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Markus Rösler (Die Grünen) zum Thema Insektensterben

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Markus Rösler möchte sein Mandat für die Grünen im Landtag (Wahlkreis Vaihingen) verteidigen. Für das Interview hat er das Thema Insektensterben ausgewählt.

Warum machen Sie sich für Insekten und Vögel so stark?

Wir haben Verantwortung für unser Naturerbe, für unsere Schöpfung. Zumal es einen dramatischen Rückgang der Insekten und Vögel gibt. Weil ich aus einer alteingesessenen Wengerter- und Obstbauernfamilie komme, verstehe ich mich auch als Brückenbauer zwischen Landwirtschaft und Naturschutz. Ich bin bodenständig, naturverbunden und landwirtschaftsnah. Und als Vogelwart an der Nordsee und früherer Mitarbeiter der Vogelwarte Helgoland verstehe mich als Bindeglied zwischen Wissenschaft und Politik.

Was braucht es jetzt, um das Sterben einzudämmen?

Mehr Vielfalt und Hochstamm-Obstbäume in der Landschaft und in unseren Gärten, weniger Pestizide und mehr Bio-Anbau in der Landwirtschaft. Die Insektenvielfalt ist nur ein Spiegelbild der biologischen Vielfalt, die im Agrarraum stärker zurückgeht als im Wald und im Siedlungsraum. Die einzelnen Bauern unterliegen dabei einem massiven ökonomischen Druck. Sie benötigen Unterstützung aus der Politik – und Nachfrage von uns Verbrauchern.

Die Nachfrage nach Bio nimmt zu. Was hindert Regierungen daran, Biolandwirtschaft verpflichtend zu machen? Beim Atomausstieg ging das doch auch.

Das wäre der falsche Weg, ein zudem nicht zulässiger Eingriff in das Eigentum des Einzelnen. Atomkraftwerke waren ja nicht in Privatbesitz. Durch Anreize und Förderprogramme haben wir eine positive Entwicklung beim Biolandbau. Wir Grüne haben mit der CDU beschlossen, bis 2030 bei 30 bis 40 Prozent biologischer Landwirtschaft sein zu wollen. Ohne das Volksbegehren hätten wir dies allerdings nicht hinbekommen. Und es gibt deutliche Unterschiede im Vergleich zu den anderen Parteien, die weniger klar auf Bio-Landbau und biologische Vielfalt setzen.

Wir müssen unbedingt noch stärker an die Vermarktung ran. Das ist nur zu erreichen, wenn das Land mehr Finanzmittel zur Verfügung stellt. Auch bei 40 Prozent biologischem Landbau dürfen wir aber nicht vergessen: Der Hauptteil wird in konventioneller Landwirtschaft erwirtschaftet. Ob bio oder konventionell: Unsere Landwirte brauchen faire Preise. Lebensmitteldumpingpreise widern mich an.

Der Verbraucher springt nun mal auf Sonderangebote an.

Leider. Er soll damit aufhören. Wir sollten bereit sein, für Lebensmittel mehr auszugeben. Ich werbe dafür, am Urlaub, Auto, Computer zu sparen und das Geld stattdessen für gutes, regionales, naturverträglich erzeugtes Essen auszugeben.

Bildungspolitik ist Ländersache. Müsste das Bewusstsein für die Natur und den Wert der Lebensmittel nicht in der Schule vermittelt werden?

Einer meiner größten Erfolge der vergangenen zehn Jahre ist, dass wir an der Universität Hohenheim und am Staatlichen Naturkundemuseum in Stuttgart sowie an der Umweltakademie ein Kompetenzzentrum für biologische Vielfalt und Artenkenntnis haben. Dorthin fließen zwei Millionen Euro pro Jahr hin mit dem Ziel, Studenten, Lehrer und Ehrenamtler auszubilden. Manche Lehrer trauen sich gar nicht mehr mit den Schülern in die Natur, weil sie die Bäume, Insekten und Vögel nicht kennen. Schwebfliegen sind zwar gelb-schwarz, aber keine Wespen. In der nächsten Legislatur wird der Bildungsplan überarbeitet, das ist eine Chance.

Wenn Sie wieder für den Wahlkreis Vaihingen in den Landtag einziehen sollten, was bringen Sie als Erstes auf den Weg?

Unser Programm „Biologische Vielfalt“ soll weiterlaufen und finanziell abgesichert sein. Wir brauchen noch mehr Geld für naturverträgliche Grünlandnutzung. Wir werden als Grüne dafür kämpfen, dass die Mittel im Naturschutz auf 150 Millionen Euro im Jahr erhöht werden. Derzeit sind wir bei 108 Millionen. 2011 haben wir das mit 30 Millionen übernommen. Verglichen mit anderen Bundesländern sieht man: Grün macht den Unterschied – mit einem grünen Ministerpräsidenten und einer grünen Finanzministerin.

Es geht also vor allem ums Geld?

Klar, mit finanziellen Anreizen kann man viel erreichen. „Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“ ist die grüne Devise. Dies gilt für den Biolandbau, die konventionelle Landwirtschaft, für die Schafhaltung, den Streuobstbau. Wenn die Gesellschaft möchte, dass die Schmetterlinge weiter fliegen, sie Goldammern und Schwebfliegen sehen möchte, dann müssen wir die Finanzen erhöhen. Das sind Steuergelder und man muss den Leuten deutlich sagen: Das kostet was, und ist nicht für einen Appel und ein Ei zu kriegen.