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Tobias Vogt (CDU) zum Thema Wirtschaft im Wandel

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Tobias Vogt bewirbt sich für die CDU um ein Landtagsmandat im Wahlkreis Bietigheim-Bissingen. Für das Interview mit unserer Zeitung hat er sich das Thema Wirtschaft im Wandel ausgewählt.

Ist die Zeit der klassischen Automobilindustrie vorbei, ist der Verbrennermotor ein Auslaufmodell?

Der Verbrenner wird noch viele Jahre lang eine Rolle spielen. Wir in Deutschland beherrschen diese Technik perfekt, die Infrastruktur ist da, und ein E-Auto ist noch nicht für jeden die richtige Lösung. Aber nicht der Verbrenner ist das Problem, sondern der Tankinhalt. Wir brauchen neben der Batterie und dem Wasserstoff auch die synthetischen Kraftstoffe, das ist die Lösung für den Bestand und eine CO-neutrale Zukunft.

Trotzdem: Diese Industrie befindet sich im Wandel. Mit Elektro- und Hybridfahrzeugen wird die Komplexität viel geringer, die Autos werden aus weniger Teilen bestehen, deshalb braucht es auch viele Zulieferer nicht mehr. Also müssen wir der Wirtschaft wieder mehr Freiheit geben. Zieht die Anfrage nach E-Autos und alternativen Antrieben in der Zukunft an, dann wird die deutsche Autoindustrie auch in diesen Bereichen ihre Stärken ausspielen. Aber wir müssen auch dringend und schnell bei der Softwareentwicklung aufholen. Bekommen wir das nicht in den Griff, sehe ich große Probleme auf die deutsche Autoindustrie zukommen.

Stichwort Softwareentwicklung: Ist Europa China in diesem Bereich gewachsen?

Bei der Elektromobilität ist die Technik sehr viel weniger komplex – Batterie und Motor, mehr braucht es nicht. Das ist eine Gefahr für den europäischen Markt, denn die Chinesen können Software sehr gut. Deren Hersteller werden auf diesem Gebiet zu einer großen Konkurrenz für Europa. Deshalb dürfen wir Software nicht im Ausland kaufen, sondern müssen sie selbst entwickeln. Dann bleibt auch die Wertschöpfung bei den deutschen Herstellern. Wir brauchen mehr Softwareingenieure, darauf muss auch in der Ausbildung, etwa in den Fahrzeugtechnik-Studiengängen, stärker der Fokus gelegt werden.

Sie haben vorhin gefordert, der Wirtschaft mehr Freiheiten zu geben. Was heißt das?

Wir in Deutschland und im Land müssen schneller werden, die Politik muss Bürokratie abbauen, Kreativität, Innovation und vor allem Mut zulassen. Und wenn dann mal etwas nicht funktioniert, dann lernt man eben daraus. Die Bürokratie fesselt viele Bereiche. Die USA und China machen das anders, die entscheiden und setzen das schnell um. Das war zum Beispiel bei dem Tesla-Werk in Brandenburg so, da kam alles zusammen – Unternehmertum, Kreativität und politischer Wille. Ich habe Angst, dass wir im Vergleich zu Wettbewerbern vor allem in den USA und in China zu langsam agieren. Dass das nicht geschieht, dafür muss die Politik die Rahmenbedingungen schaffen. Wie schnell Entscheidungen getroffen und umgesetzt werden, das wird in Zukunft mit die wichtigste Rolle spielen. Natürlich wollen wir nicht das politische System von China bei uns, aber Potenzial für schnellere Entscheidungen sehe ich bei uns durchaus.

Im Landkreis Ludwigsburg sollen Produktionen aufgegeben werden. Beschäftigte demonstrieren gegen Arbeitsplatzabbau und -verlagerung; Arbeitgeber sagen, sie stünden unter wirtschaftlichem Druck und hätten keine andere Wahl. Wie kann dieser Konflikt gelöst werden?

Die reinen Lohnkosten dürfen nicht der einzige Faktor sein, eine Produktion zu verlagern. Ein Unternehmer muss alles betrachten, wichtig sind auch andere Faktoren wie Qualifikation, Know-how, hocheffiziente Maschinen und die Infrastruktur eines Landes. Die Politik muss es schaffen, dass wir im Wettbewerb mit Niedriglohnländern nicht den Anschluss verlieren. Deutschland muss im Gesamtpaket attraktiv bleiben. Das Ziel muss sein, hochkomplexe Fertigung, Qualifikation und Know-how im Land zu behalten. Wichtig ist außerdem, den Einzelhandel zu stärken und die Innenstädte wieder zu einem Erlebnis zu machen. Das gelingt nur, wenn man die Kunden dorthin bekommt. Also muss man genug Parkmöglichkeiten anbieten. Es wäre naiv zu glauben, dass die Mehrheit der Leute mit dem öffentlichen Nahverkehr zum Konsum in die Innenstädte fährt.

Muss die Wirtschaft, pauschal gefragt, mehr auf soziale Verantwortung achten?

Ich sehe, dass sich die große Mehrheit der Unternehmer im Mittelstand sehr verantwortungsvoll und Mitarbeitern gegenüber wertschätzend verhält. Als ich im Jahr 2000 in den elterlichen Betrieb einstieg, ein Autohaus in Bönnigheim, sagte mein Vater zu mir: „Wir verdienen Geld mit unseren Mitarbeitern, nicht an ihnen.“ Eine große Mehrheit der Unternehmer sieht das auch so, aber natürlich gibt es auch schwarze Schafe. Wichtig ist, dass das Wohl des Unternehmens mit dem Wohl des Mitarbeiters einhergeht.