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Stadtbahn-Durchbruch: Jetzt aber wirklich?

Seit 30 Jahren wird debattiert, doch jetzt scheint festzustehen: Die Bahnlinie zwischen Markgröningen und Ludwigsburg soll bis 2028 reaktiviert werden, das gesamte Stadtbahnnetz könnte 2032 in Betrieb gehen. Reaktionen reichen von enttäuscht über sportlich bis gelassen.

Kreis Ludwigsburg. Die gemeinsame Verständigung, hinter der sich die Projektpartner im Verkehrsministerium sammeln, trägt die Unterschriften des Landrats, der Oberbürgermeister aus Ludwigsburg, Remseck und Kornwestheim sowie der Rathauschefs aus Markgröningen, Möglingen und Schwieberdingen. In dem Papier bekennen sich die Spitzenbeamten vor drei Jahren, wieder Züge zwischen Markgröningen und Ludwigsburg aufs Gleis zu setzen – und zwar bis 2025.

Eine Stadtbahn zwischen Markgröningen und Pattonville mit Ästen in die Ludwigsburger City und die Ortsteile Oßweil und Schlösslesfeld wollen sie bis 2030 realisieren. Dazu könnte ein Ast zum Automobilzulieferer Bosch nach Schwieberdingen kommen.

Im Sommer 2021 ist dieses Werk Makulatur. Neue Grundlage für die Stadtbahn ist nun ein sogenannter Meilensteinplan, den der Landrat Dietmar Allgaier, sein Dezernent Heiner Pfrommer und der neue Chef des Stadtbahnzweckverbandes, Frank von Meißner, im Landratsamt am vergangenen Donnerstag präsentieren (wir berichteten). Demnach soll die Markgröninger Bahn erst in sieben Jahren den Betrieb wieder aufnehmen, das gesamte Stadtbahnnetz noch einmal vier Jahre später.

Einer, der für klare Kante steht, ist der Landeschef des ökologischen Verkehrsclubs Deutschland (VCD), Matthias Lieb. „Der Plan ist enttäuschend“, sagt der Verkehrsexperte unserer Zeitung. Dass die Markgröninger Bahn nun drei Jahre hinter ihrem ursprünglichen Fahrplan zurückbleibt, lastet er dem Landkreis an, dem er „Nichtstun“ vorwirft.

Lieb erinnert daran, dass über die Reaktivierung der rund acht Kilometer langen Trasse seit 30 Jahren gestritten werde – aber kaum etwas passiere. „Das können Sie normalen Leuten nicht mehr begreifbar machen“, so der VCDler. Lieb sieht alle Voraussetzungen für gegeben an, zwischen Markgröningen, Möglingen und Ludwigsburg wieder Züge verkehren zu lassen – und am besten weiter bis zum neuen W&W-Campus, nach Kornwestheim und die Schusterbahn nach Untertürkheim und den Kreis Esslingen.

Darüber hinaus äußert er Zweifel: Dass der Kreis und die beteiligten Kommunen sich nach der gemeinsamen Verständigung jetzt aber wirklich an den vereinbarten Zeitplan halten. Allgaier und von Meißner war offenbar schon während der Präsentation bewusst, dass sie für ihren Meilensteinplan auch Kritik ernten würden. Sie verteidigten das Werk als ehrgeizig und realistisch. Der Landrat: „Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit.“

Potenzialanalyse für Remseck wichtig

Das Ludwigsburger Aktionsbündnis für die Stadtbahn hält dem Landkreis zugute, dass ihr Plan, den Experten für plausibel halten, „das Potenzial zur fristgerechten Erfüllung“ habe. Der Sprecher Werner Bischof: „Wir freuen uns, dass das Landratsamt nicht nur die Reaktivierung der Markgröninger Bahn betreibt, sondern auch die Stadtbahn durch Ludwigsburg bauen will.“ Das Jahr 2032 als Startpunkt hält Bischof jedoch für „sportlich“.

Seine Hoffnung nach der bislang eher schleppend verlaufenen Vorbereitung: Dass auch die Lösungsvorschläge seines Bündnisses für die Knackpunkte am Ludwigsburger Bahnhof „ernsthaft berücksichtigt werden“. Bischof wirbt dafür, das Gleis des ehemaligen Franck-Areals für eine Niederflurbahn zu nutzen und von dort über eine neue Keplerbrücke zu fahren, die einen U-Turn zum ZOB erlaubt.

Der Remsecker OB Dirk Schönberger reagiert derweil gelassen auf den Meilensteinplan des Kreises. „Eigentlich sind wir nicht direkt betroffen“, so der OB. Denn die Strecke zwischen Aldingen und Pattonville kann erst in einem nächsten Schritt angegangen werden. „Wir hängen an der Entscheidung der Stadt Ludwigsburg“, bekennt der Schultes. Denn ohne ein positives Votum des dortigen Gemeinderates, die gelben Züge der SSB auch in die Stadt zu führen, wäre die Verbindung von Remseck nicht wirtschaftlich. „Da liegen wir bei einem Faktor von 0,5.“ Erst ab 1,0 gebe es eine 95-prozentige Förderung von Bund und Land. Und erst dann würde die SSB an die Fortführung einer Hochflurvariante gehen. Bei einem Gespräch mit dem Unternehmen diese Woche sei das bestätigt worden.

Deshalb blickt Schönberger auch gespannt in die nähere Zukunft, wenn im Kreis eine Potenzialanalyse präsentiert werden soll, welche Streckenäste in Ludwigsburg sinnvoll und förderfähig sind. Immerhin sei Frank von Meißner, der neue Chef des Stadtbahnzweckverbandes, ein Kenner der Hochflurbahnen.