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Spillmann steckt in der Zwickmühle

Busse von Spillmann, WBG und LVL Jäger bleiben am Dienstag stehen. Archivfoto: Alfred Drossel
Busse von Spillmann, WBG und LVL Jäger bleiben am Dienstag stehen. Foto: Alfred Drossel
Dem städtischen Busunternehmen Spillmann geht es nicht gut. Große Investitionen und schwindende Einnahmen wegen Corona wirken sich negativ in der Bilanz aus. Jetzt klagt auch der Gemeinderat über die großen Ausgaben. Dabei hätte er es eigentlich besser wissen müssen.

Bietigheim-Bissingen. Die Busunternehmen in der Republik leiden. Sie müssen nach einer EU-Verordnung ihre Busflotten auf moderne und umweltfreundliche Technik umstellen. Hinzu kommt die Coronapandemie, die für große Umsatzausfälle sorgt. Mit diesen Problemen hat auch die Firma Spillmann zu kämpfen, doch das Unternehmen hat einen Vorteil – es gehört der Stadt Bietigheim-Bissingen. So wird am Ende des Jahres das Minus ausgeglichen, doch der Gemeinderat will natürlich wissen, wofür das Geld ausgegeben wird. Gleichzeitig hat er den Daumen drauf, welche Linien in der Stadt wie gefahren werden.

In der letzten Sitzung vor der Sommerpause gab es erstmals Kritik an Spillmann. Ein Minus von 1,6 Millionen Euro sei zu viel, da müsse man gegensteuern, hieß es damals aus Teilen des Gemeinderats. Der Spillmann-Geschäftsführer, Bülent Menekse, war verwundert, zumal der Gemeinderat der Sache so zugestimmt hat. Rund 800000 Euro fielen aus, weil der Ausgleich für die verminderten Schülertickets inzwischen vom Land an die Kommunen überwiesen werden. Und von dort wird das Geld nicht an die Busunternehmen weitergereicht. Hinzu kamen Ausfälle von rund 200000 Euro, die sich aus den Mehrkosten errechnen, die beim Betrieb über ein Jahr entstehen. Die restlichen 600000 Euro sind Ausfälle durch die Pandemie.

Seit Corona läuft im Reisebetrieb nichts mehr. „Es besteht bis heute eine Maskenpflicht in den Bussen. Das will sich keiner antun. Wir wollen eine 2G-Regel und dann können wir wieder mit dem Betrieb beginnen“, so Menekse. Dieser Bereich – die Katalogreisen – seien auf null und machten einst rund 40 Prozent des Reisegeschäfts aus. Der Rest befinde sich in einem Bereich von 20 Prozent des Vorkrisenniveaus. „Uns fehlen allein im Reisegeschäft rund 85 Prozent der Einnahmen“, klagt Bülent Menekse.

Corona erwischte 2020 die Busunternehmen zu einem sehr schlechten Zeitpunkt. In den Jahren zuvor nahm der S-Bahn-Verkehr stark zu, doch es fehlten die anschließenden Busverbindungen. In diesem Jahr sollte das alles nachgeholt werden, für Spillmann bedeutete das 30 Prozent mehr Fahrleistung, 14 zusätzliche Mitarbeiter und acht weitere Busse.

Doch der Betrieb lief nicht lange. Im März 2020 erfolgte der erste Lockdown und die Schulen wurden geschlossen. Von der Reisetouristik sprach schon niemand mehr. Ein Großteil der sonstigen Einnahmen war weggefallen. Gleichzeitig war der Aufwand viel größer, die paar zugelassenen Linienbusse noch fahren zu lassen. Fast wöchentlich wurde der Fahrplan gewechselt.

Und im Jahr 2021 wird die Situation voraussichtlich nicht besser. „Wir hatten einen längeren Shutdown, das bedeutet, dass sich die Ausfälle noch vergrößern. Diese kann das langsam erwachende Reisegeschäft nicht ausgleichen. Zumal die Saison inzwischen schon durch ist“, sagt der Geschäftsführer. Er geht davon aus, dass ein Minus von 1,6 bis 1,8 Millionen Euro zu verbuchen sein werde.

Dann wären da noch die Investitionen in die Zukunft. Weil die EU fordert, dass die Linienbusse ab 2030 alle elektrisch oder mit Wasserstoff fahren müssen, hat sich Spillmann heute schon mal mit sogenannten Hybrid-Bussen eingedeckt. Von den 44 Linienbussen sind inzwischen rund 80 Prozent mit dieser Technik ausgerüstet. Die restlichen Busse kommen in den nächsten Jahren. So hat das Unternehmen genügend Zeit, sich bis 2030 die passende Technik auszusuchen.

Ein Wechsel der Antriebstechnik bei den Bussen hat auch große Auswirkung auf das Betriebsgelände. Das Gebäude ist in die Jahre gekommen und müsste eigentlich abgerissen werden. Ein Neubau kostet Millionen. Geld, das das Unternehmen Spillmann aktuell nicht hat. Denn mit der neuen Antriebstechnik muss sich auch die Infrastruktur für die Busse ändern. Aber auch für diese Entscheidung hat man noch ein paar Jahre Zeit.

Es werden schwierige Zeiten für das Unternehmen. Auch in den nächsten Jahren wird es einen Abmangel von rund einer Million Euro geben. Genauer gesagt, bis Ende 2029. So lange laufen noch die Verträge. Da kann es schon noch sein, dass der Gemeinderat in Bietigheim-Bissingen manchmal genau nachfragt, was mit dem vielen Geld passiert.