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Von Klimaneutralität bis 2040 ist Kornwestheim noch weit entfernt

Es gibt noch eine Menge zu tun: Viele Häuser sind schlecht gedämmt. Foto: dpa
Es gibt noch eine Menge zu tun: Viele Häuser sind schlecht gedämmt. Foto: dpa
Der Zwischenbericht der kommunalen Wärmeplanung ist ernüchternd. Obwohl der menschliche Einfluss auf das Klima seit Jahrzehnten bekannt ist, hat sich auch in Kornwestheim wenig getan. Vom Ziel, bis zum Jahr klimaneutral zu sein, ist man weit entfernt.

Kornwestheim. Mit der Novellierung des Klimaschutzgesetzes Baden-Württemberg im Jahr 2020 wurden alle großen Kreisstädte dazu verpflichtet, bis Ende 2023 einen kommunalen Wärmeplan zu erstellen. In Kornwestheim wurde mit den erforderlichen Arbeiten das Büro IBS Ingenieurgesellschaft mbH betraut. Deren Geschäftsführer Wolfgang Schuler präsentierte am Dienstagabend im Ausschuss für Umwelt und Technik den aktuellen Stand in der Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik. Bis zum Herbst soll der fertige Plan vorliegen, kündigte er an.

Von den 5100 Gebäuden der Stadt sind über 1900 bereits 75 Jahre und älter. Nur 690 Häuser wurden nach den Vorgaben der jüngsten drei Energieeinsparverordnungen der vergangenen 20 Jahre gebaut. Viele Heizungen sind veraltet, Fassaden und Dächer sind schlecht gedämmt, Fenster zugig. Über diese Brücken geht viel Heizenergie verloren. Das ist für Schuler weiter ein wichtiger Ansatz. Aber ebenso entscheidend sei, wie die Energie, die benötigt wird, produziert wurde.

Alternative Wärmelieferanten fallen kaum ins Gewicht

Kornwestheim verfügt über sechs Heizzentralen der Stadtwerke. Fast alle Haushalte und Unternehmen hängen am Gasnetz, ein paar Gebiete werden bereits über Fernwärme versorgt. Der Rest verfeuert immer noch Heizöl. Mit aktuell knappem und teurem Erdgas werden über zwei Drittel des Bedarfs gedeckt. Dazu kommt noch die Fernwärme, die aus der gleichen Quelle gespeist wird. Sie macht 14 Prozent aus und hält sich die Waage mit Öl. Die verschiedenen alternativen Wärmelieferanten fallen mit fünf Prozent kaum ins Gewicht.

Die Kornwestheimer verbrauchen zusammen jährlich knapp 240 Gigawattstunden (GWh) zum Heizen.

Durch bauliche Vollsanierungen könnten 96 GWh gespart werden, so Schuler. Allerdings bremste er hier etwas die Erwartungen ab, denn nicht jedes Gebäude sei sanierungsreif. „Wer vor 20 Jahren neu gedämmt hat, wird das jetzt trotz besserer Technik nicht schon wieder machen.“ 70 Prozent des Bedarfs müssen in Kornwestheim zugekauft werden, der Rest wird auf eigener Markung produziert. Insgesamt liegt der Anteil der erneuerbaren Energien bei 13 Prozent. Eine ähnliche Bilanz zeigt sich beim Strom. Fast 200 GWh fließen in den Privathaushalten jedes Jahr durch die Steckdosen. Der Anteil der lokalen Stromproduktion liegt gerade einmal bei 12,5 Prozent. Zum Gesamtverbrauch steuern erneuerbare Energien gut zehn Prozent bei. Dabei liegen viele Dächer brach, die genutzt werden könnten. 105 GWh an Sonnenernte könnten klimaneutral eingefahren werden.

Experte setzt auf den Netzausbau der Stadtwerke

Auch an der Schraube, wie die Wärme in die Häuser kommt, kann gedreht werden. Schuler setzt auf den Netzausbau der Stadtwerke und Anschlüsse im Gebäudebestand. Potenzial sieht er insbesondere bei der Nutzung von Abwärme aus der Kläranlage und den Gewerbebetrieben auch in Verbindung mit großen Wärmespeichern. Der Anteil der Solarthermie müsse gesteigert, die Biogasanlage besser genutzt und die Leitung nach Ludwigsburg gebaut werden. Weitere Möglichkeiten wie Geothermie, Kraftwärmekopplung, Biomasse oder Wärmepumpen sollten ebenfalls geprüft werden.

„Wenn sich die Stadt nur zwei Projekte pro Jahr vornimmt, ist das schon ehrgeizig“, so Schuler. Es müssten gesetzt werden, um sich nicht zu verzetteln. Ideen gebe es reichlich, das Problem sei aktuell, überhaupt Planer und Handwerker aufzutreiben und das notwendige Material zu bekommen. Das Ziel 2040 klimaneutral zu sein sei „eher schwer zu erreichen“.

Auch viele Stadträte sind skeptisch

„Wir brauchen eine Strategie und die Beteiligung privater Immobilienbesitzer“, betonte Bürgermeister Daniel Güthler. „Anreize“, forderte Hans Bartholomä von der CDU. Der Weg sei allerdings noch weit. Ins gleiche Horn stieß Stadtrat Hans-Michael Gritz (SPD). Er zeigte sich skeptisch. Information sei ein wichtiger Baustein. Edda Bühler von den Grünen wünscht sich in diesen besonderen Zeiten einen „Paradigmenwechsel“. „Wir müssen uns unabhängiger machen.“ Und das sollten sich auch die Stadtwerke verstärkt auf die Fahnen schreiben. Freie-Wähler-Stadtrat Markus Kämmle meinte: „2040 ist schneller da, als man denkt.“ Man müsse also dranbleiben.

„Wir müssen froh sein, dass wir schon so weit gekommen sind“, hielt Oberbürgermeisterin Ursula Keck entgegen. Andere Kommunen hätten noch nicht einmal einen Projektbegleiter gefunden.