppelstadt feierte man im Sommer 2020 das zehnjährige Bestehen des Bürgerbusses und richtete deshalb die Tagung des Landesverbands proBürgerBus aus, dessen Gründungsmitglied man auch ist. Ohnehin war dieses Jahr prägend, konnte doch im Februar ein neues Niederflurfahrzeug auf Basis eines Mercedes Sprinters und dank Sponsoren in den Dienst gestellt werden – ein E-Modell hatte der Gemeinderat nach längerer Diskussion sowie Prüfungen zur Leistungsfähigkeit und vorhandener Angebote verworfen. Und so wurde ein Fahrzeug mit klassischem Antrieb auf seine halbtäglichen Touren von montag- bis samstagmittags in die Stadtteile geschickt – bis eine wochenlange Coronapause folgte. Trotz der Einschränkungen und Einbußen blicke das Team positiv in die Zukunft, so die Stadt, die regelmäßig um neue Fahrer wirbt. Und deren Einsatz lohne sich, heißt es: „Die Dankbarkeit der Fahrgäste ist groß, wenn wir sie abholen“, wie es Fahrer Karl Restle formulierte.