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Sommerliches Kurzprogramm im Gotteshaus

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Kirche statt Akademiehof: Das Sinfonieorchester Ludwigsburg.Foto: Holm Wolschendorf
Das Open Air findet nicht statt, ein Experiment wird das Konzert des Sinfonieorchesters Ludwigsburg dennoch

Ludwigsburg. Gegenüber einem gewöhnlichen klassischen Konzert ist der Dresscode beim Publikum wie unter den Musikern sichtbar gelockert, zwischen den Sätzen wird entgegen der Gepflogenheiten munter geklatscht, „wows“ und „ohs“ und Baby-Geräusche sind etwas öfter zu vernehmen, als das wohl im Forum der Fall wäre. Zumindest diese Details deuten am Mittwochabend in der Stadtkirche noch darauf hin, dass das Konzert eigentlich ganz anders geplant war. Das unfreiwillige sozialpsychologische Experiment zeigt jedoch wenig überraschend: Am Ende färbt die Umgebung auf das Publikum ab.

 

Das Sinfonieorchester Ludwigsburg um seinen Dirigenten Hermann Dukek wollte ursprünglich den Akademiehof stürmen, unter dem Motto „Summer in the City“ mit einem bunt-kursorischen und zumal kostenlosen Programm – Spenden gehen an die Karlshöhe – auch Zuhörer begeistern, die sich ansonsten nichts aus klassischer Musik machen. Doch dann fiel die Entscheidung, angesichts der feuchtkühlen Wetterlage in die Stadtkirche auszuweichen. Es half ja nichts. Nun ist die Kirche prall gefüllt – immerhin. Von der Lockerheit eines Sommerabends unter freiem Himmel ist unterm Strich dann doch wenig zu spüren, die erhofften jungen Leute, die als Zaungäste dem Konzert beiwohnen sollten, sind überwiegend ferngeblieben.

 

Durchaus bedauerlich, legte sich das städtische Orchester doch ordentlich ins Zeug, um im Herzen der Barockstadt zu brillieren. Paul Dukas quirlige, in der Intonation jedoch mitunter etwas holprige Blechbläser-Fanfare, der Ouvertüre zum Ballett „La Peri“, setzte den Auftakt für ein im besten Sinne kurzweiliges, knapp 60-minütiges Programm. „Blauer Himmel in A-Dur“ hat Felix Mendelssohn Bartholdy zu seiner Sinfonie Nr. 4, der „Italienischen“, vermerkt, und so kommt sie denn auch daher: wunderbar leichtfüßig das markante Thema des Kopfsatzes, transparent die Holzbläser im Seitenthema. Nach dem 1. Satz wird sofort auf den 3. geschwenkt, so entsteht eine Art Radioversion des Werks. Nichts für Puristen, aber andererseits: warum auch nicht?

 

Akustisch erweist sich der Kirchenraum als für diesen Zweck sicherlich nicht optimal, aber durchaus passabel. Das dürfte auch Thomas Wördehoff, seines Zeichens Intendant der Schlossfestspiele, interessiert zur Kenntnis genommen haben, der in einer der hinteren Reihen Platz genommen hatte. Ob er daraus Schlüsse für sein eigenes Programm 2018 zieht, ist nicht bekannt.

 

Georges Bizets Carmen-Suiten werden nun präsentiert, Auszüge selbstverständlich, Prelude, Aragonaise, Seguedille und weitere. „Dass es mit Carmen nicht gut ausgeht, wissen Sie wahrscheinlich“, erläutert der Dirigent zur kurzen Einführung. „Gleich werden Sie’s auch hören.“ Fetziges Schlagwerk und zackige Motive prägen die acht gespielten Teile, als vielschichtig und präzise erweist sich der Klangkörper, auch in der begeistert aufgenommenen Zugabe, Edvard Griegs „In der Halle des Bergkönigs“.

 

Die neue Handschrift ist erkennbar

Tatsächlich meint man nach etwas über einem halben Jahr und dem zweiten Konzert unter der Leitung des jungen Dirigenten Hermann Dukek – der Auftakt fand im April statt – bereits dessen Handschrift zu erahnen. Wattig-modern kommt der Klang daher, sofern die unkonventionelle Örtlichkeit diese Einschätzung überhaupt erlaubt. Das Orchester scheint jedenfalls auf einem guten Weg zu sein.

 

Ob das Format Sommerkonzert wohl eine Zukunft hat? Dass Dukek den Gedanken eines niederschwelligen Open-Air-Events nicht abhaken wird, davon darf ausgegangen werden. Auf dem Akademiehof kann man sich 2018 sicherlich auf eine Neuauflage einstellen.